„Ich habe ein junges Mädchen erlebt, das nach Abbruch der zweiten Ausbildung über ihren Dienst eine weitere Ausbildung als Krankenschwester gestartet hat.“ Es sind vor allem solche Erfahrungen, die für Jakob Streller den Bundesfreiwilligendienst (BFD) zu einer Erfolgsgeschichte haben werden lassen. Streller koordiniert den BFD für die Caritas im Bistum Eichstätt, seit dieser am 1. Juli vor genau zehn Jahren bundesweit eingeführt wurde.
Doch nicht nur die menschlichen Erfolge, sondern auch die Zahlen sprechen für sich: Insgesamt 470 Menschen, davon knapp 60 Frauen, haben den Dienst der Caritasstatistik zufolge seitdem bei einer katholisch-sozialen Einrichtung in der Diözese geleistet. Gut drei Viertel waren unter 27 Jahre alt, aber auch rund zehn Prozent zwischen 55 und 69 Jahre. „Im Durchschnitt hatten wir jährlich 47 Plätze besetzt, doch es gibt einen klaren Trend nach oben. Derzeit sind 58 Frauen und Männer im BFD bei uns tätig“, informiert Streller. Bis heute haben sich nach Angaben des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend bereits über 400.000 Menschen für die Gesellschaft und das Gemeinwohl eingesetzt.
Aus Peru ins Altenheim in Nürnberg
Einen deutlichen Anstieg verzeichnen insbesondere Bewerbungen von Interessierten aus dem Ausland: „Im aktuellen Jahrgang stammt fast die Hälfte aus insgesamt 14 anderen Ländern. Die am weitesten gereiste Person ist eine 35-jährige Frau aus Peru, die im Caritas-Seniorenheim St. Josef in Nürnberg-Langwasser arbeitet.“ Dabei komme unter den ausländischen Bewerbern nur etwa jede dritte Person zum Zug. „Die meisten Absagen erteilen wir, wenn ein zu niedriges Sprachniveau auf dem Level A1 oder A2 gegeben ist. Denn eine gute Kommunikation mit sowohl Mitarbeitenden als auch Betreuten in den Einrichtungen ist schließlich sehr wichtig. Ferner haben wir aber auch nur eine begrenzte Zahl an Unterkünften“, so der BFD-Koordinator. Die meisten Plätze wurden in den zehn Jahren in der Behindertenhilfe sowie in Seniorenheimen besetzt – jeweils mit über 160 Freiwilligendienstleistenden. Spitzenreiter ist mit bisher 82 „Bufdis“ das Caritas-Zentrum St. Vinzenz für Menschen mit Behinderung in Ingolstadt.
Bei den Motivationen für den Dienst muss nach Erfahrung Strellers zwischen deutschen Bewerbern und solchen aus dem Ausland unterschieden werden. Einheimische wollten erstens die Zeit bis zu einem neuen Lebensabschnitt – zum Beispiel Studium – überbrücken, sich zweitens persönlich weiterentwickeln, um die richtige Berufsentscheidung zu treffen, und die Zeit sinnvoll nutzen – dies gelte insbesondere für ältere Menschen. „‘Incomer‘ schätzen hingegen Freiheit, soziale Absicherung und Sicherheit in Deutschland und wollen hier eine neue Lebens- und Berufsperspektive finden und ausprobieren.“ Streller freut sich, „dass viele von diesen in der Zeit des Freiwilligendienstes ihre Sprachkenntnisse auf das Niveau B2 oder sogar C1 verbessern. Grundsätzlich gibt es hier sehr begabte junge Leute, die mit großer Leidenschaft und Freude an ihre Aufgabe herangehen.“
BFD unterstützt als „Jobmaschine“
Immerhin etwa ein Drittel der BFDler beginnt im Durchschnitt nach Rückmeldungen der Einsatzstellen anschließend eine Ausbildung. Angebote sind Streller zufolge auch hier vor allem in der Alten- und Behindertenhilfe begehrt. „Der BFD unterstützt als ‚Jobmaschine‘ die Besetzung der Ausbildungsplätze“, freut sich der Caritas-Koordinator. Doch er ist vor allem auch froh, dass sich der Dienst selbst sowohl bei Bewerbern als auch bei den Verantwortlichen in den Einrichtungen großer Nachfrage erfreut: „Alleine dieses Jahr sind acht neue Einsatzstellen hinzugekommen, und in einigen Einrichtungen erhöhten sich zudem die Platzangebote.“
Positive Rückmeldungen bekommt Streller auch von den Freiwilligen zu den begleitenden Seminaren zur Orientierung und Bildung, welche die Malteser in Straubing organisieren und durchführen. Doch als ebenso sinnvoll hat sich die pädagogische Begleitung seit dem Jahr 2017 durch die BFD-Bildungsreferentin beim Caritasverband, Sarah Strasser, erwiesen. Sie hat nach eigenen Angaben mittlerweile rund 200 Freiwillige vor Ort besucht und noch mehr in ihrer Arbeit individuell betreut: „von der jüngsten Freiwilligen mit 16 Jahren bis zum Ältesten mit 67 Jahren in momentan 38 Einsatzstellen. In den meisten Fällen geht es um den Dienst in der Einrichtung, aber es werden auch private Themen besprochen, die sich auf den Dienst auswirken können“, informiert Sarah Strasser. Da nach ihrer Erfahrung vor allem gute Rahmenbedingungen für einen gelingenden Bundesfreiwilligendienst wichtig sind, betreut die Bildungsreferentin auch die fachlichen Anleitungspersonen in den Einsatzstellen mit und schult sie bei entsprechenden Tagungen zum BFD.
In seltenen Fällen ist die Diplom-Pädagogin auch schon mal als Konfliktschlichterin gefragt, wenn es um zum Beispiel Unstimmigkeiten bei Dienstzeiten, fehlende Anleitung oder Unter- und Überforderung von Freiwilligen geht. „In den allermeisten Fällen lassen sich Unstimmigkeiten in gemeinsamen Gesprächen lösen, da diese in der Regel auf mangelnde Kommunikation, Missverständnisse oder fehlende Zuständigkeitsbereiche zurückzuführen sind“, so Sarah Strasser. Um den Kontakt mit den Freiwilligen möglichst intensiv zu pflegen, bietet sie ein monatliches digitales Treffen an, bei dem diese in einem angeleiteten Praxisaustausch ihre Zeit im BFD reflektieren können. „Dieses Angebot kommt sehr gut an und wird viel genutzt.“ Als nächstes Projekt möchte die Bildungsreferentin mit einer Ehemaligenarbeit einen Pool früherer Freiwilliger aufbauen, die sie und Jakob Streller unterstützen sollen, über den Bundesfreiwilligendienst noch mehr und authentischer zu informieren.
Noch viele Plätze frei
Beide freuen sich darüber, dass nun auch die Städtepartnerschaft Eichstätts mit Montbrison in Frankreich durch ein Platzangebot im BFD gestärkt wird. „Am 1. September 2021 beginnt eine 18-jährige Abiturientin aus Montbrison ihren Dienst im Caritas-Seniorenheim St. Elisabeth“, berichtet Streller. Dem BFD-Koordinator zufolge beenden in den nächsten Monaten bis September gut 40 Freiwillige ihren Dienst. Etwa die Hälfte der Plätze ist bereits nachbesetzt worden. Doch es sind auch noch viele frei: zum Beispiel im Caritas-Ambulanten Pflegedienst Abenberg für eine Mithilfe in der ambulanten Pflege und in der Tagespflege, in der Caritas-Sozialstation Ingolstadt sowohl eine Mitarbeit für handwerkliche Tätigkeiten als auch eine Möglichkeit für Mithilfe in der Tagespflege, im Kinderhaus Marienheim Ingolstadt als Unterstützung im hauswirtschaftlichen-technischen Bereich, in den Kindergärten St. Michael Buxheim und St. Elisabeth Postbauer-Heng als Unterstützung des pädagogischen Personals, bei Regens Wagner in einer Wohngruppe und Förderstätte in Neumarkt zur Begleitung von Menschen nach Schädel-Hirn-Trauma und bei der Caritas-Kreisstelle Weißenburg für vielfältige Mitwirkung.
Mehr über den BFD und die Erfahrungen der ersten „Budfdi“ bei der Caritas lesen Sie hier – einfach HIER KLICKEN!…gibt es am Samstag, 3. Juli: Ab 8 Uhr werden Jakob Streller und Sarah Strasser an einem Stand auf dem Eichstätter Marktplatz über den BFD informieren. Dabei findet auch ein Luftballon-Wettbewerb statt. Aus Corona-Gründen dürfen die Ballons aber nicht am Stand aufsteigen.