Eichstätt. – Es wird also Eichstätt. Die Erleichterung, dass die Entscheidung nun endlich gefallen und die Richtung für die praktische Umsetzung einer „Agenda 2030“ für die Kliniken im Naturpark Altmühltal (KNA) nun endlich klar ist, schien am Ende unter Befürwortern wie auch den Gegnern beinahe greifbar zu sein in der Aula der Eichstätter Berufsschule: Die Klinik Eichstätt, die sich ja bereits mitten in der Generalsanierung befindet, bleibt auch in Zukunft Akutkrankenhaus, die Klinik Kösching, bei der ebenfalls eine Sanierung ansteht, wird dagegen zu einer Fachklinik mit Gesundheitszentrum umgebaut – behält aber die bereits dort konzentrierte Geburtshilfe und soll auch die nächsten Jahre als Notfallzentrum erhalten bleiben. Für alle Mitarbeiter gibt es eine Beschäftigungsgarantie. Das hat der Kreistag heute nach rund zwei Jahren der Diskussionen und Fachvorträge beschlossen – letztlich mit einem „klaren Votum“, wie Landrat Alexander Anetsberger am Ende feststellte. Das brauche es aber auch. Denn wie hatte es der Köschinger CSU-Kreisrat Andreas Schieferbein zuvor formuliert: „Jetzt fängt die Arbeit erst an“.
Zuvor hatten Schieferbein und weitere Kreistagsmitglieder über Fraktionsgrenzen hinweg noch einmal versucht, die Entscheidung zugunsten des Standorts in Kösching zu kippen, hatten 16.000 Unterschriften besorgter Bürger aus Kösching und dem östlichen Landkreis übergeben und im Vorfeld bekanntlich drei entsprechende Anträge gestellt, die das Gremium aber letztlich mit einer deutlichen Entscheidung ablehnte: Die Anträge von Theresia Asbach-Beringer von den Jungen Feien Wählern (mit 44:13 Stimmen abgelehnt), die ebenso wie Eva-Maria Scheringer (FW) in ihrem ähnlich lautenden Antrag (41:16 Stimmen) eine Vertagung der Entscheidung bis nach dem Ergebnis des geplanten regionalen Krankenhausstrukturgutachtens gefordert hatte, wurden aber ebenso abgelehnt wie der fraktionsübergreifende Antrag der Köschinger Abgeordneten Helene Bast (CSU), Dieter Betz (SPD), Andrea Ernhofer (SPD) und Andreas Schieferbein (CSU), der eine Entscheidung zugunsten von Kösching als verbleibendem Akutstandort gefordert hatte (42:15 Stimmen).
Die von ihnen erhoffte Überraschung aber blieb aus: 84 Prozent – nämlich 48 von 57 anwesenden Kreisräten – stimmten letztlich für den Antrag des Verwaltungsrats der Kliniken im Naturpark Altmühltal, der die eingangs genannten Punkte vorsieht. Gleichzeitig wird darin auch die Option offen gelassen, bei neuen Erkenntnissen aus der regionalen Krankenhausstukturanalyse auch den Standort Kösching als Krankenhaus in einer ähnlichen Form wie bisher weiterzuführen.
„Schwerer Eingriff statt homöopathische Dosis“
Das aber erscheine derzeit mehr als fraglich, wie die meisten Vertreter der Fraktionen heute betonten: „Die Kliniken kränkeln nicht, sie sind schwer krank“, stellte Alexander Heimisch (CSU) fest. Deswegen brauche es auch einen schweren Eingriff statt einer homöopathischen Dosis – und zwar jetzt. Letztlich solle man nicht so sehr darauf schauen, was man verliere, sondern auch darauf, was man gewinne: nämlich eine bessere Gesundheitsversorgung im Landkreis Eichstätt mit einem starken Standort mit Fachklinik etwa in Bereichen wie Orthopädie oder Altersmedizin in Kösching, der in Zeiten, in denen die präklinische ärztliche Versorger schwieriger werde, an Bedeutung gewinnen werde.
Auch Simone Zink (Grüne) und Willi Reinbold als Sprecher der Ausschussgemeinschaft (ÖDP, FDP, Linke) hatten die Chancen einer regional integrierten und neu aufgestellten Gesundheitsversorgung betont, die auch bisher kaum vorhandene Bereiche wie die beiden vorgesehenen Gesundheitszentren in Eichstätt und Kösching oder die geplante psychiatrische Tagesklinik in Eichstätt einschließe – Aufgaben, die gar nicht in der Zuständigkeit des Landkreises entfallen, aber für die Bevölkerung wichtig seien.
Anton Haunsberger (FW) signalisierte einmal mehr Sympathie für einen Krankenhausneubau auf der grünen Wiese, wie ihn das Oberender-Gutachten nahegelegt hatte, kritisierte zudem das jüngste Gutachten von EY in der letzten öffentlichen Kreistagssitzung und erhob Vorwürfe gegen die Verantwortlichen in früheren Jahren, die es versäumt hätten, damals beide Standorte zu optimieren und damit einen möglichen Erhalt beider Kliniken verhindert hätten, wie er behauptete. Das aber wollten unter anderem Heimisch und auch Landrat Alexander Anetsberger so nicht stehen lassen: Es habe in den letzten Jahren dynamische Entwicklungen gegeben, und auch die Absichtserklärung zu einer Kooperation mit dem Klinikum Ingolstadt, die Haunsberger ebenfalls als eine Art Muster ohne Wert dargestellt hatte, nannte Anetsberger wichtig – schließlich sei es die erste Vereinbarung dieser Art überhaupt mit dem Klinikum.
Letztlich aber sah auch Haunsberger ein, dass es im Sinne der Mitarbeiter eine Entscheidung brauche, was auch Andrea Mickel (SPD) betonte: „Abwarten ist keine Lösung mehr“, und der Status Quo sei ebenfalls keine Option mehr. In den vielen Gesprächen habe man viel diskutiert und auch für Kösching viel erreicht – etwa, dass die Notaufnahme und die Geburtshilfe dort erhalten blieben, was auch Stephan Wibmer (JU) begrüßte.
In vier Jahren von der Talsohle auf neue Höhen
Die Abstimmung heute sei ein wichtiger Meilenstein, und es sei nach 21 Verwaltungsratssitzungen, neun außerordentlichen Kreistagssitzungen, vielen Expertenanhörungen, 25 Ratssitzungen im ganzen Landkreis zu dem Thema und zahlreichen Informationsveranstaltungen für die Bürger nun an der Zeit und auch nötig, dass auch im Sinne der Mitarbeiter endlich Klarheit geschaffen werde, wie es weitergehe, so Anetsberger vor der Abstimmung, für die er sich eine möglichst breite Zustimmung wünschte. „Lokalstolz“ sei verständlich, aber dürfe gegenüber einer fachlichen Argumentation letztlich keine Rolle spielen.
Auch wenn es angesichts der drei gestellten Anträge vor allem von den Kreisträten aus Kösching und aus den Reihen der FW und JFW am Ende neun Gegenstimmen gab, bedankte sich Anetsberger letztlich für „das klare Votum“. Die Vision und das Ziel der Reise seien nun klar: Jetzt gehe es an die Umsetzung, die die Kliniken und die Gesundheitsversorgung in der Region nach einer „Talsohle“ in einem Zeitraum von etwa vier Jahren wieder „auf neue Höhen“ führen solle.
Dafür wünscht er sich nun breite Unterstützung für die demokratische Entscheidung. Die hatten auch die Initiatoren der Gegenanträge im Vorfeld bereits signalisiert und sich jeweils ausdrücklich bei KNA-Geschäftsführer Marco Fürsich und Landrat Anetsberger für ihre Arbeit, die sie während des Marathonlaufs der „Agenda 2030“ der vergangenen rund zwei Jahre bereits geleistet hätten, bedankt. Natürlich sei er enttäuscht, sagte am Ende etwa Andreas Schieferbein gegenüber Ei-live. Aber jetzt gehe es darum, nach vorne zu blicken und die Gesundheitsversorgung für den gesamten Landkreis möglichst optimal aufzustellen. Denn hier gehe die eigentliche Arbeit jetzt erst los und werde noch viele Anstrengungen mit sich bringen.
„Unsere Kliniken müssen endlich raus aus den Schlagzeilen“
Erleichtert zeigte sich auch der Eichstätter Oberbürgermeister Josef Grienberger, der – ebenso wie Bürgermeister Ralf Sitzmann in Kösching natürlich auch – das Krankenhaus als wichtigen Standortfaktor für seine Stadt sieht. Auch in Eichstätt warte nun viel Arbeit, um der Klinik Eichstätt bei einer Neuaufstellung mit der Bereitstellung der Flächen und anderen Faktoren wie Wohngelegenheiten für die Mitarbeiter und anderem mehr zu helfen. Nur eines wollen wohl die allermeisten Beteiligten nicht: dass die Diskussion erneut eröffnet werde – zum Beispiel durch ein mögliches Bürgerbegehren.
„Unsere Kliniken müssen endlich raus aus den Schlagzeilen“ – auch im Hinblick auf die Verunsicherung unter den Mitarbeitern, so der Landrat. Denn es gibt genug zu tun, und mit einer weiteren Hängepartie wäre wohl auch den Kliniken in keinster Weise geholfen: Was wäre etwa geschehen, wenn heute die Entscheidung für Kösching gefallen wäre? „Sofortiger Baustopp“, sagt Maro Fürsich im Hinblick auf die in Eichstätt bereits seit Jahren laufende Generalsanierung – nur ein Beispiel dafür, wie die Entwicklung der Kliniken von den politischen Weichenstellungen wie heute abhängt. Er hätte natürlich mit beiden Entscheidungen gut leben können, wie Fürsich betont. Und man habe ja auch für beide Standorte entsprechende Szenarien entwickelt, wie es weitergehen könne und sei vorbereitet, so Fürsich. Die Entscheidung nun sei dennoch gut und richtig – aber vor allem sei sie wichtig, damit jetzt endlich die Umsetzung jener so lange diskutierten Zukunftspläne beginnen könne. sze