Eichstätt. – Videokonferenz und Homeoffice sind seit der Coronakrise für viele Berufstätige zu einem festen Bestandteil ihres Berufslebens geworden, der wohl auch nach Corona nicht verschwinden wird – mit allen Vor- und Nachteilen, die damit verbunbden sind. Schnelligkeit, Ortsunabhängigkeit und Bequemlichkeit stehen dabei zum Beispiel dem Mangel an Teamgeist und menschlicher Nähe gegenüber. Letzteres trifft vor allem Bereiche der Arbeitswelt, in denen es besonders auf genau das ankommt: etwa die Betriebsräte und die Betriebsseelsorge. Darüber haben sich nun der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke und Vertreter von Betriebsräten aus dem ganzen Bistum Eichstätt ausgetauscht – und zwar ebenfalls online.
Die zunehmende Digitalisierung in der Arbeitswelt verändert auch die Arbeit der Betriebsräte. Bei einem Treffen von Betriebsräten aus dem ganzen Bereich des Bistums Eichstätt mit Bischof Gregor Maria Hanke und der Betriebsseelsorge der Diözese wurden die Veränderungen angesprochen, die sich durch digitale Kommunikationsformen und die damit verbundenen Veränderungen in den Betrieben ergeben. Dieses Treffen selbst fand ebenfalls unter den neuen Bedingungen als Videokonferenz statt.
„Anfällige Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung“
Für Bischof Hanke ist die Begegnung mit den Betriebsräten selbst einerseits ein Zeichen der Wertschätzung für deren Arbeit. Bereits in seiner Begrüßung dankte er für deren Einsatz für das Gemeinwohl, insbesondere „dass sie sich ihre Sehkraft bewahren für Brennpunkte im sozialen Bereich, sowie die Finger auf die Wunden zu legen in unserer anfälligen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung“. Andererseits betont der Bischof auch, dass es für ihn selbst wichtig sei, dass diese ihn an den Erfahrungen teilnehmen lassen. Er habe sich viele Dinge „mitgeschrieben“. So mache er sich hinsichtlich der Abhängigkeit der Industrie von den Internetgiganten einige Sorgen um die Sicherheit der Arbeitsplätze und frage sich, wie Betriebsräte und Kirche die Arbeitnehmer wirksam unterstützen könnten.
Abhängigkeit und „Mangel an Empathie“ durch große Digitalkonzerne
Der Eichstätter Bischof bezieht sich dabei auf Aussagen von Werner Widuckel, von 2005 bis 2010 Vorstandsmitglied der Audi AG und dort Leiter des Personal- und Sozialwesens, derzeit Professor für Personalmanagement und Arbeitsorganisation in technologieorientierten Unternehmen an der Universität Erlangen-Nürnberg. Die digitale Transformation verändere nach seinen Worten Gesellschaft und Unternehmen. Digitalkonzerne hätten mit ihren Clouds große wirtschaftliche und soziale Macht und bringen viele Unternehmen in Abhängigkeit, wodurch sich Macht- und Herrschaftsverhältnisse verändern. Dies stellt Betriebsräte und die betriebliche Mitbestimmung vor grundlegend neue Herausforderungen. Widuckel prangert dabei aber auch den „Mangel an Empathie“ an, der bei der digitalen Transformation, bei sozialen Netzwerken und bei den Missbrauchsskandalen um sich greife und zunehmend das gesellschaftliche Klima negativ beeinflusse.
Filterblase statt breiter Meinungsbildung
Bischof Hanke sieht in diesem Zusammenhang auch die Reduzierung der Meinungsbildung auf die eigene Filterblase im Internet als reales Problem. So spielten Institutionen und Vernunftargumente im gesellschaftlichen Diskurs früher eine größere Rolle. Heute hingegen bestünde die Gefahr, dass Gruppendynamik und Emotionen die Oberhand bekämen und einen sachlichen Austausch unmöglich machten.
Das Betriebsrätetreffen wird alljährlich von der Betriebsseelsorge des Bistums Eichstätt organisiert. Die Federführung liegt bei Diakon Kurt Reinelt. Normalerweise trifft man sich persönlich. In diesem Jahr konnte aber natürlich auch diese Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie lediglich als Videokonferenz stattfinden. An zwei Terminen führte das Treffen insgesamt etwa 50 Betriebsräte und Vertretungen von Mitarbeitenden zusammen. Einhellig war man der Meinung, dass sich angesichts der digitalen Transformation viele Begegnungen veränderten und gerade die Betriebsratsarbeit dadurch vor neue Herausforderungen gestellt werde. Auch deshalb seien überbetriebliche Begegnungen wie diese von sehr großer Bedeutung – in Zukunft ja vielleicht wieder persönlich. el