Sind Sie reich? Wenn Sie zu den sprichwörtlichen „oberen Zehntausend“ gehören stellt sich diese Frage vielleicht nicht. Aber gehören Sie vielleicht zu den wohlhabendsten zehn Prozent der Bevölkerung? Solche Fragen stellen sich viele Menschen in Deutschland wohl immer wieder. Denn im Gegensatz zu anderen Ländern wie den USA, in denen oft recht offen über Geld geredet wird, sind Einkommen und finanzielle Verhältnisse hierzulande oft ein Tabuthema. Wie steht man also rein statistisch da, wie ist der Wohlstand verteilt und welche Bevölkerungsgruppen haben gute Chancen, wohlhabend zu sein, welche eher weniger gute? Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat es für Sie ausgerechnet. Hier der Überblick der IW-Ökonomen um Judith Niehues und Maximilian Stockhausen:
Paarhaushalte ohne Kinder sind im oberen Einkommensbereich am häufigsten vertreten. Unter Ihnen verfügen DINK(Y)s – die Abkürzung für „Double Income, No Kids (Yet)“ – also Haushalte, die nie Kinder hatten oder noch keine Kinder haben, im Durchschnitt über das höchste Nettoeinkommen. Unter den einkommensstärksten 10 Prozent sind sie überrepräsentiert. Noch häufiger sind jedoch HIKOs im oberen Einkommensbereich vertreten: Das sind Paare mit hohen Einkommen, deren Kinder nicht (mehr) im elterlichen Haushalt leben – High Income, Kids Out. Dies gilt insbesondere für das Top-1-Prozent der Einkommensverteilung.
Die Meinungen darüber, ab welchem Einkommen man in Deutschland als reich gilt, gehen weit auseinander – entsprechende Schwellenwerte werden mitunter heftig debattiert. Mit Hilfe repräsentativer Befragungsdaten lässt sich jedoch empirisch ableiten, ab wann eine Person oder ein Haushalt beispielsweise zu den einkommensstärksten 10 Prozent, 5 Prozent oder 1 Prozent der Gesellschaft zählt. Da im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) speziell eine Stichprobe mit Hochvermögenden ergänzt wurde, lässt sich nunmehr auch der oberste Einkommensbereich differenziert betrachten (siehe Methodikkasten).
Einkommensschwellenwerte
Demnach zählte im Jahr 2018 ein Alleinstehender zu den einkommensreichsten 10 Prozent, wenn er über ein Nettoeinkommen von mehr als 3.700 Euro im Monat verfügte. Zwei Jahre zuvor lag die Grenze noch bei 3.440 Euro (Niehues/Stockhausen, 2019). Mit einem Einkommen in Höhe von rund 4.560 Euro erreichte man im Jahr 2018 die oberen 5 Prozent der Einkommensverteilung. Um zum einkommensreichsten Prozent der Gesellschaft zu zählen, musste das Einkommen den Schwellenwert von rund 7.190 Euro übertreffen. Auf das Jahr hochgerechnet entspräche dies einem Nettoeinkommen von knapp 86.000 Euro – nach Steuern, Abgaben und inklusive Transferleistungen. Bei Berücksichtigung der steuerlichen Regeln des Jahres 2018 musste ein Alleinstehender auf ein Jahres-Brutto von rund 150.000 Euro kommen, um zu dem einkommensreichsten Top-1-Prozent der Gesellschaft zu zählen.
Um den Lebensstandard verschiedener Haushaltstypen vergleichbar zu machen, werden in Verteilungsanalysen typischerweise sogenannte bedarfsgewichtete Haushaltseinkommen verwendet. Hierdurch wird berücksichtigt, dass Kinder weniger Geld benötigen als Erwachsene und dass das Leben günstiger wird, wenn mehrere Menschen zusammenleben. Da ein Paar ohne Kinder beispielsweise nicht unmittelbar zwei Küchen oder zwei Wohnzimmer benötigt, muss es der üblichen Konvention folgend nicht über das Doppelte, sondern nur über das 1,5-fache des Einkommens eines Alleinstehenden verfügen, um einen vergleichbaren Lebensstandard zu erreichen. Demnach zählte ein Paar ohne Kinder im Haushalt im Jahr 2018 mit einem gemeinsamen Haushaltsnettoeinkommen von rund 5.550 Euro zu den oberen 10 Prozent der Einkommensverteilung. Ab einem gemeinsamen Haushaltsnettoeinkommen in Höhe von rund 10.790 Euro sortierte sich ein Paar ohne Kinder zum Top-1-Prozent der Gesellschaft.
Haushaltsstruktur
Da in Paarhaushalten ohne Kinder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weniger im Vordergrund steht, sind häufig beide Partner berufstätig und verfügen entsprechend über ein hohes gemeinsames Haushaltseinkommen. Werden die (Paar-)Haushalte, deren Haupteinkommensbezieher bereits verrentet ist, separat betrachtet, stellen nicht-verrentete Paarhaushalte ohne Kinder rund 35 Prozent der oberen 10 Prozent (Grafik). Bei dem einkommensreichsten Prozent sind es sogar 41,5 Prozent. Die bedeutendste Gruppe unter diesen wohlhabenden Paaren ohne Kinder sind jedoch nicht die vielzitierten DINKS oder DINK(Y)s – also Doppelverdiener, die nie Kinder hatten oder noch keine Kinder haben (hier: nicht verrentet, aber ohne weitere Altersgrenze), sondern Paarhaushalte, in denen mindestens ein Partner Kinder hat, diese aber nicht (mehr) im elterlichen Haushalt leben. Wir nennen diese Haushalte HIKOs – High Income, Kids Out. Dies gilt noch stärker für das einkommensstärkste Prozent: 27,1 Prozent der Haushalte im Top-1-Prozent sind nicht-verrentete Paare, deren Kinder nicht (mehr) im Haushalt leben, bei zwei Dritteln dieser Gruppe handelt es sich um Doppelverdiener-Paare. In der Gesamtbevölkerung beträgt der Anteil dieser Gruppe lediglich 9 Prozent. DINK(Y)-Haushalte sind im obersten Prozent mit 8,5 Prozent zwar ebenfalls überrepräsentiert, gegenüber ihrem Anteil von 4,6 Prozent in der Gesamtbevölkerung jedoch weniger stark.
Bei nicht-verrenteten Alleinstehenden zeigt sich mit Blick auf ihre Repräsentanz im Hocheinkommensbereich ein differenziertes Bild. Unter den oberen 10 Prozent sind nicht-verrentete Single-Haushalte unter-repräsentiert, unter den Top-1-Prozent machen sie mit knapp 27 Prozent einen ähnlichen Anteil aus wie in der Gesamtbevölkerung. Haushalte, deren Haupteinkommensbezieher bereits im Ruhestand sind, sind unter den oberen 10, 5 und noch stärker im einkommensreichsten Prozent unterrepräsentiert. Inklusive alleinlebender Rentner lebten 2018 rund ein Drittel der Haushalte des Top-1-Prozent in Single-Haushalten, gegenüber einem Gesamtanteil von knapp 43 Prozent in der Bevölkerung.
Nicht-verrentete Paarhaushalte mit Kindern im Haushalt sind im oberen Einkommensbereich weder stark unter- noch überrepräsentiert: Ihr Anteil unter den Top-10-, Top-5- und Top-1-Prozent entspricht jeweils rund einem Fünftel und damit ihrem durchschnittlichen Anteil in der Gesamtbevölkerung. Alleinerziehenden-Haushalte, die nicht verrentet sind, sind im oberen Einkommensbereich nahezu nicht vertreten und machen unter den Top-10-Prozent lediglich 1 Prozent der Haushalte aus. In der Gesamtbevölkerung liegt ihr Anteil bei etwas mehr als 5 Prozent.
Durchschnittseinkommen
Deutliche Unterschiede ergeben sich auch mit Blick auf die Durchschnittseinkommen der verschiedenen Einkommensgruppen und Haushaltstypen. Während das bedarfsgewichtete Nettoeinkommen (pro-Kopf Größe) im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung im Jahr 2018 bei rund 2.300 Euro pro Monat lag, erreichten die oberen zehn Prozent ein durchschnittliches Einkommen von 4.070 Euro, die oberen 5 Prozent von 5.460 Euro und das oberste Prozent von 12.760 Euro. Trotz Berücksichtigung der neuen Hochvermögendenstichprobe des SOEP ist es möglich, dass diese Durchschnittswerte für den Hocheinkommensbereich zu gering ausfallen, da die reichsten Haushalte in Deutschland nicht erfasst sind.
Mit 3.700 Euro gehören Singles zu den einkommensreichsten zehn Prozent
Paare, die keine Kinder haben oder deren Kinder bereits ausgezogen sind und die keine Rentner sind, haben die besten Chancen zur Einkommensspitze zu zählen. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Ein Paar ohne Kinder gehört mit 5.550 Euro netto im Monat zum reichsten Zehntel.
Was braucht es, um in Deutschland zu den berühmten oberen zehn Prozent zu gehören? Während die Frage, wer als reich gilt, oft für Diskussionen sorgt, lässt sich der Schwellenwert zu den einkommensreichsten zehn Prozent sehr gut beziffern. Demnach gehört ein Single ab einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 3.700 Euro zum reichsten Zehntel. Ab einem Einkommen von 4.560 Euro dürfen sich Singles zu den reichsten fünf Prozent zählen – und ab 7.190 Euro sogar zum reichsten ein Prozent. Das ist das Ergebnis einer neuen IW-Studie, für die Ergebnisse aus der Langzeit-Haushaltsbefragung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) ausgewertet wurden, die neuesten detaillierten Einkommenszahlen stammen aus dem Jahr 2018.
Zu zweit mit 5.550 Euro reichste zehn Prozent
Für Paare werden eigene Grenzen berechnet: Wer ohne Kinder im gleichen Haushalt lebt, gehört bei einem gemeinsamen Nettoeinkommen von 5.550 Euro zum reichsten Zehntel, ab einem Einkommen von 10.790 Euro zum reichsten ein Prozent der Gesellschaft. Die unterschiedlichen Grenzen ergeben sich aus der Annahme, dass das Leben günstiger wird, wenn man es teilt.
Von DINK(Y)s und HIKOs
Bundesweit machen Doppelverdiener-Paare ohne Kinder (gern auch DINK(Y)s genannt, Double Income, No Kids (Yet)) rund 4,6 Prozent der Haushalte aus. Weitere 9,3 Prozent der Deutschen sind noch nicht verrentet und leben als Paar zusammen, während die Kinder nicht mehr im gleichen Haushalt wohnen. Beide Gruppen sind in den oberen zehn Prozent überrepräsentiert: Hier werden 11,4 Prozent DINKYS und 17,2 Prozent HIKOs gezählt (High Income, Kids Out). Noch deutlicher lässt sich der Effekt bei den oberen fünf und dem obersten Prozent beobachten. Nicht-verrentete Paare, die noch keine Kinder haben oder deren Kinder nicht mehr im gleichen Haushalt leben, haben die besten Chancen, zur Einkommensspitze zu gehören. Alleinerziehende kommen im oberen Einkommensbereich hingegen nahezu nicht vor.
Darüber hinaus beobachten die Forscher, dass sich die Einkommensgrenzen in den vergangenen Jahren nach oben verschoben haben: 2016 gehörte ein Single bereits mit 3.440 Euro netto im Monat zu den reichsten zehn Prozent. „Die nominale Einkommensgrenze zu den oberen zehn Prozent hat sich innerhalb von zwei Jahren um fast acht Prozent erhöht“, sagt IW-Ökonomin Judith Niehues. „Das mittlere Einkommen stieg jedoch mit knapp neun Prozent noch etwas stärker.“
Grundlage der Studie ist das SOEP, das seit 1984 erhoben wird und für das zurzeit rund 35.000 Personen aus 19.000 repräsentativen Haushalten befragt werden. Die aktuelle Befragungswelle stammt aus dem Jahr 2019 und enthält Einkommensdaten von 2018.
Haushalte, deren Haupteinkommensbezieher bereits verrentet sind, kamen im Durchschnitt auf ein bedarfsgewichtetes Nettoeinkommen in Höhe von rund 2.090 Euro pro Monat – 1.880 Euro reichten für einen alleinstehenden Rentnerhaushalt aus, um zur oberen Hälfte dieser Gruppe zu gehören (gruppenspezifisches Median-Einkommen). Alleinlebende, die noch nicht im Ruhestand sind, kamen auf ein bedarfsgewichtetes Nettoeinkommen von durchschnittlich rund 2.130 Euro pro Monat, während nicht-verrentete Alleinerziehende durchschnittlich über 1.600 Euro verfügten. Nicht-verrentete Paare mit Kindern im Haushalt kamen auf ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.330 Euro im Durchschnitt. Nicht-verrentete Paare, deren Kinder nicht (mehr) im Haushalt lebten, erzielten im Durchschnitt 3.025 Euro im Monat (HIKOs). Das höchste Durchschnittseinkommen erreichen die nicht-verrenteten DINK(Y)s: Deren bedarfsgewichtetes Nettoeinkommen lag bei 3.085 Euro pro Monat.
Die beschriebenen Einkommensunterschiede machen deutlich: Ob Kinder von einem Haushaltseinkommen (noch) mitzuversorgen sind oder nicht, beeinflusst die Höhe der verfügbaren Einkommen pro Kopf und damit das materielle Wohlstandsniveau jedes einzelnen Haushaltsmitglieds spürbar. Zudem lassen sich für Paare ohne Kinder im Haushalt leichter (Vollzeit-)Berufstätigkeiten verbinden. Dies wirkt sich unmittelbar auf ihre Stellung in der Einkommensverteilung aus und führt beispielsweise dazu, dass nicht-verrentete (Doppelverdiener-)Paare ohne Kinder häufiger im Hocheinkommensbereich zu finden sind als nicht-verrentete Paare mit Kindern. Besonders schwierig ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Alleinerziehende und selbst bei Berufstätigkeit ist die Einkommenssituation häufig angespannt.
Datengrundlage und Methodik
- Die Berechnungen basieren auf Daten des SOEP. Das SOEP ist eine seit 1984 durchgeführte repräsentative Wiederholungsbefragung in Deutschland von aktuell rund 35.000 Personen aus knapp 19.000 Haushalten (Glemser et al., 2020). Aktuell sind die SOEP-Daten bis zum Jahr 2019 verfügbar, wobei sich die Einkommen – entgegen der sozio-demografischen Merkmale – auf das jeweilige Vorjahr beziehen, also 2018. Da hier die Einkommensverteilung im Vordergrund steht, beziehen sich die Jahreszahlen auf das Jahr 2018. Die aktuelle Datenversion des SOEP (v36) enthält zudem zwei neue Zusatzstichproben mit den Bezeichnungen P (LGB*-Stichprobe) und Q (Hochvermögendenstichprobe). Normalerweise wird auf die Verwendung der ersten Befragungswelle von neuen Zusatzstichproben bei Einkommensanalysen verzichtet, da neue Befragte erfahrungsgemäß häufiger unplausible Angaben machen. Da die Daten der Hochvermögenden bereits in anderen Untersuchungen verwendet wurden (Schröder et al., 2020) und die Einkommensspitze aufgrund der positiven Korrelation zwischen hohen Vermögen und hohen Einkommen deutlich besser abbilden (Calderón et al., 2020), wird in dieser Betrachtung auch auf die Informationen der beiden neuen Stichproben zurückgegriffen. Während sich bei Berücksichtigung der neuen Stichproben 1.103 Beobachtungen für das einkommensreichste Prozent ergeben, wären es ohne nur 324 Fälle. Zudem würde die Nichtverwendung der Hochvermögendenstichprobe die Grenze zu den oberen 1 Prozent gegenüber dem Einkommensjahr 2017 sinken lassen, was aufgrund der positiven allgemeinen Einkommensentwicklung wenig plausibel erscheint. Inklusive der Hochvermögendenstichprobe ergibt sich ein leichter Anstieg der Einkommensschwelle. Das Medianeinkommen und die Grenze zu den oberen 10 Prozent ändert sich kaum.
- Das der Analyse zugrundeliegende Haushaltsnettoeinkommen umfasst die Summe aller regelmäßigen und unregelmäßigen Einkünfte aus abhängiger und selbständiger Beschäftigung, Kapitaleinkommen aus Zinsen, Dividenden, Gewinnausschüttungen oder Veräußerungen, Mieteinnahmen, Renten und staatliche Transferleistungen wie beispielsweise Arbeitslosen- und Kindergeld sämtlicher Haushaltsmitglieder. Zudem wird bei Eigentümerhaushalten der monatliche Nettomietwert des selbstgenutzten Wohneigentums als zusätzlicher Einkommensbestandteil berücksichtigt. Davon abgezogen werden alle gezahlten Sozialversicherungsbeiträge und direkte Steuern wie die Einkommensteuer. Die Einkommen eines Jahres werden in Monatswerte umgerechnet und bedarfsgewichtet, indem das gesamte Nettoeinkommen eines Haushalts durch die bedarfsgewichtete Zahl der Haushaltsmitglieder geteilt wird. Der erste Erwachsene hat den Faktor 1, jedes weitere Haushaltsmitglied ab 14 Jahren den Faktor 0,5, Kinder unter 14 Jahren bekommen den Faktor 0,3 (neue OECD-Skala).
- Bei den Berechnungen wird ausschließlich die Bevölkerung in privaten Haushalten betrachtet. Charakteristika der Haushalte werden anhand des Haushaltsmitglieds mit dem höchsten Einkommen bestimmt (Haupteinkommensbezieher). Zur Kohärenz zwischen Personen- und Haushaltsbetrachtung wurden die Haushaltswerte mittels der über den Haushalt summierten und gemittelten Personengewichte hochgerechnet.