Über eine Milliarde Stunden an Videos werden jeden Tag von rund zwei Milliarden YouTube-Nutzern angesehen – eine gewaltige Menge, die auch das Informationsverhalten und das Weltbild vieler Menschen prägt – auch wenn viele Inhalte aus zweifelhaften Quellen stammen. Wie sich das auf unser Geschichtsbild auswirkt, damit beschäftigt sich ein Kolloquium an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). Der Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte lädt vom 30. September bis 2. Oktober zum 3. Maximilian-Bickhoff-Kolloquium mit dem Titel „Kilo hat jetzt Internet. Historische Narrative in hypermedialen Kanälen“ ein.
Die Rezeption von YouTube-Videos spielt gerade für jüngere, zunehmend aber auch für ältere Bevölkerungsgruppen eine große Rolle. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Beiträge thematisiere „historische Inhalte in sehr heterogenen Graden von Professionalität“, wie es vom Lehrstuhl mit Bezug auf Qualität und Objektivität der angebotenen Beiträge heißt. Im allgemeinen Verständnis würden Geschichte und Vergangenheit tendenziell als synonym begriffen. „Geschichte, verstanden als historische Erzählung über die Vergangenheit, ist jedoch zwangsläufig von ihrer jeweiligen Entstehungsgegenwart sowie der damit zusammenhängenden Perspektive von Erzählerin oder Erzähler geprägt. Dementsprechend schlägt sich historisches Denken auch in Videos auf Youtube nieder, in denen selektiv und (retro-)perspektivisch Vergangenheit (re-)konstruiert wird.“
Genau um die Einordnung solcher Versionen von Geschichte und ihrer Motive soll es im Rahmen der KU-Tagung gehen: Da die Videos als Manifestationen von Geschichtskultur neben einer kognitiven („Was wird erzählt?“) und einer ästhetischen („Wie wird erzählt?“) ebenso eine politische Dimension („Wozu wird erzählt?“) besäßen, machten sie (implizite oder explizite) Orientierungsangebote an die Rezipienten, heißt es von den Organisatoren. Da historischen Orientierungen handlungsleitende Motive entspringen können, sei es notwendig, die „Vermittlungsangebote“ auf YouTube wissenschaftlich zu reflektieren – wie nun in der KU-Tagung.
Deshalb beschäftigt sich die Onlinetagung „Klio hat jetzt Internet“ aus geschichtswissenschaftlicher, geschichtsdidaktischer und medienwissenschaftlicher Perspektive mit der Geschichtsdarstellung und deren Einbettung in das Medium YouTube. In den drei Panels Geschichtskulturelle Aushandlungsprozesse, Mediale Inszenierungen, Geschichtsdarstellungen und Geschichtsbilder diskutieren Experten Spezifika der Geschichtsdarstellung auf YouTube.
Die Teilnahme steht allen Interessierten offen. Um Anmeldung zur Online-Veranstaltung wird bis zum 25.9. per Mail an kilian.baur@ku.de gebeten.