Gerade noch war er EM-Experte, kommentierte am Tag zuvor noch die Bundesliga auf Dazn, dann stand Ex-Bayern-Stürmer Sandro Wagner in Eichstätt selbst an der Linie. Während Wagner – als Spieler durchaus immer wieder ein Mann klarer Worte – als EM-Experte mit seiner ruhigen und zurückhaltenden Art viel Sympathie gewonnen hatte, hörte man ihn beim Auswärtsspiel in Eichstätt regelmäßig lautstarke Anweisungen an seine Spieler geben. Richtig zufrieden konnte er mit dem Spiel seiner Mannschaft auch erst in der letzten Minute sein. Dann nämlich, als Patrick Hobsch nach einer Ecke den Ball am langen Eck zum 1:2(1:1)-Sieg über die Linie drückte und anschließend mit den auf den Platz stürmenden Hachinger Fans den vierten Saisonsieg in Serie feierte.
Dabei hatte die Saison für den Ex-Drittligisten und Aufstiegsmitfavoriten mit dem medienwirksamen Trainer alles andere als gut begonnen. Ein Punkt aus drei Spielen – das hatte sich der EM-Experte sicher anders vorgestellt. Damit lag man auch deutlich hinter dem erneut überraschend starken VfB Eichstätt zurück. Dann aber folgten vier Siege – auch wenn der letzte in Eichstätt zwar nicht ganz unverdient, aber dann doch glücklich war – nicht nur, weil er erst durch jenen Treffer in der letzten Spielminute entschieden wurde.
Denn Haching hatte zwar von Beginn an mehr Ballbesitz. Aber das ist ebenso wenig ein überraschender Befund wie der, dass die Elf von Markus Mattes eben gerade gegen spielstarke Mannschaften wenig zulässt und dennoch immer wieder selbst über schnell vorgetragene Angriffe gefährlich wird. So auch dieses Mal: Haching versuchte von Beginn an Druck zu machen und frühzeitig für klare Verhältnisse zu sorgen. Bis auf einen Warnschuss von Manuel Stiefler über das Tor (2.) blieb man dabei aber letztlich harmlos – so auch bei der ersten echten Chance für die Gäste, als Markus Schwabl, bei einer schönen Kombination über Stephan Hain rechts frei an der Strafraumgrenze auftauchte, aber harmlos abschloss (15.).
Pirner schockt Wagner
Im Gegenzug schlug der VfB eiskalt zu. Hatte Dominik N’gatie wenig zuvor noch aus ähnlicher Position und kurzer Distanz über das Tor gezielt (11.), so machte es Fabio Pirner in der 16. Minute besser: Nach einem langen Ball von VfB-Linksverteidiger Florian Lamprecht enteilte Pirner auf der linken Seite seinem Gegenspieler, zog davon und ließ Gästekeeper Alexander Weidinger mit einem schönen Heber ins lange Eck keine Chance. Haching brauchte ein wenig, um sich von dem Schock zu erholen, schlug dann aber eiskalt zurück. Nach einem Abpraller ließ Patrick Hobsch Sebastian Graßl per Körpertäuschung aussteigen und versenkte den Ball aus zehn Metern unhaltbar halbhoch zum 1:1 in die linke Torecke (26.) – und Sandro Wagner war sichtlich erleichtert.
Beide Mannschaften verpassten vor der Pause die Chance zur Führung: Erst parierte VfB-Schlussmann Felix Junghan einen Kopfball von Timon Obermeier, dann kam Julian Kügel nach einer Heinloth-Flanke von rechts am langen Eck zum Zug, konnte den Ball aber nicht mehr drücken und köpfte freistehend über das Tor.
Nach dem Seitenwechsel verpasste Pirner bei zwei Schusschancen die erneute Führung nur knapp (47.). Wenig später aber hatten die zahlreichen Haching-Fans unter den rund 650 Zuschauern bereits den Torschrei auf den Lippen: Einen herrlichen Freistoß von Boipelo Mashigo aus rund 20 Metern in halbrechter Position konnte Junghan im letzten Moment noch mit den Fingerspitzen aus dem Winkel über das Tor lenken (52.).
„Ein klarer Elfmeter“
Haching machte nun mehr Druck und kam durch Hobsch (69.) und Jose Pierre Vunguidica (71.) zu guten Schusschancen, die Junghan aber parieren konnte. Gegen Ende verflachte die Partie wieder etwas. Als die Zuschauer bereits mit einem 1:1-Unentschieden rechneten, wurde es noch einmal hektisch: Erst wurde der in der 87. Minute eingewechselte Fabian Neumayer unnötig, aber elfmeterreif von den Beinen geholt, Schiedsrichter Tobias Wittmann aber verweigerte dem VfB den Strafstoß, was nicht nur VfB-Abteilungsleiter Hans Benz, sondern auch viele Zuschauer erzürnte. „Ich glaube, der Schiedsrichter war der Einzige, der da keinen Elfmeter gesehen hat – ein klarer Elfmeter“, ärgerte sich Benz.
Dann schnürte Hobsch doch noch den Doppelpack (90.+3) und entschied damit das Spiel zugunsten der Hachinger, die damit mit den Gastgebern aus Eichstätt gleichgezogen sind: Beide Teams liegen nun mit 13 Punkten nach sieben Spielen punktgleich auf den Plätzen vier und fünf der Regionalliga Bayern.
„So etwas ist natürlich emotional, wenn du in der Nachspielzeit den Siegtreffer erzielst, die Fans da direkt am Spielfeldrand stehen und du den direkten Kontakt suchen kannst“, so Hobsch über die Jubelszenen nach dem entscheidenden Treffer, bei denen die Hachinger Fans das Feld stürmten und mit den Spielern eine Jubeltraube bildeten. „Wir haben jetzt ein Jahr lang ohne Fans gespielt, und Fußball ohne Fans ist nicht der normale Fußball, wie wir ihn kennen. Deswegen war das ein geiler Moment. Hoffentlich kommt so etwas noch öfter vor.“
„So eine Buckelpiste habe ich selten gesehen“
„Ich war ja früher öfter Skifahren, aber so eine Buckelpiste habe ich selten gesehen“, kritisierte Hobsch, der letztlich aufgrund der Feldüberlegenheit einen verdienten Sieg seiner Mannschaft sah. „Wer auf einer Buckelpiste fahren will, der muss eben auch gut Skifahren können“, so der Konter von Hans Benz, der trotz der Niederlage „sehr, sehr zufrieden“ mit dem bisherigen Auftreten seiner Elf in dieser Spielzeit und der Entwicklung des neuformierten Kaders ist.
„Bei Eichstätt sieht man, dass sie in den letzten Jahren verdammt gute Arbeit leisten. Gerade hier in Eichstätt musst du erst einmal gewinnen“, lobt auch Hobsch, der den Aufstieg mit Haching noch nicht abgeschrieben hat – und auch seinen Trainer mit dem großen Namen lobt. „Sandro ist ein Supertyp. Ich denke, man sieht auch, dass es bei uns jetzt auch immer besser wird – vor allem fußballerisch, wo wir am Anfang schon Probleme hatten. Und natürlich kann er uns schon viel mitgeben. Er hat selbst viel erlebt und eine große Karriere gehabt“, so der Sohn von Ex-Bundesligatorjäger Bernd Hobsch. Die Bundesliga ist für Haching zwar in weiter Ferne, aber immerhin geht es nach dem Dienstagsspieltag bereits am Freitag gegen die „kleinen Bayern“ – und damit auch für EM-Experte Wagner gegen seinen alten Verein. Der VfB dagegen reist am Dienstag als Favorit nach Rosenheim erwartet dann aber am Samstag die stark aufspielende Spielvereinigung aus Bayreuth.
VfB Eichstätt: Junghan – Graßl, Waffler, Akmestanli, Lamprecht – Federl, Halbmeyer, Pirner – Heinloth (62. Stoßberger), N´gatie (87. Neumayer), Kügel
SpVgg Unterhaching: Weidinger – Obermeier (46. Zentrich), Pisot, Göttlicher, Schwabl – Turtschan (78. Richter), Ehrlich (59. Zimmermann), Stiefler (59. Vunguidica), Mashigo – Hobsch, Hain
Tore: 1:0 Pirner (15.), 1:1 Hobsch (26.), 1:2 Hobsch (90.+3.)
Schiedsrichter: Tobias Wittmann
Zuschauer: 650