Eichstätt. – Der erste grüne Wasserstoff wird bereits erzeugt, und auch das Interesse am ersten Treffen des neuen Wasserstoffnetzwerks des Landkreises Eichstätt war groß. Rund 40 Vertreter von Unternehmen, Behörden und anderen Institutionen waren gekommen, um sich über die nächsten Schritte zu informieren. Denn es ist längst nicht der Auftakt, sondern die Fortsetzung des „HyStarter“-Programms, das mit Fördergeldern bereits anderthalb Jahre lang Potenziale in sachen Wasserstoff ausgelotet und Akteure vernetzt hat. Darauf wolle man nun aufbauen – mit dem Wasserstoffnetzwerk Landkreis Eichstätt und als Teil des ebenfalls neu geplanten regionalen Netzwerks „HY10“, das die Region 10 aus der Stadt Ingolstadt, die als „HyExpert“-Wasserstoffregion bereits viel Erfahrung gesammelt hat, und den umliegenden Landkreisen Eichstätter, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen zu einem echten „Wasserstoffcluster“ machen soll. Auch im Landkreis strebt man die nächsten Schritte an: Auch hier will man „HyExpert“ werden.
Die Herausforderungen sind enorm – das wurde gleich beim ersten Treffen der Interessenten am neuen Wasserstoffnetzwerk am Dienstag deutlich. Aber auch die Ungeduld wird größer: Schon jetzt wollen einige Unternehmen im Landkreis konkrete Schritte gehen – oder haben das bereits getan. Um sich auf diesem Weg gemeinsam zu unterstützen, will man sich im Rahmen des Netzwerks in Zukunft treffen und abstimmen, um gemeinsam Konzepte zu entwickeln und Projekte voranzubringen. Ansätze gibt es bereits einige: Die Brauerei Gutmann etwa denkt über Wasserstofferzeugung nach, um den energieintensiven Betrieb auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Brauerei mittelfristig zumindest zum Teil auch mit Wasserstoff gewährleisten zu können, sagte Sebastian Gutmann von der familiengeführten Brauerei. Zunächst werde man aber eine Freiflächen-Photovoltaikanlage installieren, und auch Windenergie in Verbindung mit einem Elektrolyseur sei denkbar.
Grüner Wasserstoff aus Preith
Einen solchen Elektrolyseur, der bereits Wasserstoff herstellt, gibt es bereits in Preith: Im Gewerbegebiet hat das Unternehmen Regineering bereits aus Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage Wasserstoff erzeugt und gespeichert, erläuterte Florian Zinsmeister. Derzeit sei man dabei, eine Brennstoffzelle in Betrieb zu nehmen, um daraus dann wieder Strom erzeugen zu können. Außerdem plane man die Einrichtung einer Wasserstofftankstelle, verrät Zinsmeister, der das Projekt bei Regineering koordiniert. Und auch Josef Kerner aus Dollnstein geht mit seiner Biogasanlage neue Wege: Gemeinsam mit einer Ausgründung der TU München hat er aus dem Biogas aus seiner Anlage unter hohen Temperaturen bereits in einem Pilotprojekt Wasserstoff erzeugt. In der nächsten Pilotphase sollen es dann bereits 400 Kilogramm Wasserstoff pro Tag sein. Das Genehmigungsverfahren laufe derzeit. Allerdings ist noch nicht klar, wer den Wasserstoff nutzen werde. Denn der werde mit wohl gut drei Euro anfangs noch etwas teurer sein, als Diesel. Und ein nahegelegenes Unternehmen, das den Energieträger ursprünglich abnehmen wollte zögert noch wegen der leicht höheren Unkosten.
Es sind nur einige Beispiele für Chancen und Herausforderungen und dafür, wie das Thema Wasserstoffnutzung bereits im Landkreis Eichstätt angekommen oder zumindest angedacht ist – wie bei einem möglichen lokalen Wasserstoffnetz in Eitensheim oder bei zwei Unternehmen in Denkendorf, die bereits auf dem Gebiet tätig sind, in Ingolstadt, wo bereits Müllwagen und eine Straßenkehrmaschine im Einsatz sind oder in einem Pilotprojekt in Hohenwart, wo bereits seit einigen Wochen zehn Privathaushalte und ein Gewerbebetrieb ihre Heizkessel mit Wasserstoff betreiben – versorgt über das umgerüstete Erdgasnetz. Und im niederbayerischen Pfeffenhausen (Landkreis Landshut) gibt es ein nationales Wasserstoff-Forschungs- und Innovationszentrum, das auch sein Haus nutze, erläuterte Ertan Akgün, Professor an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) und Wasserstoffspezialist.
Wasserstoffstudium an der THI
Die THI hat sogar eigene Studiengänge eingerichtet, um den wachsenden Bedarf an Experten auf dem Gebiet mit decken zu können, so der Experte, der erst vor wenigen Monaten aus der freien Wirtschaft an die THI gewechselt ist. Das vorhandene Know-how und relevante Akteure in der Region sollen nun im Wasserstoffcluster Region 10 „HY10“ zusammengeführt werden, das im Rahmen der geplanten Auftaktveranstaltung im März 2024 an den Start gehen soll, offiziell starten soll. Auch im Landkreis Eichstätt will man sich daran beteiligen und nach der ersten „HyStarter“-Phase nun die nächsten Schritte gehen.
Für die Umsetzung der Energiewende und der Klimaschutzbestrebungen im Landkreis Eichstätt sei das Thema Wasserstoff ein wichtiger Baustein – das betonte auch Landrat Anetsberger erneut bei der Auftaktveranstaltung zum neuen Netzwerk am Dienstag. Welche Perspektiven bietet die Wasserstoffnutzung im Landkreis Eichstätt und welche Potenziale und Nutzungsmöglichkeiten gibt es bereits (Mehr dazu finden Sie ab Seite 16 in der Februar-Ausgabe 2023 des Eichstätter Journals – siehe Heftarchiv auf Ei-live)? Darüber hatte man sich im Landkreis Eichstätt anderthalb Jahre lang Gedanken gemacht, Chancen und Möglichkeiten ausgelotet und als Teil des „HyLand“-Programms des Bundesverkehrsministeriums ein gefördertes „HyStarter“-Wasserstoff-Netzwerk gebildet. Bereits in dem Programm hatte sich eine wachsende Zahl von am Ende knapp 20 Teilnehmern insgesamt sechsmal bei Netzwerktreffen ausgetauscht und auch eine Exkursion nach Wunsiedel gemacht, wo es bereits ein funktionierendes Wasserstoffnetzwerk gibt. Nach dem Auslaufen des Förderprojekts geht das Wasserstoffnetzwerk nun in Eigenregie weiter.
Alexander Gehling von der „NOW GmbH“ erläuterte noch einmal die Erfolge des „HyLand“-Programms auf Bundesebene, das solche Wasserstoffprojekte in ganz Deutschland voranbringe. Das Interesse für das Projekt zum Beispiel auch aus China oder den USA sei groß, und gerade im „HyExpert“-Programm sei bereits vieles umgesetzt oder gerade in Umsetzung, erläuterte der Experte per Videokonferenz aus Berlin zugeschaltet. Ein solch gefördertes „HyExpert“-Programm wolle man auch im Landkreis Eichstätt andenken, bestätigt Johannes Unger vom Landratsamt Eichstätt, der das Programm gemeinsam mit Rebecca Färber-Engelhardt koordiniert.
Auch dafür sollen im Wasserstoffnetzwerk im Landkreis konkrete Anwendungsfälle und Konzepte entwickelt werden, um dann – möglichst mit der Unterstützung durch solche Fördergelder – an die Umsetzung zu gehen. Dass es auf dem Weg dahin viele Hürden gibt, war auch Teil der Diskussionen beim Auftakttreffen. Die Bürokratie müsse in Deutschland auch in diesem Bereich einfacher und die Genehmigungsverfahren weniger komplex und vor allem schneller werden, forderte einer der Teilnehmer – sonst werde man von China und anderen abgehängt. Für die Immissionsschutzabteilung im Landratsamt als staatliche Genehmigungsbehörde aber gab es auch Lob aus dem Kreis der Teilnehmer. Auch hier wünsche man sich einfachere Verfahren, aber müsse eben Gesetze umsetzen. Deren Leiter Michael Schmelz erläuterte in einem eigenen Vortrag die rechtlichen Rahmenbedingungen und das richtige Vorgehen bei einem solchen Genehmigungsverfahren und gab Tipps.
Erdgasnetz auf Wasserstoff umrüstbar
Auch wenn vieles noch unklar sei – auch bei der N-ergie Netz GmbH bereitet man sich auf die Umstellung des eigenen Gasnetzes auf den neuen Energieträger vor. Denn die übergeordneten Fernleitungsbetreiber seien längst dabei, und auch sein Unternehmen arbeite an Plänen für die Gasnetztransformation in Richtung Wasserstoffnetze, sagte Ralf Pohlmann in seinem Vortrag. Die Umstellung sei ein aufwendiger Prozess mit vielen Unwägbarkeiten. Aber es gebe bereits einige solcher Netze in Deutschland, und das Erdgasnetz sei bis auf wenige Ausnahmen auch für den Transport von Wasserstoff im großen Stil nutzbar, sagte der Netzexperte.
Allerdings werde es gerade im Raum Eichstätt noch eine Weile dauern, bis die großen Gasleitungen tatsächlich auf den Wasserstofftransport umgestellt werden könnten, nämlich im Jahr „2040 plus“, stellte Pohlmann auch klar. Anderswo in der weiteren Umgebung, wo es mehrere Leitungen parallel gebe, und im lokalen Raum könne es in Verbindung mit den Stadtwerken Eichstätt – auch sie sind am Netzwerk beteiligt – mit dem Ziel 2032 klappen oder noch schneller gehen. Ohne große Industriebetriebe, die vorangingen, gehe es ohnehin nicht. Bei allen Herausforderungen – es gebe bereits technische Lösungen dafür, und auf dem Weg zur Dekarbonisierung führe ohnehin kein Weg an dem Energieträger mit seiner hohen Energiedichte vorbei.
Genügend Kapazitäten und viel Wertschöpfung im Landkreis
Auch zu möglichen Alternativen gab es am Dienstag Fragen. Aber auch hier waren sich alle Referenten beim Auftakttreffen zum Wasserstoffnetzwerk einig: Grüner Wasserstoff und ähnliche Produkte wie grüner Ammoniak für einen besseren Transport seien neben Batteriespeichern als längerfristiges Speichermedium derzeit alternativlos. Der Landkreis Eichstätt könne zudem selbst genügend Wasserstoff für den eigenen Bedarf produzieren und damit auch viel zusätzliche Wertschöpfung im Landkreis erzeugen – so wichtige Ergebnisse aus dem Abschlussbericht der „HyStarter“-Phase. „Der Wandel hin zu einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft bildet für den Landkreis Eichstätt die Möglichkeit, zukünftig unabhängiger von externen Energieimporten zu werden, die Dekarbonisierung verschiedener Sektoren voranzutreiben und auch langfristig Wertschöpfung in der Region zu halten“, betonen Johannes Unger und Rebecca Färber-Engelhardt, die die Koordination des Netzwerkes übernehmen. „Um diese Potentiale zu nutzen, möchten wir den Akteuren aus unserem Landkreis auch weiterhin eine Plattform geben sich zu vernetzen und gemeinsam neue Projektideen zu entwickeln.“
Viel „H-offnung“: Landkreis wirft Blick auf Wasserstoff und Energiewende
Wasserstoff-Region: Strategiedialog im Landkreis auf Zielgeraden