Eichstätt. – Mit einem Festakt hat die Fakultät für Soziale Arbeit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Als Fachbereich Sozialwesen war sie am 1. Oktober 1972 an der damaligen Kirchlichen Gesamthochschule Eichstätt eingerichtet worden. Seit der Gründung haben rund 3.400 Studierende in verschiedenen Studiengängen der Fakultät ihren Abschluss erlangt. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa, würdigte in ihrem Festvortrag die besondere Bedeutung des Faches für den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft.
„Soziale Arbeit gießt nicht das Öl ins Feuer, sondern löscht“
Gut ausgebildete Mitarbeiter in der Sozialen Arbeit benötigten Urteilsvermögen, Standfestigkeit und Kommunikationsfähigkeit. Sie müssten wertschätzend und respektvoll Menschen gegenübertreten, insbesondere jenen, deren Leben aus der Bahn geworfen wurde, sagte Welskop-Deffaa. Im gesellschaftlichen Diskurs gelte es, für die Anliegen im sozialen Bereich verbindlich und kämpferisch einzutreten, aber zugleich versöhnlich. „Soziale Arbeit gießt nicht das Öl ins Feuer, sondern löscht. Beschäftigte der Sozialen Arbeit sind die Feuerwehrleute des Sozialen“, sagte Welskop-Deffaa. Dafür brauche der soziale Bereich „auch in Zeiten, in denen es nicht brennt“, eine verlässliche Ausstattung. „Bildung braucht Ressourcen, Bildung ist aber auch eine Ressource – gerade in einer unübersichtlicher werdenden Welt.“ Die Politik scheine mitunter zu vergessen, dass soziale Sicherheit eine Voraussetzung sozialen Friedens und ökonomischer Leistungsfähigkeit ist. „Leichtfertig werden in Kürzungsvorschlägen die Knoten im sozialen Netz zerschnitten. Wir brauchen Strukturen und Institutionen, namentlich auch die Wohlfahrtsverbände, die als Knoten im sozialen Netz für Tragfähigkeit sorgen.“
In ihrem Festvortrag richtete Welskop-Deffaa den Blick auf die Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus und ging der Frage nach, welche Rolle die Soziale Arbeit im Diskurs um eine nachhaltige Lebensweise spielt. Die Enzyklika sei – wie kaum eine andere zuvor – weltweit rezipiert worden und habe auch den politischen Diskurs beeinflusst. Große Resonanz habe die Veröffentlichung zunächst in den USA erfahren, deren Gesellschaft nicht nur beim Thema Nachhaltigkeit stark polarisiert sei. Dem Papst sei klar gewesen, dass er sich damit auch im damaligen US-amerikanischen Wahlkampf positioniert habe, so Welskop-Deffaa. In Deutschland herrsche hingegen ein weitgehender Konsens was die Sorge um die Umwelt und die Auswirkungen des Klimawandelns anbelangt. Konflikte entzündeten sich allerdings darum, welche Maßnahmen zu ergreifen seien und wo und bei wem zuerst angesetzt werden soll. „Die Klimakrise und die soziale Frage hängen eng zusammen“, betonte Welskop-Deffaa. Sie verwies darauf, dass die Ursachen der Klimakrise vor allem in den reichen Ländern der Nordhalbkugel zu suchen seien, während die Folgen stärker die sozial Benachteiligten und Menschen im Süden zu spüren bekämen. Die Folge seien auch „symbolische Kämpfe zwischen den Statusgruppen“. In diesem Diskurs komme der Sozialen Arbeit eine wichtige Rolle zu. Zum Berufsethos der Soziale Arbeit gehöre, dass es möglich ist, gesellschaftlich etwas zu ändern.
Wichtig in Zeiten der multiplen Krisen, Polarisierung und Herausforderungen
Auch der Vizepräsident für Studium und Lehre der KU, Prof. Dr. Klaus Meier, würdigte in seinem Grußwort den wichtigen Beitrag des Fachbereichs Soziale Arbeit für den Zusammenhalt der Gesellschaft und für die Demokratie. „Gerade in diesen schwierigen und komplexen Zeiten der multiplen Krisen, der Polarisierung von Öffentlichkeit, der zunehmenden Ungleichheit etwa in der Verteilung von Wohlstand und Zukunftschancen, den massiven Herausforderungen der Klimakatastrophe und vielen weiteren komplexen Herausforderungen“ sei die Gesellschaft angewiesen auf Expertise und gut ausgebildeten Nachwuchs in Bereichen des Sozialwesens und der Sozialpolitik.
Klaus Meier ging auch auf die Geschichte der Fakultät ein. Neben Theologie und Religionspädagogik sowie dem Lehramt zählte die Soziale Arbeit zu den ersten Studienrichtungen am Hochschulstandort Eichstätt. Einhergehend mit der Einrichtung der Kirchlichen Gesamthochschule, welche die bis dahin separat bestehende Philosophisch-Theologische Hochschule und die Pädagogische Hochschule zu einer Institution verband, starteten im Wintersemester 1972/73 die ersten Studierenden im Diplomstudiengang Sozialwesen – und damit noch vor der Gründung der Katholischen Universität, die erst im Jahr 1980 erfolgte.
Die Dekanin der Fakultät, Prof. Dr. Inge Eberl, nannte als besonderes Merkmal der Fakultät die Verbindung von wissenschaftlicher Fundierung und Praxisbezug. Die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen geschehe immer evidenzbasiert, zugleich pflege die Fakultät einen engen Bezug zu Kooperationspartnern aus der Praxis. Heute seien an der Fakultät rund 600 Studierende in fünf Studiengängen eingeschrieben, die aktuell von elf Professoren sowie knapp einem Dutzend wissenschaftlichen Mitarbeitern und Lehrkräften sowie zahlreichen Lehrbeauftragten unterrichtet werden. Der Bachelorstudiengang Soziale Arbeit ist einer der größten Studiengänge der KU. Hinzu kamen im Lauf der Zeit aber auch neue Spezialisierungen in den Feldern Bildung in der frühen Kindheit, Sozialinformatik und Pflegewissenschaft – letzteren Bereich vertritt Eberl selbst. Stolz sei die Fakultät auf ihre Schwerpunkte in der Forschung, hierzu zählten insbesondere die drei Arbeitsstellen in den Bereichen Sozialinformatik, sozialrechtliche Praxis und Controlling von Nonprofit-Organisationen.