Eichstätt. – Um neue Ehrenamtliche wirbt die Flüchtlings- und Integrationsberatung (FIB) des Caritasverbandes für die Diözese Eichstätt anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni. „Wir hatten viele Freiwillige in den Jahren 2014 bis 2016, danach wurden es weniger. Die Zahl der Engagierten stieg dann wieder mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, aber nun sind es wieder weniger geworden“, informiert Angela Müller, Sprecherin für die FIB beim Caritasverbandund Beraterin bei der Caritas-Kreisstelle Eichstätt. Dennoch wird nach wie vor Hilfe und Helfer gesucht – damit Integration auch gelingt.
Für viele sei es vermutlich schwierig, über längere Zeit ein hohes Engagement an den Tag zu legen, meint Müller. Doch es müssten nicht immer gleich ganz intensive Einsätze sein. Auch kleinere seien hilfreich: „Man kann auch nur bestimmten Einzelpersonen helfen oder sich auf konkrete Aufgaben konzentrieren: zum Beispiel bei der Kindergartenanmeldung helfen, den Busfahrplan erklären oder zu einem bestimmen Zeitpunkt in der Woche Hilfe beim Erlernen der deutschen Sprache leisten“, nennt die Beraterin Beispiele. Auch helfe es bereits, die Augen offen zu halten und hauptamtliche Mitarbeitende der Caritas zu verständigen, wenn man Probleme entdeckt. Die Berater sind im Büro der FIB in der Burgstraße 8 in Eichstätt oder telefonisch unter der Nummer 08421/50880 erreichbar. Angela Müller steht auch per E-Mail unter angela.mueller@caritas-eichstaett.de zur Verfügung.
Ganz Ohr für die Betroffenen
Zwei Ehrenamtliche, die sich intensiv für vorwiegend aus der Ukraine Geflüchtete engagieren, sind Silvia Weigl aus Großmehring und Toni Bohlen aus Dollnstein. Beide starteten ihre freiwillige Arbeit kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Frühjahr vergangenen Jahres. Als im April 2022 in Großmehring die Wohncontainer wieder bezogen wurden, half Silvia Weigl den dort untergebrachten Flüchtlingen zunächst mit viel Geschirr, das in einer Gastwirtschaft – in der sie nebenberuflich tätig ist – nicht mehr gebraucht wurde. Daraufhin schloss sie sich dem Helferkreis an, in dem seinerzeit nach ihren Angaben noch gut 30 Leute tätig waren, in dem jetzt aber nur noch ganz wenige engagiert sind.
Eine gebliebene Engagierte ist Silvia Weigl. Sie ist dabei und ganz Ohr für die Betroffenen, wenn der hauptamtliche Mitarbeiter der Caritas Amine Elmoumeni seine Sprechzeit vor Ort hat. Darüber hinaus geht sie meistens zweimal pro Woche in die Wohncontainer, um für eine Vielzahl von Anliegen zur Verfügung zu stehen: Hilfe mit Kleidung für die Kinder sowie bei deren Einschulung, Begleitung zum Arzt, Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen, Organisieren von Dolmetschern für Fälle, in denen die Übersetzungs-App nicht ausreicht – um nur einige Tätigkeiten zu nennen. Falls nötig, unterbricht sie auch schon mal ihre hauptberufliche Tätigkeit im Homeoffice für das Goethe-Institut in München für ihre Flüchtlingsarbeit.
„Wir können sie nicht in unser Land lassen und uns dann wegducken“
Silvia Weigl
„Die Leute brauchen einfach Hilfe. Sie sind nicht gerne geflohen. Wir können sie nicht in unser Land lassen und uns dann wegducken“, erklärt Silvia Weigl, warum sie in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe tätig geworden ist. Sie wünscht sich, dass an den Tagen, an denen sie nicht zu den Geflüchteten geht, andere Freiwillige dies tun. „Sachspenden zu bekommen, ist kein Problem, egal ob Kleider oder einen Rollator: Dafür ist die Bereitschaft groß.“ Doch sie konnte noch keine weitere Person finden, die wie sie auch die Geflüchteten aufsucht. Interessierten bietet sie an, sie einfach einmal zu begleiten, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Silvia Weigl erfährt nach eigenem Bekunden viel Dankbarkeit durch die Geflüchteten, und sei es nur durch ein Lächeln. Besonders hat es sie gefreut, als ihr vor Kurzem eine Analphabetin einen Zettel übergab, auf den diese „Silvia“ geschrieben hatte. Natürlich gebe es ab und zu auch schwierige Phasen, „wenn ich zum Beispiel an einem Tag 40 Whatsapp-Nachrichten bekomme und ich das Gefühl habe, dann den Betroffenen nicht gerecht werden zu können. Doch Aufgeben ist keine Option“, ist Silvia Weigl von ihrem Ehrenamt überzeugt.
Breites Engagement
„Ich war empört über den Angriff Russlands auf die Ukraine. Wenn ich schon nicht mit Waffen für die Opfer kämpfen kann, dann möchte ich zumindest denen helfen, die zu uns fliehen.“ Aus dieser Motivation heraus startete Rentner Toni Bohlen seinen ehrenamtlichen Einsatz im Helferkreis „Menschen für Menschen“ in Dollnstein im März 2022. Eine Untergruppe in diesem Kreis engagiert sich vor allem für Geflüchtete aus der Ukraine, aber auch aus anderen Herkunftsländern. Auch Bohlen hilft den Betroffenen mit Sachspenden wie Kleidern oder Fahrrädern, die mitunter einen Anhänger haben, mit dem die Kinder in Kindergarten und Schule befördert werden können. Er unterstützt bei Umzügen und berät Geflüchtete aber auch, wie sie Handyverträge abschließen können und setzt sich für sie mit Mobilfunkunternehmen in Verbindung.
Ehrenamtliche helfen bei der Grundversorgung“, bringt Angela Müller den Einsatz auf den Punkt. Es kommt auch vor, dass Bohlen ganz spontan zu Flüchtlingen fährt. Das war zum Beispiel einmal der Fall, als ein Kind in der Dusche stürzte und dann ein Krankenwagen gerufen werden musste. Und wenn er feststellt, dass neu angekommene Geflüchtete am Tag vor einem Feiertag keine Lebensmittel haben, verständigt er den Helferkreis mit der Bitte, dass jemand diese besorgt.
Knappe Sprachkurse und Wahrnehmung als Störenfriede
Doch sein Engagement geht noch viel weiter. Bohlen sucht auch Kontakt zu Behörden und erkundet mit Geflüchteten gemeinsam, wer ein geeigneter Sprachkursträger für sie ist, um sie dort sogleich anzumelden. Bei seinem Engagement stellt er auch Defizite fest: „Wir bräuchten mehr Sprachkursträger“, erklärt er. Angela Müller bestätigt: „Es gibt eine Knappheit an Lehrkräften.“ Bohlen macht keinen Hehl daraus, dass er auch ab und zu frustriert ist, „wenn Behörden nicht erreichbar sind oder ich das Gefühl habe, dass wir als Ehrenamtliche dort nicht ernstgenommen oder gar als Störenfriede wahrgenommen werden“. Umso intensiver sucht er in solchen Momenten den Kontakt zur zuständigen hauptamtlichen Mitarbeiterin der Caritas Elke Rager.
Auch ihn bestärkt die Dankbarkeit der Flüchtlinge in seinem Engagement. Besonders freut sich Toni Bohlen, dass aus manchen persönlichen Gesprächen sogar Freundschaften mit Flüchtlingen entstanden sind, die mittlerweile wieder in die Ukraine zurückgekehrt sind. Und wie Silvia Weigl möchte auch er anderen Bürgern ans Herz legen, sich zeitweise für Geflüchtete einzusetzen: „Man bekommt einen Einblick in andere Kulturen und erweitert dadurch den eigenen Horizont“. Bohlen weist übrigens darauf hin, dass sich sein eigenes Engagement von anfangs im Umfang von drei bis vier Tagen mittlerweile auf etwa einen Tag verringert habe. Er versteht sein Engagement als „Hilfe zur Selbsthilfe“. Mit vielem, bei dem er Geflüchteten am Anfang geholfen habe, kämen diese inzwischen selbst zurecht.