Eichstätt. – „Ich habe so viel Input bekommen, dass ich wieder voller Energie und voller Kraft weiterarbeiten will.“ Mit diesen Worten drückt die 63-jährige Erzieherin Regina Dunker aus, was ihr der einjährige Weiterbildungskurs zu Inklusion „Sehen – Helfen – Handeln“ der Caritas und Diözese Eichstätt seit September gebracht habe. Regina Dunker kam dafür an mehreren Wochenenden extra aus Lauf an der Pegnitz zu der diözesenübergreifenden Fortbildung ins Eichstätter Priesterseminar. Sie ist eine von 25 Frauen und Männern aus verschiedenen Bereichen, die daran noch bis Mitte Juni an insgesamt vier zweitägigen Veranstaltungen und vier Einzeltagen teilnehmen. Darunter sind neben Erzieherinnen und Lehrern unter anderem auch eine Beraterin im Jobcenter, eine Physiotherapeutin sowie zwei Ehrenamtliche in der Hausaufgabenbetreuung.
Einer von einigen beteiligten Männern ist der 45-jährige Erich Holland, Behindertenseelsorger in der Diözese Eichstätt und Religionslehrer an der Gundschule in Schernfeld. „Gut waren die Offenheit der Beteiligten und die Themen darüber, wie man Inklusion in der Gemeinde und der eigenen Arbeit konkret umsetzen kann“, sagt Holland und zieht eine positive Zwischenbilanz. Ein konkretes Beispiel nennt die 47-jährige Heilerziehungspflegerin Kerrilyn Spearen-Artmann aus der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) des Caritas-Zentrums St. Vinzenz in Ingolstadt. Sie hat sich auf einen Impuls im Inklusionskurs hin angewöhnt, im Morgenkreis jedes Kind einzeln zu begrüßen und allen jedes Mal zu sagen „Schön, dass du da bist“. Denn sie will, „dass sich meine Kinder willkommen fühlen“.
Und Kerrilyn Spearen-Artmann beherzigt nun einen Satz, den Kursleiterin Chiara Thoma den Teilnehmern mit auf den Weg gegeben hat: „Man soll nicht immer nur die Probleme der Kinder sehen, sondern auch die Schätze, die sie mitbringen. Dieser Satz kommt mir jetzt oft im Alltag“, so die Heilerziehungspflegerin. Inhaltlich hat Kerrilyn Spearen-Artmann vor allem „Tod und Trauer“ angesprochen, was bei der letzten Kurseinheit thematisiert wurde. „Wir haben erst neulich wieder einen Todesfall bei uns in der Einrichtung gehabt“, informiert sie. Im Kurs habe sie nun neue Anregungen bekommen, wie sie die Problematik mit Kindern aufarbeiten kann. Die 62-jährige Walburga Eckstein, die als Erzieherin in einem Kindergarten tätig ist, hat nach eigenem Bekunden im Kurs zum Thema Leid und Tod sehr gute Bilderbücher vor Augen geführt bekommen: „Die haben mir sehr zugesagt, da werde ich mir auch welche anschaffen“, sagt sie. Durch den Kurs hat sie „Kraft tanken“ können und erhofft sie sich für ihre Arbeit „soziale Kompetenz, Weitsicht, Inspiration und Kreativität“.
Einen weiteren konkreten Tipp hat Gerlinde Schönleber, Lehrerin am Gnadenthal-Gymnasium in Ingolstadt, erhalten: Wenn sich die Schüler im Kreis zusammenstellen, solle jeder in der ersten Reihe stehen, „damit auch die stillen Schülerinnen und Schüler sich nicht hinter den anderen verstecken müssen und auch gesehen werden. Dass man so Inklusion praktiziert, ist mir hier richtig bewusst geworden.“ Regina Dunker sind neue Gedanken beim Thema Medizinethik gekommen. Hier beginne Inklusion zum Beispiel dann, wenn man erfährt, dass ein Kind im Mutterleib behindert ist: „Entscheide ich mich dann für dieses Kind, das einfach bereichernd für die Gesellschaft ist?“, fragt die Erzieherin. Der Kurs habe sie auch wieder neu motiviert, „Kinder zu motivieren, damit sie ihr Leben bewältigen“. Dies sei gerade nach Corona sehr wichtig, denn durch die Pandemie und ihre Folgen „waren die Kinder ja einfach verstört“, so die Erzieherin, die in einem Hort arbeitet.
„Superkräfte für Widrigkeiten des Alltages entdecken“
Die 46-jährige Christel Blücher-Pfeifer hat der Inklusionskurs gleich doppelt motiviert: Als Physiotherapeutin beschäftigt sie die Frage, wie man Menschen weiterhin ihre Würde bewahren kann, wenn sie nicht mehr so leben können, wie sie vor einem Unfall gelebt haben. Dann dürften diese nicht ausgegrenzt werden. Als dreifache Mutter will sie ihre Kinder dazu ermutigen, sich Ausgrenzung entgegenzustellen, wenn sie diese sehen – nach dem Motto „Nein, das lassen wir nicht zu“. Im Kurs hat Christel Blücher-Pfeifer „auch sehr gut gefallen, in die christlichen Werte reinzukommen und auch zu sehen, wo sie in einzelnen Bereichen, in denen Leute arbeiten, umgesetzt werden“.
Kursleiterin Chiara Thoma meint, es sei höchste Zeit gewesen, „all diesen verschiedenen Menschengruppen Möglichkeiten zu vermitteln, Resilienz aufzutanken: das heißt, mit ihnen Superkräfte für Widrigkeiten des Alltages zu entdecken, weiterzuentwickeln und in ihrem jeweiligen Berufsfeld einzusetzen“. Sie hat „hochengagierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer“ erlebt, die kommen, „weil all diese Themen ihnen ein Herzensanliegen sind und sie aktiv versuchen, ihre Arbeits- und Privatwelt nachhaltig inklusiv zu verbessern“.
Kirche habe „Zeichen der Zeit erkannt“
Nach Mitteilung der Referentin für Inklusion ist der Kurs nur möglich gewesen, weil die diözesane Abteilung Schulen und Bildung mit deren Leiter Vitus Lehenmeier, die Bistumsleitung mit Amtschef Thomas Schäfers und die Leitung der Caritas mit Direktor Alfred Frank und seinem Stellvertreter Andreas Steppberger, das Caritas-Qualitätsmanagement mit Thomas Burkhardt sowie das Finanz- und Rechnungswesen des Caritasverbandes mit Andrea Forster Hand in Hand und „stetig unterstützend für diesen Kurs gehandelt haben“. Chiara Thoma zufolge hat Kirche „hier als Team bewiesen, dass sie sehr wohl die Zeichen der Zeit erkennt und gemäß der jesuanischen Frage ,Was willst Du, dass ich Dir tu?‘, handelt und somit auch einen positiven Beitrag zur Bewältigung von Problemen in der Gesellschaft liefern kann“.
Der Kurs ist für die Teilnehmer kostenfrei. Durchgeführt werden kann er aufgrund einer finanziellen Unterstützung der „Glücksspirale“ von 32.500 Euro und eines Zuschusses der St.-Willibald-Stiftung in Höhe von 10.000 Euro.