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Wenig Unterkünfte, viel „Schmarrn“: Sozialausschuss bespricht Flüchtlingssituation

Landkreis Eichstätt und Jobcenter ziehen Bilanz über Flüchtlingssituation – Sorgen bei Unterkünften, Arbeitsmarktintegration macht Hoffnung

Eichstätt. – Viele Sorgenfalten, aber auch einige positive Signale – die Flüchtlingssituation stellt auch den Landkreis Eichstätt weiter vor erhebliche Herausforderungen. Insbesondere bei der Unterbringung drohe man an Grenzen zu stoßen, so das Fazit einer Bilanz im Sozialausschuss des Kreistags am vergangenen Donnerstag. Dennoch gebe es auch viele ermutigende Signale, zum Beispiel vom Arbeitsmarkt, so Swen Hönig, seit Oktober neuer Leiter des Eichstätter Jobcenters, der sich dem Gremium vorstellte. In der Fragerunde zum Thema wurde auch mit allerhand falschen Behauptungen und Gerüchten aufgeräumt, die in sozialen Medien und in der Bevölkerung in manchen Kreisen im Umlauf seien. Flüchtlinge mit vollem Einkaufswagen, die auf Staatskosten einkaufen? Das sei einfach nur falsch und „Schmarrn“, so die anwesenden Vertreter aus Politik und Behörden.

Die Flüchtlingssituation stand im Mittelpunkt der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses. Fotos: Zengerle

Zäune, mehr Abschiebungen und Druck auf nicht-kooperative Herkunftsländer – mit solchen Maßnahmen will die EU die Asyl- und Flüchtlingspolitik und die wieder steigenden illegalen Einreisen von Asylsuchenden einschränken. Hinzu kommen die acht Millionen ukrainischen Flüchtlinge, die bereits heute vor dem russischen Angriffskrieg aus ihrem Heimatland geflüchtet sind. Die Herausforderungen sind also durchaus groß – auch im Landkreis Eichstätt. Das wurde auch bei der Sozialausschusssitzung am Donnerstag einmal mehr klar. Erst Tage zuvor war erneut ein Bus mit Flüchtlingen angekomemn – wie derzeit regelmäßig: „derzeit zwei Busse im Monat“, so beschreibt Beate Lechermann, die beim Landkreis für die Integration der Flüchtlinge zuständig ist, das „aktuelle Ankunftsgeschehen“.

Rechtskreiswechsel und Stau bei Integrationskursen

Hier werde aktuell auch ganz klar zwischen Ukrainern und Asylbewerbern etwa aus Syrien, Afghanistan oder aus anderen Ländern. Das liegt auch an der geänderten Rechtsgrundlage: Denn im Zuge des im vergangenen Jahr beschlossenen sogenannten „Rechtskreiswechsels“ werden die Ukrainer nicht mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern nach den Sozialsystemen der Grundsicherung versorgt – sprich: inzwischen mit dem Bürgergeld. Das erleichtere vieles, sagt Swen Hönig, der daher auch als Leiter des Jobcenters mit seinem Team für sie zuständig ist. Die Abläufe hätten sich hier längst eingespielt: Die ukrainischen Flüchtlinge kämen zunächst in Lenting in der dortigen Erstaufnahmeeinrichtung an – derzeit etwa ein Bus mit 50 Ukrainern pro Monat – so auch letzte Woche. Ein Team aus dem Landratsamt fahre dann mit Dolmetschern hin und erledige alle Formalitäten inklusive aller entsprechenden Formulare.

Probleme gebe es hier etwa bei den Sprachkursen. Es fehle einfach am Angebot – sprich: an genügend Plätzen in Integrationskursen. 94 Ukrainer hätten bereits Grundkenntnisse in Deutsch, weitere 14 gute Kenntnisse und 171 befänden sich derzeit in Integrationskursen, so Swen Hönig. Weitere rund 500 Personen aber müssten die Kurse noch absolvieren, so Hönig. Hier haber man in der Vergangenheit die Anforderungen an die Anbieter der Integrationskurse erhöht, sei nun aber dabei, sioe möglichrweise wieder etwas zu senken – schließlich seien insbesondere Sprachkurse besonders wichtig für eine Integration insbesondere in den Arbeitsmarkt, so Landrat Alexander Anetsberger.

Die Voraussetzungen für eine Intergation auf dem Arbeitsmarkt seien insgesamt gerade bei den ukrainischen Flüchtlingen recht gut, wie Hönig in seiner Präsentation im Detail vorstellte: Zwar gebe es auch allerhand Betroffene ohne weitergehende Berufsausbildung, gleichzeitig aber auch eine nach der Statistik noch größere Gruppe mit entsprechenden Qualifikationen, so Hönig – zudem eher wenige alte Menschen, sondern oft Mütter mit Kindern. Hier gehe es auch um die Anerkennung der entsprechenden beruflichen Qualifikationen.

Chancen für den Arbeitsmarkt

Insgesamt habe man im vergangenen Jahr 368 Personen erfolgreich in sozialversicherungspflichtige Jobs integrieren können – darunter nach vorläufigen Zahlen auch 93 Asylsuchende mit Aufenthaltstitel aus acht verschiedenen Herkunftsländern sowie in einem guten halben Jahr inzwischen auch schon 52 Ukrainer – in Zeiten des Arbeitskräftemangels also auch eine Chance. Die Zahlen seien besonders bei den Ukrainern angesichts der Kürze der Zeit und der Tatsache, dass es sich oft um alleinerziehende Mütter mit Kindern handle, recht gut. 344 Flüchtlinge seien derzeit als arbeitslos gemeldet, zudem 230 als arbeitssuchend – also erwerbesfähig, die derzeit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden, weil sie sich zum Beispiel um die Kinderbetreuung kümmen müssten. Eine abschließende Bilanz könne man aber erst ziehen, wenn auch ein Großteil der Ukrainer die Integrationskurse beendet habe. Auch wenn viele Ukrainer aktuell nicht wüssten, ob sie nach Ende des Krieges wieder in ihr Land zurückkehren würden – die Erfahrung zeige, dass doch ein erheblicher Teil auch bleibe und auf Dauer eine neue Heimat und einen Platz auf dem Arbeitsmarkt finden könne.

Etwas anders verhalten sich die Abläufe bei den Asylsuchenden aus anderen Ländern: Sie kommen seit Beginn des Jahres in der extra dafür umgerüsteten Schottenauturnhalle in Eichstätt an, hätten dann die entsprechende Erfassung in den Eichstätter Behörden und müssten dann erst das Anerkennungsverfahren durchlaufen, ehe sie später gegebenenfalls dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Hier hätten sowohl die Ankünfte, als auch die Abschiebungen seit dem letzten Jahr wieder merklich zugenommen, so Lechermann.

„Richtung drei Prozent der Landkreisbevölkerung“

Die größten Sorgen bei beiden Gruppen gebe es nach wie vor bei der Frage der Unterbringung. Die Abverlegungen aus den Erstaufnahmeeinrichtungen gingen immer schleppender, so Lechermann. Es fehle schlichtweg an entsprechenden Unterkünften. „Wir bewegen uns in Richtung von drei Prozent der Landkreisbevölkerung“, bilanzierte Landrat Alexander Anetsberger mit Blick auf die Flüchtlingszahlen – das heißt derzeit rund 3.000 Personen. Davon seien aktuell noch rund 800 privat untergebracht, weitere 1.800 in dezentralen Unterkünften, also den Gemeinschaftsunterkünften wie in Beilngries, Lenting, Wettstetten.

Allerdings stoße man hier an Grenzen und man müsse mit immer größerer Hektik und Nachdruck nach Unterkünften suchen, so der Landkreischef. Erst diese Woche habe man nochmal die Bürgermeister angeschrieben – zum Beispiel auch auf der Suche nach Flächen für eine weitere Unterbringung auf Flächen in Containerunterkünften. Auch in der Turnhalle in der Schottenau stoße man an Grenzen, so Anetsberger. Er befürchte einerseits, dass im Notfall eine weitere Turnhalle ebenso genutzt werden müsse, wenn das „Ankunftsgeschehen“ hoch bleibe. Andererseits aber hoffe er auch, dass die Schottenauturnhalle zeitnah wieder zur Turnhalle werden könne. Das hänge von der weiteren Entwicklung und der Bereitschaft zur Aufnahme ab.

Keine weiteren Flüchtlingsunterkünfte in Turnhallen wünscht sich Landrat Alexander Anetsberger. Er würde die Turnhalle in der Schottenau in Eichstätt lieber wieder für Sport nutzen. Hier eine der Parzellen dort, die für jeweils Platz für sechs Menschen bieten.

„Schon ein wenig wundgescheuert“ von so viel „Schmarrn“

Auch im abschließenden Fragenteil ging es erneut um die Themen rund um Flüchtlinge – und zwar eher um Gerüchte, die man so höre oder in den sozialen Medien lesen könne: zum Beispiel das, dass die Flüchtlinge im Supermarkt erst den Einkaufswagen komplett voll machten und dann nicht selbst zahlen müssten. Sie seien schon darauf angesprochen worden, sagten zwei der Ausschussmitglieder. Dem sei nicht so, so Hönig, der klarstellte, dass jeder Flüchtling seine Einkäufe von seinem eigenen Konto bezahlen müsse. Allerdings sei natürlich möglich, dass man wie jeder andere Bürger auch digitale Bezahlungsmethoden nutze – aber eben mit Geld vom eigenen Konto. Auch sonst prüfe man natürlich regelmäßig nach, wenn jemand einen Antrag auf Leistungen stelle. Man habe dafür eigene Mitarbeiter, die die Angaben auch vor Ort überprüften. Er sei da ehrlich gesagt „schon ein wenig wundgescheuert“, weil da so vieles unterstellt werde, was oft völlig aus der Luft gegriffen sei, so Landrat Anetsberger scherzhaft, aber auch mit Sorgenfalten. Aber man könne müsse auch nicht „jedem Schmarrn“, den man so höre, etwas dagegensetzen. Man habe ganz klare Vorgaben aus den Sozialleistungen, an die man sich zu halten habe und auch halte.

Hönig informiert über neues Bürgergeld

Wie diese Leistungen aussehen, zeigte Swen Hönig noch einmal deutlich auf: Im Zuge der Umstellung auf das neue Bürgergeld würden jetzt zum Beispiel 502 statt 452 Euro für eine einzelne Person ausbezahlt. Hinzu komme die Wohnung, wo aber auch geprüft werde, ob die angemessen sei. Bei zwei Personen sind es 450 Euro pro Person sowie die Miete. Zudem sei nun das Vermögen der Leistungsempfänger zunächst besser geschützt. Der Vermögensfreibetrag liegt jetzt bei 40.000 Euro, für jede weitere Person 15.000 Euro. Nach dem ersten Jahr sinkt diese Summe auf 15.000 Euro pro Person. Zudem werden Leistungen nicht mehr so stark gekürzt wie zuvor: Statt wie früher 30 Prozent bei der ersten Pflichtverletzung und bis zu 100 Prozent insgesamt, würden jetzt in einem ersten Schritt jeweils vorübergehend nur zehn Prozent, nach der zweiten Pflichtverletzung 20 und nach der dritten dann 30 Prozent für drei Monate gestrichen – zum Beispiel, wenn der Leistungsempfänger eine zumutbare Arbeit ablehnt. Das Jobcenter nutze auch stark die Möglichkeit, engagierten Leistungsempfänger für Weiterbildungsmaßnahmen einen Zuschuss zu bezahlen, um sie zu qualifizieren – so einige der Grundzüge des neuen Bürgergelds, das die Bundesregierung beschlossen hatte.

Integrationskonzept mit externer Unterstützung

In einem weiteren Punkt stellte Slaven Boban vom Landratsamt den Stand der Dinge bei der Erstellung des geplanten Integrationskonzepts des Landkreises vor, blieb dabei aber eher oberflächlich und erläuterte lediglich die bisherigen Schritte und weiteren Abläufe. Beschlossen wurde daher lediglich, dass ein externes Institut beauftragt werden soll, das unter anderem eine Bevölkerungsbefragung durchführen und weitere Themen untersuchen solle.

Platz für 240 Flüchtlinge: Schottenau-Turnhalle wird Flüchtlingsunterkunft

Quelle
Landkreis Eichstätt
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