Eichstätt. – Am Ende war es doch eine friedliche „Machtübernahme“: Schlossleutnant Krach, der zwischenzeitlich als neuer Regent strenge, militärische Regeln aufstellen wollte, trat dann allerdings sein Amt doch nicht an, als er hörte, dass er im Fasching auch tanzen müsse und die Zuschauer dann auch noch gegen ihn stimmten. Das aber war natürlich nur eine spaßige Einlage mit Willi Eisenhart in seiner Paraderolle als historisch fundierter Kunstfigur des Schlossleutnants. Sonst bleibt vieles beim „Alten“ in der neuen Faschingssaison: nicht nur das Motto „Rockabilly Reloaded“, sondern auch das Prinzenpaar sind die aus der coronabedingt ausgefallenen Vorsaison – und die Hoffnung, dass diesmal endlich wieder ein unbeschwertes Feiern möglich sein wird.
Sie wollen es nochmal wissen: Seine Tollität Alexander II. (Benz) und ihre Lieblichkeit Annika I. (Bauch) wagen einen neuen Anlauf und wollen nach einer kompletten Saison voller Training und Onlineevents, aber eben ohne die Bälle und Faschingsevents, die die sonst so ausgelassene fünfte Jahreszeit ausmachen, auf dem Eröffnungsball endlich ihren ersten echten Prinzenwalzer zeigen. Und sie sind damit in der 73. Saison der Faschingsgesellschaft Eichstätt (FGE) erst das dritte Prinzenpaar, das ein zweites Jahr „an der Macht bleibt“. Andrea Meier und Peter Dickmann hatten wegen des 1991 aufgrund des Golfkriegs abgebrochenen Faschings ein zweites Jahr regieren dürfen, und auch Prinz Jonas Dorsch und Nina Fuchs hatten nach ihrer ersten Saison 2020 ein weiteres Jahr verlängert und den Hofstaat durch das erste Coronajahr geführt.
Schlossleutnant stürmt Bühne und präsentiert „Marschall-Plan“
Aber auch Alexander und Annika durften ihr Amt nicht ganz kampflos behalten: In Krisenzeiten wie diesen brauche es Erfahrung und eine harte Hand an der Spitze, so hatten es FGE-Präsident Giulio Frey und Hofmarschall Josef Rudingsdorfer bereits angekündigt, als der Schlossleutnant Krach die Bühne stürmte. Er habe damals, im Jahr 1796 bereits erfolgreich die Eichstätter Willibaldsburg gegen die Franzosen verteidigt, habe auch dem „Stod-Seppa“ – gemeint war der Eichstätter Oberbürgermeister Josef Grienberger – schon Bescheid gegeben, und fühle sich berufen zur Führung des Hofstaates. Schließlich habe auch Prinz Charles ähnlich lange, nämlich geschlagene 73 Jahre, warten müssen, bis die Queen „den Löffel, beziehungsweise das Zepter“ abgegeben habe.
Ernste Zeiten wie diese erforderten eine starke Hand und harte Maßnahmen. Er sei zwar vom Rang her Leutnant, habe aber seinen eigenen „Marschall-Plan“ ausgearbeitet: Der Elferrat müsse eine militärische Grundausbildung und an Heilig-Drei-König ein dreitägiges Manöver absolvieren. Wer sich nicht bewähre, fliege raus und dürfe sich vielleicht dann noch bei der Schäffler-Schnaps-Truppe ausprobieren. Die Kostüme der Gardetänzerinnen würden sich in Zukunft an der Mode der 70er-Jahre orientieren, die Mundschenke zu „Erfrischungsgetränke-Feldwebeln“ ernannt und müssten einen mit isotonischen Bestandteilen von der Hofmühl eigens krierten Doppelbock ausschenken. Das Alte Stadttheater werde analog zum Wolfsschutz mit förderfähigen Elektrozäunen umgeben. Am Rosenmontag werde statt dem Sausackschleifer-Trara ein Sternmarsch der Blaskapellen aus dem Landkreis veranstaltet, die dann von ihm vom Rathausbalkon dirigiert den Leutnant-Krach-Marsch blasen würden. Immerhin: Der Fanfarenzug dürfe exakt so bleiben, wie er sei, wie Willi Eisenhart in seiner Rolle als Eichstätter Kultfigur zum Amüsement der rund 100 Gäste im historischen Saal der Knabenrealschule Rebdorf gestern Abend verkündete.
Aber dann war da doch der Haken mit dem Tanzen, das dem Schlossleutnant dann doch zu viel war. Und so entschied sich das Publikum in seiner finalen Abstimmung für das alte und damit jetzt auch neue Prinzenpaar, das den närrischen Eichstätter Hofstaat in eine hoffentlich wieder echte Faschingssaison führen wird – „im dritten Anlauf“, wie FGE-Präsident Frey zu Beginn sagte. Wie bei so vielen anderen Vereinen sei es in der quälend langen Coronazeit, so wichtig gewesen, weiterzumachen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern immer wieder die Pläne anzupassen und das Beste aus der Situation zu machen. Das zeigten auch die Video-Rückblicke von FGE und Fanfarenzug auf ihre Aktivitäten in der weitgehend ausgefallenen Coronasaison.
Tänzerinnen- und Tänzermangel an der Volksfest-Bar behoben
Und dennoch hatte die Coronazeit Spuren hinterlassen: Vor dem Eichstätter Volksfest habe man in diesem Jahr gerade einmal noch eine Handvoll aktive Gardetänzerinnen und mit Marcel Frey auch nur noch ein Tänzer gezählt – viel zu wenig also für einen echten Hofstaat, so Josef Rudingsdorfer. Aber unter großem Einsatz insbesondere an der Volksfest-Schnapsbar habe vor allem Ehrenpräsident Frank Stachel erstklassige Überzeugungsarbeit geleistet. Das Ergebnis: eine quasi runderneuerte Truppe mit 13 Tänzerinnen und einem Tänzerquartett, die gemeinsam mit dem Prinzenpaar nun fleißig üben müssen. Schwerstarbeit also auch für das mehrköpfige Trainerteam um Cheftrainerin Steffi Graf, die damit die Choreographie mit einem komplett neuen Team einstudieren müssen, das um erfahrene Tänzerinnen wie Verena Hirsch, Julia Brigl oder Lisa Knopp aufgebaut werden, die zum elften, achten und sechsten Mal dabei sind.
Immerhin geht es dabei aber um dasselbe Motto wie im vergangenen Jahr „Rockabilly Reloaded“ heißt es im kommenden Fasching, wenn die Eichstätter Faschingsgesellschaft ihr Publikum regelmäßig mit in die Welt der der 50er-Jahre mit wilden Männern und Petticoats nimmt, in denen „das Benzin noch billig, der King noch der King of Rock ’n‘ Roll war und das Bargeld nicht auf dem Sparkonto, sondern noch in der Jukebox landete“, so Rudingsdorfer bei der Vorstellung des Mottos. Ganz neu designt ist dagegen der neue Orden der Faschingsgesellschaft, der ebenfalls gestern Abend präsentiert wurde. Er erinnere an die Ursprünge des Eichstätter Faschings 1949, als in einer Zeichnung der lachende Eichstätter Rathausturm für den Fasching gesorgt habe. Er prägt nun auch das neue Motiv des Ehrenordens, den sicher um den Fasching verdiente Persönlichkeiten beim Eröffnungsball erhalten werden.
Das neue und alte Prinzenpaar freut sich offensichtlich schon darauf, dass es endlich wieder einen echte Fasching geben werde. Im letzten Jahre habe man alles versucht, sich aus Protest am Rathaus festgeklebt, mit Transparenten mit Slogans wie „Fasching ist ein Menschenrecht“ demonstriert, und die Pfahlstraße in Eichstätt sei nicht etwa wegen der Baustelle, sondern aus Protest gesperrt. Jetzt also dürfen sie voraussichtlich doch endlich im Fasching zeigen, was sie können – am 7. Januar, wenn der Fanfarenzug nach dem Jahr seines 50-jährigen Bestehens, das er am letzten Wochenende endlich gebührend feiern durfte, endlich wieder dem Fasching den Marsch bläst – ganz ohne Schlossleutnant Krach.