Eichstätt. – VfB-Kapitän Lucas Schraufstetter stand nach dem Spiel noch eine Weile auf dem Platz, blickte Richtung Tor und haderte mit jenem letzten Schuss des Spiels: seinem Elfmeter, den Gästetorhüter Fabian Dellermann pariert hatte. So stand am Ende dann eine gefühlte Niederlage, die aber eigentlich keine war. Denn das Elfmeterschießen zwischen dem VfB Eichstätt und dem FC Eintracht Bamberg spielt in der Relegationstabelle zunächst keine Rolle – könnte allerdings noch wichtig werden. In der regulären Spielzeit aber teilten sich der VfB und die Bamberger nach einem torlosen 0:0 die Punkte und gehen mit je einem Zähler in ihr jeweils zweites Spiel gegen den TSV Buchbach – eine durchaus gerechte Punkteteilung in einem Spiel, das zwei gänzlich verschiedene Halbzeiten hatte.
Denn der Regionalligist aus Bamberg, der sich am vergangenen Samstag erst in letzter Minute durch das 2:1-Siegtor von Felix Popp gegen den FC Bayern München II noch auf den Relegationsplatz gerettet hatte, dominierte in der zweiten Halbzeit über weite Strecken das Spiel und hatte auch mehrere gute Gelegenheiten. In der ersten Hälfte aber hatte das noch anders ausgesehen: Der VfB Eichstätt ließ bereits in den Anfangsminuten keinen Zweifel an seinen Absichten und wollte mit mutigen Angriffen gleich zeigen, dass man die unerwartete Chance auf den Wiederaufstieg in die Regionalliga nutzen will. Aber auch die Gäste aus Bamberg meldeten sich früh in der Partie an und deuteten in den Folgeminuten an, dass der Abstiegskandidat der Regionalliga spielerisch heute mindestens auf Augenhöhe war.
Drei Topchancen in einer Minute
Gefährlich aber wurden die lilaweiß gekleideten Bamberger in der ersten Halbzeit kaum – umso mehr aber der VfB, ab der 20. Minute: Der links enteilte Nik Leipold bediente an der Strafraumgrenze Timo Weglehner, der aus zwölf Metern freistehend abziehen konnte. Der Schuss des Doppeltorschützen der letzten beiden Spiele aber war halbrechts etwas zu unplatziert, Fabian Dellermann im Gästetor konnte parieren und musste beim Nachschuss von Lucas Schraufstetter nicht mehr eingreifen, der über das Tor ging.
Nur eine Zeigerumdrehung später aber hätte dann spätestens der Führungstreffer für die Grünweißen fallen müssen: als sich erneut Leipold über links fein gegen drei Bamberger durchsetzte, nach innen flankte und Schraufstetter den Ball am Kopf vorbei durchließ für den völlig freistehenden Pascal Schittler. Dem sonst so feinen Techniker aber sprang der Ball etwas vom Fuß und so zielte er bei seinem Schuss aus sieben Metern fast alleine vor Dellermann nur an die Oberkante der Latte – ein Aufschrei ging durch das mit 1.079 Zuschauern endlich wieder einmal bestens gefüllte Liqui-Moly-Stadion (21.) – das Spiel hatte aufgrund des Zuschauerandrangs sogar gut eine Viertelstunde später begonnen.
Der VfB war nun besser im Spiel und hatte in einem intensiver werdenden Spiel weiter die gefährlicheren Aktionen für sich – so auch in der 32. Minute, als mit Lucas Schraufstetter der mit 21 Treffern frisch gekrönte Torschützenkönig der Bayernliga Nord das nächste wichtige Tor für sein Team hätte schießen können: Nach einem langen Freistoß aus dem Mittelkreis von Leo Eberle tankte Schraufstetter sich geschickt gegen seinen Gegenspieler durch und brachte den Fuß noch an den Ball, die Kugel aber nicht mehr am herauseilenden Dellermann vorbei (32.).
Bamberg war in dieser Phase zu passiv und fand kaum Wege, selbst gefährlich zu werden, kam aber allmählich besser in die Partie und erarbeitet sich in einem bis zur Pause nun umkämpften und etwas zerfahrenen Spiel zumindest spielerisch leichte Vorteile. So passierte nicht mehr viel bis zur Halbzeitpause, in der die Eichstätter mit etwas Glück auch 2:0 führen hätten können.
Das Bild änderte sich aber nach dem Wiederanpfiff. Bamberg kam besser aus der Kabine, hatte mehr Ballbesitz, blieb rund um den Strafraum aber anfangs noch zu unpräzise. So dauerte es wie schon in der ersten Hälfte rund 20 Minuten bis zur ersten klaren Tormöglichkeiten: Die hatte Bamberg in der 67. Minute, als FCE-Verteidiger Felux Popp nach einer Ecke von links sich im Luftkampf durchsetzte, seinen Kopfball aber knapp neben den rechten Pfosten platzierte.
„Aufwachen, Leute!“
Bamberg wurde nun immer stärker und hatte schon eine Zeigerumdrehung später die nächste Chance, aber der Schuss von Luca Auer von der Strafraumgrenze ging letztlich doch deutlich über das VfB-Gehäuse (68.). Der VfB tat sich zunehmend schwer. Bamberg hatte die bessere Spielanlage, und die mitgereisten Gästefans peitschten ihre Lilaweißen nach vorne. Das hätte beinahe geholfen, als Christoph Kettler nach einem langen Freistoß Ball aus dem Halbfeld per Kopf abschließen konnte, sein Aufsetzer aus acht Metern ging aber nur gegen den Pfosten.
„Aufwachen, Leute!“, riefen dagegen die Zuschauer den Eichstättern zu. Bamberg dominierte nun das Spiel und nutzte die größer werdenden Räume gegen immer müdere Eichstätter, die immer wieder große Mühe hatten, rund um den Eichstätter Strafraum zu klären. Auch die hohen Bälle der Gäste sorgten nun immer wieder für Gefahr – so wie in der 77. Minute, als Marc Reischmann halbrechts im Strafraum aus dem Gewühl heraus abzog, aber der Ball knapp links am langen Pfosten vorbeiging.
VfB-Trainer Dominic Rühl versuchte, mit Wechseln noch einmal neuen Schwung in die eigenen Offensivbemühungen zu bringen und schickte Ferat Nitaj für den heute glücklosen Pascal Schittler und Elias Herger für Timo Weglehner auf das Feld. Das hätte sich beinahe ausgezahlt: Nach einem Konter trieb Schraufstetter den Ball durch das Mittelfeld, bediente dann per Steilpass in die Schnittstelle und in den Strafraum den einlaufenden Herger, der nach einem Kontakt mit seinem Gegenspieler zu Boden ging. Der Elfmeterpfiff aber blieb – wohl zurecht – aus (85.). In der 86. Minute gab es dann die nächste klare Torchance für die Gäste, als der eingewechselte Luca Auer am Strafraum bedient wurde und mit links abzog. Sein schöner Flachschuss aber strich knapp am rechten Pfosten vorbei.
Bamberg verpasst Entscheidung, Dellermann pariert gegen Schraufstetter
In der 90. Minute dann noch einmal eine letzte Gelegenheit für den VfB: Lamprecht passte aus dem Mittelfeld nach links zu Nitaj, der kurz aufzog und scharf in die Mitte abzog. Seinen Ball konnte Dellermann zwar nicht festhalten, aber der Ball war schnell geklärt. Kurz vor Schluss hätten die Bamberger beinahe doch noch das entscheidende Tor gemacht: In der 91. hatte Luca Leistner die Riesenchance, als er im VfB-Strafraum bedient wurde und völlig freistehend aus sechs Metern den Ball am linken Pfosten vorbeischob. In der 94. dann erneut Gefahr nach einem Bamberger Eckball, doch der scharfe Kopfball der Gäste konnte mit vereinten Kräften der VfB-Abwehr vor der Torlinie geklärt werden.
Dann war Schluss – aber eben noch nicht ganz. Denn es gab auch ein Elfmeterschießen. Das spielt zwar für den Tabellenstand der Relegationstabelle aller drei Mannschaften zunächste keine Rolle, könnte aber im Falle von Punktgleichheit einen Zusatzpunkt und damit auch das Weiterkommen bedeuten. Und hier hatte der FC Eintracht Bamberg dann doch das bessere Ende für sich – in jenem Duell zwischen Schraufstetter und Dellermann. Nachdem die ersten neun Schützen ihre Strafstöße weitgehend souverän verwandelt hatten (0:1 Ljevsic, 1:1 L. Eberle, 1:2 Auer, 2:2 Fries, 2:3 Leistner, 3:3 Herger, 3:4 Schönwiesner, 4:4 Nitaj, 4:5 Schmitt), musste Schraufstetter zum letzten der zehn regulären Elfmeter ran. Und ausgerechnet dem besten Torjäger der gesamten Bayernliga-Nord-Saison verließen die Nerven. Seinen etwas zu unplatzierten Schuss halbrechts konnte Dellermann parieren und seinem Team dadurch den kleinen Vorteil für die Endabrechnung der drei Aufstiegsanwärter sichern.
Relegationstabelle und Würzburger Kickers im Blick
Für den VfB aber ändert das erst einmal nicht allzu viel. Sollten die Eichstätter in ihrem zweiten Match am kommenden Freitag beim TSV Buchbach (19 Uhr) gewinnen, wäre man nicht mehr von einem der beiden vorderen Ränge zu verdrängen und würde aufsteigen. Nur im Fall eines Unentschieden oder einer Niederlage könnte die Niederlage im Elfmeterschießen dann doch nich relevant werden – nämlich, falls nach dem abschließenden Spiel zwischen Bamberg und Buchbach am nächsten Dienstag Punktgleichheit herrschen, hätte Bamberg einen Vorteil gegenüber dem VfB.
Und so konnten beide Trainer nach dem Spiel auch mit der Punkteteilung leben. VfB-Coach Dominic Rühl sprach von einem „gerechten Unentschieden“ nach zwei verschiedenen Halbzeiten, in einem intensiven und hektischen Spiel, wie FCE-Trainer Jan Gerlein ergänzte. Er freut sich über den Sieg im Elfmeterschießen. Der und auch die anderen Ergebnisse dieser Relegation allerdings könnten auch völlig bedeutungslos sein. Sollte nämlich Regionalligameister, der SV Würzburger Kickers, seine Aufstiegsspiele gegen Hannover 96 II gewinnen und in die 3. Liga aufsteigen, dürften sogar alle drei Teams jubeln – über den Verbleib und im Falle des VfB Eichstätt über den sofortigen Wiederaufstieg in die Regionalliga.
Das Spiel in Kürze:
VfB Eichstätt: Böhm – Wolfsteiner, L. Eberle, Zimmermann, Mayer – Leipold, Fries, Schraufstetter, Lamprecht – Schittler (79. Nitaj, Weglehner (70. Herger).
FC Eintracht Bamberg: Dellermann – Linz, Schmitt, Kettler, Popp – Hack (66. Auer), Kollmer (46. Reck), Reischmann (Schönwiesner), Ljevsic – Görtler (61. Lang), Strasser (46. Leistner).
Schiedsrichter: Andreas Hummel
Tore: 0:0 nach regulärer Spielzeit.
Elfmeterschießen: 0:1 Ljevsic, 1:1 L. Eberle, 1:2 Auer, 2:2 Fries, 2:3 Leistner, 3:3 Herger, 3:4 Schönwiesner, 4:4 Nitaj, 4:5 Schmitt, Dellermann hält gegen Schraufstetter.
Gelbe Karten: VfB: L. Eberle, Schraufstetter. FCE: Kollmer, Popp, Reck.
Zuschauer: 1.079