Eichstätt. – Lernen unter freiem Himmel – das wünscht sich schon Generationen von Schülern und Studenten besonders bei heißen Temperaturen. An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) wird dieser Wunsch nun wahr: Der Outdoor-Campus der KU rund um die Eichstätter Zentralbibliothek bietet den Rahmen für ein Studium unter freiem Himmel – allerdings auch mit „stringenter“ Didaktik und innovativen Formate für Lehrveranstaltungen“, wie die KU betont. Denn das Ganze soll nicht angenehm sein, sondern auch ganzheitlich und sensorisch – und damit auch effektiv.
Das Areal in unmittelbarer Nähe zur Altmühl und dem Hofgarten lädt seit jeher zum Verweilen und zum Austausch ein. Kurzerhand wird so manche Lehrveranstaltung da auch einmal ins Freie verlegt. „Doch Lernformen, die für geschlossene Räume konzipiert sind, lassen sich nicht ohne weiteres nach Draußen übertragen. Allein schon die veränderte Akustik verlangt eigene Aufgabenformate“, erläutert Prof. Dr. Heiner Böttger, Englischdidaktiker an der KU.
Deshalb würden etwa auch Atrien oder andere grüne Areale in Schulen häufig nicht durchgehend für den Unterricht genutzt. Vor diesem Hintergrund hat Böttger in den vergangenen Monaten mit weiteren Mitstreitern für die universitäre Lehre beispielhafte Formate und Konzepte entwickelt, unterstützt vom „Facility Management“, das sich um die Gebäude und Technik der KU kümmert, und dem Rechenzentrum der KU. Für die Implementierung sei es dabei auch wichtig gewesen, vorab „Evidenzen für die Wirksamkeit von Lehrveranstaltungen unter freiem Himmel“ zusammenzutragen – sprich: Das Studium unter freiem Himmel soll nicht nur angenehm sein, sondern es soll natürlich auch etwas bringen.
„Sensorisches Lernen“ und Ganzheitlichkeit
Grundlage dafür waren unter anderem auch wissenschaftliche Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften. „Sensorisches Lernen steht in engem Zusammenhang mit dem Prinzip der Ganzheitlichkeit. Unter bestimmten Umständen können sensorische Ablenkungen in der offenen Umgebung von Außenbereichen – das Rauschen der Blätter, die Wärme der Sonne – zusätzlich produktiv sein“, erklärt Böttger. „Selektives Hören und Sehen sichern, trotz vieler Ablenkungsmöglichkeiten, in einer Outdoor-Didaktik die vertiefte Aufnahme, Verarbeitung und Memorierung von Inhalten“. Hinzu komme, dass sich der Outdoor-Campus auch als Gegenmodell zum stundenlangen Sitzen in Lehrveranstaltungen verstehe. Nachgewiesenermaßen ließen sich Informationen im Gehen gut verarbeiten und langfristig speichern, die informelle Umgebung fördere kreative Prozesse und die Motivation.
„Walk’nTalk-Trail“ und „Lehrsaal“ unter den Bäumen
Dazu lädt auf dem Outdoor-Campus unter anderem der „Walk’nTalk-Trail“ als Rundkurs um die Zentralbibliothek ein. Dieser kann zum Beispiel für Formen der Partnerarbeit genutzt werden – von einem Brainstorming über diskursive Formate bis hin etwa zur gegenseitigen Verbesserung der Aussprache. Überlappend mit dieser Strecke findet sich parallel zur Altmühl der „Riverside Taskway“. Dort können Lerninhalte durch die Aufteilung in spezielle Einzelaufgaben beziehungsweise Lernstationen zerlegt und klar strukturiert werden. QR-Codes an den Stationen lassen sich mit veränderbaren und angepassten Aufgabenformaten hinterlegen und ermöglichen so die Nutzung digitaler Endgeräte. Grundlage dafür ist eine WLAN-Ausstattung, die für den Outdoor-Campus im Außenbereich eigens installiert wurde. Der Bereich „Under the Trees“ – der sich wie der englische Name schon sagt „unter den Bäumen“ befindet – wiederum bietet mit flexiblen Sitzgelegenheiten die Möglichkeit, verschiedene Gruppengrößen zu bilden, um Inhalte gemeinsam zu besprechen.
Auch wenn das Konzept in der Sprachdidaktik entstanden ist, wollen die Verantwortlichen ganz bewusst Anknüpfungspunkte für andere Disziplinen bieten. Auf der Homepage des Outdoor-Campus, die per QR-Code auch über eine Schautafel an der Zentralbibliothek abrufbar ist, finden sich deshalb beispielhafte Aufgabenformate als Anregung für Dozenten. Bei der feierlichen Eröffnung des neuen Areals betonte KU-Präsidentin Gabriele Gien, dass vom Outdoor-Campus „neue Impulse für alle Fächer der KU ausgehen werden“.
Den Charakter eines Angebotes für die gesamte Universität unterstreicht auch die Tatsache, dass der Outdoor-Campus nach der Pilotphase im laufenden Sommersemester dem Zentrum für Lehrerinnen- und Lehrerbildung (ZLB) als zentraler wissenschaftlichen Einrichtung der KU zugeordnet sein wird. Dieses eröffnete erst vor kurzem selbst neue Räumlichkeiten, die von der rein digitalen Lehrveranstaltung bis zum klassischen Seminar alle Möglichkeiten bieten. Grundsätzlich sei es der KU ein Anliegen, die Lehre strategisch weiterzuentwickeln, heißt es. Ziel dabei sei unter anderem eine Digitalisierung der Hochschullehre, die nicht bloßer Selbstzweck sei, sondern innovative Formate mit dem Charakter einer lebendigen Campus-Universität verbinde. „Vor diesem Hintergrund passt das Konzept des Outdoor-Campus hervorragend in unser Bestreben, innovative Lehre voranzutreiben“, sagt Klaus Meier als Vizepräsident der KU für Studium und Lehre.