Eichstätt. – Der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt offenbar auch in der Region weiter voran und hat im vergangenen Jahr massiv an Fahrt aufgenommen – und zwar möglicherweise auf Rekordniveau, wie eine aktuelle Mitteilung eines Energieversorgers und eines der Netzbetreiber in der Region belegt. Wie die die N-ergie Netz GmbH mtteilt, habe man im vergangenen Jahr „so viel Leistung aus erneuerbaren Energien an das eigene Stromnetz angeschlossen wie noch nie zuvor“: Nach vorläufigen Zahlen gingen 2022 demnach rund 6.000 Anlagen mit einer Leistung von etwa 300 Megawatt (MW) in Betrieb – allerdings auch mit entsprechenden Herausforderungen für die Netzbetreiber.
Die installierte Leistung der inzwischen 70.000 EEG-Anlagen im Netzgebiet steige damit auf über 3.000 MW – das entspricht in etwa der Leistung von zwei Kernkraftwerken. Zum Vergleich: Das Kernkraftwerk Isar 2 hat eine LNennleistung von 1.450 MW. Die maximal benötigte Leistung aller privaten Haushalte und Unternehmen im Versorgungsgebiet der N-ergie Netz GmbH werde damit durch erneuerbare Energien bereits um knapp das Dreifache übertroffen (Höchstlast: ca. 1.250 MW). Ins Gewicht fallen dabei in erster Linie die in großer Zahl neu errichteten Solarparks.
Energiewende erfordert deutlichen Ausbau des Verteilnetzes
Der dynamische Zubau von erneuerbaren Energien, die beinahe alle an das Stromverteilnetz angeschlossen würden, bedeute für die regionalen Betreiber eine sehr große Herausforderung, wie N-ergie mitteilt. Um die stetig steigenden Mengen regenerativ erzeugten Stroms aufnehmen zu können, müssten zum Beispiel alte Trassen reaktiviert, bestehende Leitungen verstärkt und neue Umspannwerke gebaut werden – und das in immer größerem Umfang.
Die N-ergie Netz verstärke ihr Stromnetz deshalb laufend und habe für die nächsten Jahre bereits zahlreiche weitere Maßnahmen projektiert. Die Investitionen in das Niederspannungs-, Mittelspannungs- und Hochspannungsnetz stiegen daher stetig an: Allein in Maßnahmen, die explizit dazu dienen die Aufnahmekapazität für Strom aus erneuerbaren Energien zu erhöhen, hat das Unternehmen nach eigenen Angaben 2022 über 20 Millionen Euro und damit so viel wie nie zuvor investiert.
Abregelungen nehmen zu
Dennoch entstünden aufgrund des „immensen Zubaus von Erneuerbaren zunehmend Netzengpässe“, heißt es. Die N-ergie Netz GmbH habe daher 2022 verstärkt in den Betrieb von Anlagen eingreifen müssen, um das Stromnetz stabil zu halten und eine Überlastung zu verhindern. Während der Erzeugungsspitzen wurden rund zwei Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen abgeregelt.
Die Versorgungssicherheit im Netzgebiet liege aber trotz wachsender Herausforderungen für den Betrieb weiterhin auf einem sehr hohen Niveau: Während die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung je angeschlossenem Letztverbraucher in Deutschland 2021 bei 12,7 Minuten lag, betrug die rechnerische Ausfallzeit je Verbraucher im eigenen Netzgebiet lediglich bei 6,2 Minuten.
Zubau geht unvermindert weiter
Trotz enormer Anstrengungen und Investitionen sei bei dem Netzbetreiber daher deutlich absehbar, dass Engpässe im Netz in den kommenden Jahren und damit die Abregelungen von erneuerbaren Energien zunehmen würden. Aktuell lägen Anfragen zum Anschluss weiterer erneuerbarer Anlagen im Volumen von 2.100 MW vor. Die Dimension zeige, dass die erneuerbaren Energien wesentlich schneller ausgebaut würden, als der Netzausbau dem folgen könne. Denn während etwa ein Solarpark in rund zwei Jahren realisiert werden kann, dauert es nach Angaben des Unternehmens von Planung über Genehmigung bis zum Bau einer neuen Hochspannungsleitung mindestens sieben Jahre. Diese unterschiedlichen Ausbaugeschwindigkeiten machten es verbunden mit extremen Kostensteigerungen beim Material und einem verschärften Fachkräftemangel notwendig, die Maßnahmen beim Netzausbau intelligent aufeinander abzustimmen.
Koordination von erneuerbaren Energien und Netz „entscheidend“
Damit möglichst viel des regenerativ erzeugten Stroms genutzt werden kann, sind aus Sicht der N-ergie Netz GmbH künftig zwei Dinge entscheidend: „Auf der einen Seite muss die Energiewende stärker koordiniert werden als bisher. Erneuerbare müssen in einem sinnvollen Verhältnis von Photovoltaik und Windkraft und synchron mit dem Netz ausgebaut werden“, so eine Forderung des Unternehmens. „Neue Anlagen sollten also bevorzugt dort errichtet werden, wo heute oder in naher Zukunft auch die maximale Einspeisung in das Stromnetz möglich ist.“ Auf der anderen Seite brauche es neben dem Netzausbau zusätzliche Flexibilitäten: Um die in der Region typische „Mittagsspitze“ in der Erzeugung abzufedern und zu nutzen, sind unter anderem netzdienliche Stromspeicher und die Integration von Elektrolyseuren besonders wichtig.
Stromnetz umfasst 28.000 Kilometer
Das Stromnetz der der der N-ergie Netz GmbH umfasst Hoch-, Mittel- und Niederspannungsleitungen und ist rund 28.000 Kilometer lang. Es erstreckt sich vom Würzburger Umland im Norden bis Eichstätt im Süden, sowie von Weikersheim im Westen bis nach Sulzbach-Rosenberg im Osten.