Eichstätt. – Wenn der Eichstätter „Hofstaat“ ruft, dann sind es heutzutage nicht mehr die Fürstbischöfe und ihr Gefolge, die einladen, sondern die Eichstätter „Royals“ – und die Untertanen und Faschingsfans kommen gerne und zum Teil von weit her, um die Tradition zu pflegen. Immer mehr mit Fliege übrigens, wie gestern Abend beim Hofball der Eichstätter Faschingsgesellschaft (FGE) zu beobachten war, wo die Krawattenträger inmitten all der Flut an Fliegen und eleganten Ballkleidern schon beinahe Minderwertigkeitskomplexe bekommen konnten – aber auch nur beinahe, denn echte Narren sind ja tolerant. Es war in jedem Fall ein launiges Faschingsfest – natürlich mit viel Tanz, der bunten Show der FGE und der Denkendorfer Garde und vor allem auch vielen Lachern zur launigen Rede des Prinzenpaars. Der Hofball war ein gelungenes „Bergfest“ – mit Blick in die Vergangenheit und die Zukunft der FGE.
Willkommen „im Zuhause“ der FGE – und „zum Bergfest“, hieß es zur Begrüßung von FGE-Präsident Giulio Frey und Hofmarschall Josef „Böp“ Rudingsdorfer nach dem kräftig durch den Fanfarenzug intonierten Einmarsch des närrischen Hoftstaats – zu ihrer ganz persönlichen Ballnacht. Die Nervosität ist nach inzwischen allerhand Auftritten nach der dreijährigen Faschingspause längst dem Spaß am Auftritt gewichen, der für das gesamte Team so lange nicht möglich war. Inzwischen ist Prinzessin Annika I., Prinz Alexander II. und der größtenteils neu formierten Garde nur noch der Spaß an ihrer Show anzusehen, für die sie ja über viele Monate intensiv trainiert hatten – besonders im eigenen Wohnzimmer und beim Heimspiel: dem Hofball.
Nur einmal grüner Ausreißer beim Elferrat
Und es war eben auch noch „Bergfest“: Der diesjährige Fasching, der mit dem Eröffnungsball am 7. Januar begonnen hatte, ist bereits zur Hälfte um. „Wer da bisher noch hinterherhinke, der habe ja in der zweiten Hälfte und der heißen Phase des Faschings noch allerhand Gelegenheit, so Rudingsdorfer. Gestern jedenfalls war erneut ausverkauftes Haus – oder besser gesagt ausverkaufter „Saal der 1.000 Lichter“. Der Eichstätter Hoftstaat unterhielt seine Gäste nicht nur mit seiner Tanzhow, sondern auch mit allerhand Witz und Spaß und besonders in der humorvollen Prinzenpaarrede, in der die beiden Regenten einen Blick in Geschichte und Zukunft des Eichstätter Faschings warfen. In Sachen Klamotten habe sich seit damals, seit den wilden 50ern und der Roackabilly-Zeit, in der auch die Ursprünge des Eichstätter Faschings lagen, manches geändert. Vor Jahren noch habe man sich schon alsverkleidet gefühlt, wenn man eine 70er-Jahre-Krawatte um den Hals gehabt habe – also die heutige Dienstlkleidung der Sparkasse, so Ihre Lieblichkeit und Seine Tollität.
Nur der Elferrat habe schon immer Rot getragen – außer einmal, bei einem grünen Ausreißer. Aber es sei ja klar, dass sich Grün in Eichstätt nicht auf Dauer durchsetze. Da wurde auch und besonders auf den vorderen Plätzen im Wahljahr im Freistaat kräftig gelacht, wo unter anderem die CSU-Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel im oder OB Josef Grienberg saßen.
Der Stölzl und die „Kammer des Versteckens“
Das seit Jahren geplante Eichstätter Stadtmuseum brauche auf jeden Fall eine Faschingsabteilung und sei am besten beim Stölzl aufgehoben, jenem legendären Laden, der nun leider geschlossen habe, unter dem es aber ganz sicher drei Untergeschosse, ein Verlies und eine nie benutzte U-Bahnstation gebe. Das Ganze eigne sich mit den unendlichen Regalwänden und Staufächern übrigens auch sehr gut als Drehort: zum Beispiel für die Verfilmung des nächsten Teils der beliebten Kinderbuchreihe der Eichstätter Autorin Margit Auer: „Die Schule der Magischen Tiere und das Geheimnis der 1.000 Schubladen“. Aber auch für „Harry Potter und die Kammer des Versteckens“ oder den Fantasy-Dreiteiler „Der Herr der Dichtungsringe“.
Aber der letzte große Filmdreh in Eichstätt habe ja leider schon in den 60er-Jahren stattgefunden. Wer damals in Eichstätt auch nur an das Wort „Kirchenaustritt“ gedacht habe, „war so gut wie in der Hölle“. Heute eigne sich der Bischof vielleicht nicht mehr so als Werbefigur. Dann vielleicht das Gegenteil: den Sellinger? Nein, lieber auch nicht, stellte das Prinzenpaar fest. Für die Faschingsabteilung des Stadtmuseums jedenfalls gebe es genügend Exponate – zum Beispiel den legendären weißen Smoking von Ehrenpräsident Charly Dengler, der es sich nach einer Operation nicht nehmen ließ, den Ball gestern Abend auch mit Krücken zu besuchen. Und er war recht angetan vom neuen Showprogramm, wie er gegenüber Ei-live sagte.
Aber als moderne Faschingsgesellschaft müsse man natürlich auch mit der Zeit gehen und in die Zukunft blicken. Das Prinzenpaar brauche da für die sozialen Medien ein zeitgemäßen Hashtag – vielleicht „Oaktown Royals“. Und aus dem Schlossleutnant Krach als digitale Gallionsfigur werde dann im modernen Internet-Englisch einfach der „Castle Commander Noise“, der gemeinsam mit den „Old Mill Rebels“, also den Altmühlrebellen, im Fasching sein Unwesen treibe. „FGE for Future“ werde aber wohl darauf verzichten, sich irgendwo festzukleben. Dafür könne man die beiden Eichhörnchen „Tsching-Bum“ und „Trara“ als Maskottchen nutzen, die sicher auch auf dem chinesischen Markt gut ankämen – womit wir auch schon beim Schlachtruf der FGE wären, der natürlich auch vom gut gelaunten Publikum ebenso kräftig mitgeschmettert wurde, wie anschließend die Tanzfläche genutzt, die Fotowand für Erinnerungsfotos belegt und die Bar belagert wurde.
29 Jahre Fanfarenzug und zahlreiche weitere Ehrungen
Der Hofball gehört traditionell all denen, die sich dem Eichstätter Fasching verbunden fühlen – oder genau das selbst, wenn sie wollten, in keinster Weise leugnen könnten – so hatten es auch Frey und Rudingsdorfer betont. Wer wie Michael Liebold etwa 29 Jahre oder Arno Amler 24 Jahre seines dennoch noch jungen Lebens dem Eichstätter Fanfarenzug gewidmet, und Jahr für Jahr geprobt, neue Mitglieder hat kommen und gehen sehen, und unzählige Stunden für die Sache, seine Mitstreiter an Fanfare oder Landknechtstrommel und letztlich dem Faschingstreiben gewidmet hat, der wollte und will es einerseits nicht anders. Andererseits hat er auch enorm viele Opfer gebracht und sich entsprechend auch verdient gemacht – und einen Orden verdient.
Daneben wurde noch eine ganze Reihe anderer engagierter Macher hinter dem Eichstätter Fasching mit dem neuen Orden der FGE ausgezeichnet: mehrere Elferräte etwa oder der ehemalige FGE-Präsident Benjamin Nikol zum Beispiel, der sich in vielfältiger Weise engagiert habe und als Trainer für den Prinzenwalzer bis heute engagiere, so Hofmarschall Josef „Böp“ Rudingsdorfer. Auch Klaus Dorsch und Andreas Würzburger, die kurzfristig einen digitalen Kartenvertrieb aufgebaut hatten, nachdem die Vorverkaufshotline zusammengebrochen war, aber auch Technikteam und Kostümkreative.
Nach ausgiebigen Tanzrunden zeigte dann gegen Mitternacht auch die Garde des Faschingskomittees Denkendorf, was sie kann – und dass sie nach den drei Jahren Zwangspause ebenso viel Lust auf die zweite, besonders intensive Faschingshälfte hat. Manch einer nutzte die Chance, zu später Stunde noch einmal die traditionelle Weißwurstbrotzeit zur weiteren Stärkung zu sich zu nehmen. So stabilisiert konnte dann wieder getanzt oder bis spät bei DJ-Musik im Barbereich weitergefeiert werden. Viele hielten sich als an die „2G-Regel“, die es im Fasching schon lange vor Corona gegeben habe, so das Prinzenpaar: „Ich geh hoam, oder ich geh ned hoam“. Die meisten Ballbesucher folgten der Empfehlung der Eichstätter „Royals“ und gingen erst einmal „ned hoam“.
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