Beilngries/Hirschberg. – Sind multiprofessionelle Teams in Kindertageseinrichtungen sinnvoll oder sogar ein Gewinn? Mit dieser Frage haben sich 110 Leiterinnen und Leiter von katholischen Kitas im Bistum Eichstätt bei einer Tagung im Bildungshaus Schloss Hirschberg auseinandergesetzt. Das zuständige Caritasreferat hatte dazu als Referentin Anna Berndl eingeladen. Sie ist Fachberaterin für Kitas und Bildung beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayern Bezirksverband Oberbayern. Zuvor hatte sie sich als Referentin im Verband katholischer Kindertageseinrichtungen Bayern intensiv mit der Problematik beschäftigt. „Es ist ein Thema, das polarisiert“, sagte Berndl gleich zu Beginn ihres Vortrages und erklärte, multiprofessionelle Teams in Kitas würden zum Teil mit Skepsis betrachtet, weil damit eine Abwertung des Berufes des Erziehers befürchtet werde.
Eine spontane Handy-Umfrage bei der Veranstaltung erbrachte hingegen überwiegend Zustimmung zur Einführung multiprofessioneller Teams. Zwar wurden auch hier „Stress“, „Konkurrenz und „Spannungen“ als Begriffe genannt, doch häufiger erschienen „Bereicherung“, „viel Fachkompetenz“, „Offenheit“ und „Vielfalt“. Viele können sich demnach vorstellen, in Zukunft in Kitas verstärkt mit Menschen aus anderen Berufen des Sozialsektors wie Heilerziehungspflegern oder auch Quereinsteigern aus anderen Bereichen, etwa aus dem Handwerk, zusammenzuarbeiten. Dies sei zum einen aufgrund des Fachkräftemangels nötig, erweitere zum anderen aber auch die fachliche Perspektive, hieß es.
„So wie bisher geht es nicht weiter“
„So wie bisher geht es nicht weiter“, sagte Anna Berndl. Voraussetzung für den Aufbau professioneller Teams ist nach ihren Worten vor allem eine große Offenheit der Leitung für diese Lösung. Diese müsse wiederum bei ihren pädagogischen Mitarbeitenden für Aufgeschlossenheit gegenüber „Diversität und Teampluralität im Sinne einer Chance für die Kinder“ werben. Aus ihrer eigenen bisherigen Erfahrung mit solchen Teams berichtete die Referentin, diese seien auch nicht überall gut gelaufen, hätten aber dort funktioniert, wo die Leitung sagte „Ich will, dass das klappt“.
Wenn eine Leitung schon sehr viele „Baustellen“ in ihrem Team hat, so Berndl, sei es freilich nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt, um ein multiprofessionelles Team aufzubauen. Denn hierfür seien natürlich gerade am Anfang mehr zeitliche Ressourcen nötig, um die Quereinsteiger „passgenau einzuarbeiten“ und bei ihnen Lücken im Wissen zu füllen. Auch sollten die neuen Mitarbeitenden durch Mentoren und Praxisanleitung unterstützt werden. Eine weitere Voraussetzung für einen Erfolg sei freilich, dass Mitarbeiter aus anderen Berufen eine pädagogische Eignung mitbrächten.
„Wir machen hier das falsche Tor auf“
Die Möglichkeiten für einen beruflichen Quereinstieg in eine Kindertageseinrichtung in Bayern sind vielfältig und im Gesamtkonzept für die berufliche Weiterbildung des Sozialministeriums geregelt. In einer längeren Diskussion unter den anwesenden Kita-Leitungspersonen offenbarte sich die Polarisierung hinsichtlich des Themas. „Wir machen hier das falsche Tor auf“, meinte eine Leiterin und warb dafür, alle Kräfte dafür zu verwenden, um mehr Erzieher zu gewinnen. Eine Kollegin meinte hingegen, sie sei es früher im Bereich der Heilerziehungspflege bereits gewohnt gewesen, in multiprofessionellen Teams zu arbeiten. „Diese Offenheit muss auch bei uns jetzt mit der Muttermilch aufgesogen werden. Sonst kommen wir bei der Bekämpfung des Personalmangels nicht weiter.“
Initiativen zur Vernetzung von Kindertageseinrichtung und Pfarrei
Bei der Tagung informierte auch Katharina Gerstner, Referentin für KiTa-Pastoral bei der Diözese Eichstätt, über Weiterentwicklungen in ihrem Bereich. Ihr Ziel ist es, „Vernetzung, Unterstützung und Entlastung“ zu fördern, indem sie die Verbindung von katholischen Kitas zu den Ansprechpersonen in den Pfarreien stärken will. Ansprechpersonen sind zum Beispiel Pfarrer oder Gemeindereferenten. Sie teilte mit, dass zwei Drittel dieser Ansprechpersonen letztes Jahr an einer Schulung teilgenommen hätten, um das System Kita besser kennenzulernen. Die konkrete praktische Zusammenarbeit vor Ort könne so vielfältig sein wie die Pfarreien selbst, so Gerstner.
Das Referat Kindertageseinrichtungen des Caritasverbandes Eichstätt rundete die Konferenz mit aktuellen Informationen zu verschiedenen Projekten für die Praxis ab. Unter anderem wurde ein „Demokratiekoffer“ des Verbandes katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) vorgestellt. Mit dem Koffer können den Kindern Themen wir Kinderrechte, Partizipation oder „Vielfalt gestalten“ nähergebracht werden.