Eichstätt. – Der Synodale Weg sei zwar notwendig, reicht aber nach Auffassung des Eichstätter Diözesanratsvorsitzenden Christian Gärtner nicht aus, um den christlichen Glauben wiederzubeleben. In seiner Ansprache beim Neujahrsempfang des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Eichstätt ging Gärtner auf die Forderungen des synodalen Weges ein, dass die Macht in der Kirche breiter verteilt werden müsse. Es müsse kontrolliert werden, wie ein Priestertum ohne Klerikalismus realisiert werden könne, und wie Frauen daran beteiligt werden könnten. Auch Sparzwang und der Missbrauchsskandal waren Themen – aber auch Hoffnung durch eine resiliente freiheitlich-demokratische Gesellschaft in Krisenzeiten.
„Um den notwendigen Wandel unter den Bedingungen zurückgehender finanzieller und personeller Ressourcen so zu gestalten, dass er nicht zu einem Totalabbruch kirchlicher Strukturen und zu einer Selbstverzwergung der Kirche führt, braucht es eine viel breitere Partizipation all der Menschen, die – noch oder dennoch – ihre Zeit, ihr Wissen und ihr Herz ehrenamtlich für unsere Kirche einsetzen. Dafür stehen wir auch als Diözesanrat ein“, so Gärtner. Auch der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals spricht Gärtner eine Schlüsselrolle zu, um auf den Weg des Evangeliums zurückzufinden. Es benötige vollkommene Ehrlichkeit und Transparenz.
Hanke: Menschen suchen nach Sinn des Leben
Bischof Gregor Maria Hanke ging in seinem Grußwort ebenfalls auf die Krise und den Vertrauensverlust der Kirche ein, der besonders aufgrund des sexuellen Missbrauchs entstanden sei. Kirche unternehme seit mehreren Jahren entschiedene Schritte der Veränderung, betonte der Eichstätter Bischof. Präventionskonzepte, Schulungen, strenge Richtlinien, ein Meldewesen über externe Fachleute oder eine extern besetzte Aufarbeitungskommission gehörten dazu. „Dem Ruf nach einem stärkeren Monitoring durch den Staat stehe ich als Bischof offen gegenüber. Dazu muss nur einiges geklärt werden. Beispielsweise kennt das zivile staatliche Recht die Verjährung des sexuellen Missbrauchs, die Kirche, das Kirchenrecht aber nicht.“
Um jedoch wieder Hoffnungsquelle für die Menschen zu werden, müsse Kirche viel tiefer graben. Dabei dürfe es nicht um das Ansehen der Kirche oder ihren gesellschaftlichen Einfluss gehen, sondern die Botschaft des Evangeliums müsse im Mittelpunkt stehen. „Zu allen Zeiten suchen die Menschen nach dem Sinn des Lebens, sie sehnen sich danach, geliebt zu werden, sie warten auf Wegbegleitung und suchen Antworten nach der Bedeutung von Leid und Krankheiten, nach Gerechtigkeit, sie fragen, ob dieses Leben alles ist oder ob der Mensch über seinen Tod hinaus eine Zukunft erhoffen darf.“ Kirchliche Strukturen und ihre Verantwortungsträger würden diesen Hunger nicht stillen, sondern in erster Linie Jesus Christus.
Gärtner: Nicht in nationale Egoismen zurückfallen
Christian Gärtner, Diözesanratsvorsitzender, sprach vor den geladenen Gästen aus Kirche und Gesellschaft im Spiegelsaal der ehemaligen fürstbischöflichen Residenz in Eichstätt nicht nur über die Krise der katholischen Kirche, sondern blickte auch auf die gesamtgesellschaftlichen Krisen der vergangenen Jahre: Virus-Pandemie, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Klimakrise. Sie zeigten, wie privilegiert man in Deutschland selbst unter den Bedingungen dieser großen Krisen noch lebe. „Unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft hat sich allen diesen Herausforderungen gegenüber bis jetzt als erstaunlich resilient und stabil erwiesen.“
Sildarität statt Angst
Gleichzeitig habe er die Hoffnung, dass diese Situation den Menschen zeige, dass ein Leben in Frieden, Freiheit und Sicherheit nicht selbstverständlich sei, sondern den Einsatz der ganzen Gesellschaft benötige. „Deshalb sollten wir uns als eine solidarische Menschheitsfamilie verstehen, in der wir aufeinander angewiesen sind, und nicht in nationale Egoismen zurückfallen, die wir zumindest in Europa schon als überwunden geglaubt hatten.“ Gärtner warnte zugleich vor den „zentrifugalen Tendenzen“, die versuchten, von den Ängsten im Angesicht der Krisen zu profitieren. Diesen Kräften sollten Christen eine Botschaft der Solidarität und Zuversicht entgegensetzen, auch wenn es für die existentiellen Herausforderungen keine einfachen Lösungen gäbe.
Es gehe nur miteinander, auch wenn dabei Fehler gemacht würden, betont Gärtner. Im kommenden Jahr wolle der Diözesanrat daher am Konzept der Synodalität arbeiten. „Wir wollen damit unseren Beitrag dazu leisten, die nötige Glaubwürdigkeit wieder zu gewinnen, mit der wir unserem eigentlichen Auftrag gerecht werden können: als Gemeinschaft der Glaubenden die frohe Botschaft von der Liebe Gottes und den Auftrag, jeden Nächsten zu lieben, beispielhaft vorzuleben, um so zu bezeugen, wie wir Menschen in Frieden miteinander und mit der Schöpfung leben können.“ Auch mit dem Thema Klimaschutz werde sich der Diözesanrat in diesem Jahr stärker befassen. Zudem blickte Gärtner auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag, der in diesem Jahr vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg stattfindet, bei dem auch das Bistum vertreten sein wird und zu dem er die Gäste einlud.
Ökumenischer Gottesdienst als Auftakt
Ein Zeichen für die Ökumene hatte unmittelbar vor dem Empfang ein gemeinsamer ökumenischer Gottesdienst in der Schutzengelkirche gesetzt. Er fand im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen statt. Neben Bischof Hanke standen ihm der Regionalbischof des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Regensburg, Klaus Stiegler, und Metropolit Serafim Joantă als Vertreter der rumänisch-orthodoxen Kirche vor. Stiegler nahm in seiner Predigt besonders die Einheit der Christen in den Blick: „Ohne uns ist die Ökumene nicht möglich. Wir müssen ausloten, was jetzt schon möglich ist.“ Die Gebetswoche steht unter dem Motto „Tut Gutes! Sucht das Recht!“