Ingolstadt – „Große Herausforderungen begleiteten den überregionalen wie auch den regionalen Arbeitsmarkt während des gesamten Jahres 2022“, so fasst Johannes Kolb, Leiter der Agentur für Arbeit Ingolstadt, die Entwicklung des zu Ende gegangenen Jahres zusammen. Die Folgen der Corona-Pandemie und des Ukrainekonfliktes, die Arbeitskräfteengpässe, die Transformationsprozesse in der Industrie sowie eine zunehmende Knappheit von Bauteilen und Rohstoffen hätten in erster Linie volkswirtschaftlich, aber auch am Arbeitsmarkt ihre Spuren hinterlassen. Dennoch zeigten sich am Arbeitsmarkt weiter positive Signale, so die Bilanz zum Jahreswechsel.
Trotz all der Krisen „zeigte sich bereits in der jüngeren Vergangenheit, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr unbedingt parallel verlaufen. Der Arbeitsmarkt zeigt sich robust und krisenresistent. Ursächlich hierfür sind in erster Linie arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, die helfen, Beschäftigung auch in schwierigen Zeiten zu erhalten“, bilanziert Kolb. Inwieweit sich der aktuelle Verlauf fortsetzt, wird nach Einschätzung des Agenturchefs entscheidend davon abhängen, ob eine Stabilisierung oder gar Verbesserung der bestehenden schwierigen Rahmenbedingungen gelingt. Hier der Arbeitsmarktbericht der Agentur für Arbeit Ingolstadt im Detail:
Beschäftigung
Nach vielen Jahren des Anstiegs sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in der gesamten Region war in den Coronajahren 2020 und 2021 erstmalig ein leichter Rückgang zu vermelden. Dieser Trend hat sich nun wieder zum Positiven gewendet: 225.473 Personen und damit knapp 1.700 mehr als ein Jahr zuvor, waren zum Stichtag 30. Juni 2022 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Diese Entwicklung stellt sich für die einzelnen Branchen unterschiedlich dar. Während die Metall- und Elektroindustrie, das Verarbeitende Gewerbe und der Handel Personal abbauten, nahm die Beschäftigung im Dienstleistungssektor, insbesondere im Bereich Information und Kommunikation, der öffentlichen Verwaltung, im Gastgewerbe sowie bei Erziehung und Unterricht zum Teil merklich zu.
Nur 2,3 Prozent Arbeitslosigkeit
Zum Ende des Jahres 2021 waren in der Region 10 insgesamt 6.059 Personen arbeitslos gemeldet. Begünstigt durch den ab Februar 2022 stufenweise greifenden Öffnungsplan der Bundesregierung nahm die wirtschaftliche Entwicklung wieder Fahrt auf. Die Arbeitslosigkeit sank bis Mai stetig auf 5.810 Betroffene. Die aufgrund des Ukrainekrieges ausgelöste Flüchtlingswelle führte dann insbesondere in den Monaten Juni bis September zu einer deutlichen Trendwende. Zum Ende des dritten Quartals waren im Stadtgebiet Ingolstadt und in den Landkreisen Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen insgesamt 7.482 Menschen arbeitslos gemeldet. Mit der einsetzenden Herbstbelebung reduzierte sich diese Zahl bis Jahresende wieder auf aktuell 6.988. Jahresdurchschnittlich waren damit 6.713 von Arbeitslosigkeit Betroffene gemeldet (2021: 7.475). Zum Vergleich: Im Jahr 2019, also vor Beginn der Pandemie, lag dieser Wert bei 5.743.
Im Schnitt pendelte sich die Arbeitslosenquote 2022 bei 2,3 Prozent ein, 0,3 Punkteweniger als vor Jahresfrist. Mit Blick auf die beiden Rechtskreise Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung ist festzuhalten, dass die Jobcenter in der Region im zurückliegenden Jahr – in erster Linie bedingt durch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine – einen spürbaren Zuwachs an Arbeitslosen gegenüber 2021 hatten. Während in der Grundsicherung im Durchschnitt des vergangenen Jahres 3.188 Personen arbeitslos gemeldet waren (2021: 2.808), waren es im Bereich der Arbeitslosenversicherung 3.525 (2021: 4.668).
Entwicklung offener Stellen
Insbesondere die demografische Entwicklung ist ursächlich für den zunehmend schwerer zu deckenden Kräfte- und Fachkräftebedarf. Zwar wurden den Vermittlungsfachkräften der Agenturen in Ingolstadt, Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen 2022 „nur“ 7.731 vakante Arbeitsplätze und damit 304 weniger als noch 2021 zur Besetzung gemeldet, dennoch waren jahresdurchschnittlich 4.501 Beschäftigungsmöglichkeiten unbesetzt (2021: 3.583).
„Für unseren Arbeitsmarkt stellt diese Entwicklung eine sehr große Herausforderung dar. Ausbildung, Qualifizierung Beschäftigter und Migration von Arbeitskräften auf Basis des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sind Ansatzpunkte für ein Entgegenwirken“, erklärt Johannes Kolb.
Entwicklung am Ausbildungsmarkt
Im zurückliegenden Ausbildungsjahr 2021/2022 meldeten die Betriebe aus der Region für den Ausbildungsbeginn im September insgesamt 3.720 Berufsausbildungsplätze (2020/2021: 3.766). 3.219 Ausbildungsverträge (Vorjahr: 3.177) wurden neu abgeschlossen. Die gemeldeten Bewerber um eine Lehrstelle nahmen erfreulicherweise leicht zu. 2.624 und damit 54 mehr als ein Jahr zuvor wurden von der Agentur für Arbeit Ingolstadt auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle unterstützt: „Dennoch werden wir künftig wesentlich mehr junge Menschen benötigen, die sich für eine betriebliche Ausbildung interessieren, um bestehenden oder absehbare Nachwuchsproblemen entgegenzuwirken. Hierfür zu werben, Rahmenbedingungen zu verbessern und noch mehr Akzeptanz für Ausbildung zu schaffen, ist eine unserer zentralen Aufgaben für die kommenden Jahre“, erläutert Johannes Kolb.
Ukrainekonflikt
Im spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit im dritten Quartal des Jahres 2022 spiegelt sich der anhaltende Zugang von geflüchteten Menschen aus der Ukraine, die ab Anfang Juni von den Jobcentern erfasst und betreut werden, wider. Stand zu allererst die humanitäre Hilfe im Vordergrund, geht es aktuell darum, Unterstützung bei der Vermittlung in Beschäftigung, Qualifizierung und Weiterbildung zu gewähren. Ziel ist es, die Menschen ausbildungsadäquat und entsprechend ihrer Kompetenz nachhaltig zu integrieren. Zum Ende des Berichtsjahres waren in der Region 10 insgesamt 1.037 Staatsangehörige aus der Ukraine arbeitslos gemeldet.
Finanzen
Auch 2022 investierte die Arbeitsagentur Ingolstadt intensiv in Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung, wie beispielsweise Weiterbildung, Eingliederung, Gründungszuschüsse und Leistungen für Jugendliche. Ein zunehmender Anteil fließt hiervon in die Förderung Beschäftigter (2019: 20 Prozent, 2022: 34 Prozent). Insgesamt wurde die aktive Arbeitsmarktförderung mit 14,2 Millionen Euro unterstützt. Für den Bereich der beruflichen Rehabilitation und die Förderung schwerbehinderter Menschen beliefen sich die Leistungen in 2022 auf rund 12,3 Millionen Euro. Mit fast 102,8 Millionen bildeten die existenzsichernden Leistungen, hier enthalten Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld, den größten Posten in der Bilanz. Im Vergleich zum vergangenen Jahr haben sich die Ausgaben in diesem Bereich mehr als halbiert (-53,9 Prozent). Ursächlich hierfür ist der Wegfall pandemiebedingter Einschränkungen.