Eichstätt. – Forschende und Praxispartner aus der Region für gesellschaftlich relevante Fragestellungen zusammenbringen und konkrete Verbesserungen für die Menschen in der Region anstoßen – dieses Ziel verfolgt die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) seit zwei Jahren mit einem Innovationsfonds. Damit konnten – finanziert aus Mitteln des Projektes „Mensch in Bewegung“ – bislang zehn Projekte auf den Weg gebracht werden, die ein breites Themenspektrum abbilden. Dieses reicht von Bildung über Nachhaltigkeit und Gesundheitsförderung bis hin zur Unterstützung von Kriseninterventionsteams.
„Wir verstehen Wissenschaft nicht hermetisch, sondern als einen Bereich, den viele Akteurinnen und Akteure mitgestalten. Mit dem Innovationsfonds konnten wir ein Strukturelement etablieren, das dem Anliegen von ,Mensch in Bewegung‘ entspricht und eine Kommunikation auf Augenhöhe ermöglicht“, betonte KU-Präsidentin Gabriele Gien bei einer Veranstaltung, in deren Rahmen die Forschenden und ihren Kooperationspartner gemeinsam Einblick in ihre Vorhaben gaben. Die Projekte könnten, so Gien, als Katalysator für weitere Entwicklungen dienen.
Innovationsfonds-Koordinator Stefan Raich schilderte, dass mit den zur Verfügung stehenden 500.000 Euro Projekte angestoßen werden konnten, die bei Anträgen für eine klassische Förderung von Forschung und Lehre häufig keine Berücksichtigung finden würden: „Dabei fließt das Wissen nur in eine Richtung, dialogische Formate sind weniger verbreitet.“ In zwei Runden konnten sich Forschende und Praxispartner für eine Unterstützung ihrer Vorhaben bei einem mehrstufigen Verfahren mit externen und internen Gutachtern bewerben.
Zu ihnen gehört unter anderem auch die Tanja Rinker, Inhaberin der Professur für Deutsch als Fremdsprache / Didaktik des Deutschen als Zweitsprache an der KU. Sie wurde von der VAMED Klinik Kipfenberg für Unterstützung bei einer praxisnahen Sprachvermittlung an ausländische Pflegekräfte angefragt sowie vom Clara-Steiger-Kindergarten Eichstätt. „Sowohl in der Pflege als auch in der professionellen Arbeit mit Vorschulkindern besteht seitens der Partnerorganisationen ein erhöhter Bedarf nach sprachlich kompetenten Mitarbeitenden, da Sprache ein wesentliches Instrument zur gesellschaftlichen Teilhabe darstellt“, erklärt Rinker. Im Rahmen eines Projektseminars haben Studierende den Bedarf erhoben und anschließend Lernmaterial entwickelt, das etwa klassische Szenen von Pflegenden im Klinikalltag enthält. Dabei haben sowohl die angehenden Lehrkräfte als auch die Praxispartner profitiert, die entstandene Material online zur Verfügung gestellt bekommen.
Mit Unterstützung des Innovationsfonds ist außerdem die Arbeit für eine spezielle App auf den Weg gebracht worden, die Hilfe für Helfende leisten will. Der KU-Psychologe und Leiter des Kriseninterventionsteams Eichstätt, Robert Steinhauser, ist Kopf des Projektteams für eine neue „Hilfeapp für Einsatzdienste“ (HEiDi). Diese will eine Lücke zwischen dem Engagement ehrenamtlicher Notfallhelfer und der Verfügbarkeit von spezifischem Wissen in der Notfallversorgung schließen. „Die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) umfasst alle ehren- und hauptamtlichen Tätigkeiten der Akutbetreuung von körperlich unverletzten, aber psychisch-emotional beeinträchtigten Menschen nach Krisenereignissen. Einsatz- und Fachkräfte der PSNV können allerdings bei fachlichen Unsicherheiten bisher nur auf physisch abgelegte Ausbildungsmaterialien und Fachbücher zurückgreifen, welche im Einsatzgeschehen nicht einsetzbar sind“, schildert Steinhauser.
Digitale Werkzeuge, die aktuelles Wissen zu spezifischen Krisensituationen schnell und unkompliziert verfügbar machen und dabei auch die logistischen und verwaltungstechnischen Aspekte von Einsätzen berücksichtigen, gebe es bisher nicht. Auch die individuelle Psychohygiene der Einsatz- und Fachkräfte werde durch digitale Tools nur unsystematisch beaufsichtigt und unterstützt. Abhilfe soll hier die geplante App schaffen, deren erste Testversion derzeit programmiert wird. „Die Gewinnung von Mitteln für die anschießende Umsetzung der vollumfänglichen App läuft“, so Steinhauser. Zum Projektteam gehören neben dem Berufsverband Deutscher Psychologen unter anderem auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und der Malteserhilfsdienst. Weitere Informationen zu App gibt es unter www.heidi-psnv.de.
Zu den weiteren geförderten Projekten gehört auch der „Schanzer Pluspunkt“ als Verbundprojekt zur Gesundheitsförderung in der Region 10. Dabei kooperieren der Lehrstuhl für Sozialpädagogik an der KU mit dem FC Ingolstadt 04, der Audi BKK und dem Gesundheitsnetzwerk Leben. Das Ergebnis der Kooperation ist eine interaktive Veranstaltungsreihe zur Gesundheitsprävention. Durch die Kooperation sei es gelungen, die Zusammenarbeit zwischen diesen Partner weiter zu vertiefen. So ist bereits an eine Fortsetzung und die Entwicklung eines Zertifikatskurses gedacht.
Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt von gleich drei Projekten, die am Innovationsfonds partizipieren. So entwickelt die Professur für Geographiedidaktik und Bildung für nachhaltige Entwicklung derzeit ein umweltpsychologisches Umwelttraining, welches unter anderem beim Unternehmen Hipp, der Stadtverwaltung Ingolstadt und der Volkshochschule Ingolstadt angeboten werden wird. Das wissenschaftliche fundierte Lernangebot will Interessierte dazu befähigen, ihren ökologischen Fuß- und Handabdruck zu verbessern und nachhaltige Verhaltensweisen schrittweise in ihren Alltag zu integrieren. „Psychologie spielt dabei eine wichtige Rolle, da es nachweislich eine Diskrepanz zwischen dem vorhandenen Wissen und dem tatsächlichen Handeln gibt“, erklärt Projektmitarbeiterin Anna Peitz.
Ebenfalls an der Professur für Geographiedidaktik und Bildung für nachhaltige Entwicklung angesiedelt ist das Projekt „Schulen der Region 10 im Aufbruch“. Es verfolgt das Ziel, Schulen auch über den Unterricht hinaus zu Lernorten für eine nachhaltige Entwicklung zu transformieren und dafür die gesamte Institution in den Blick nimmt. Forschende und Studierende begleiten dabei die Christoph-Kolumbus-Grundschule und das Gnadenthal-Gymnasium in Ingolstadt sowie die Realschule Kösching. Im Zentrum steht dabei die dreifache Verantwortung: Verantwortung für sich selbst, Verantwortung für Mitmenschen und Verantwortung für unseren Planeten. Die Initiative inspiriert, vernetzt und begleitet Schulen, um zu zukunftsfähigen Lernorte zu werden, die zu einer zukunftsmutigen Gesellschaft und einer nachhaltigen Welt beitragen.
Nachhaltige Entwicklungsimpulse für die regionalen Bier- und Hopfenunternehmen stehen im Mittelpunkt des Projektes „HopN“ unter Leitung von Frank Zirkl (Arbeitsgruppe Humangeographie). In Kooperation mit den Expertinnen und Experten der Branche wird untersucht, inwiefern sich aus der so genannten Craft-Bier Bewegung und der Zunahme an Biobieren Impulse und Potenziale für neue Entwicklungspfade in der Hopfenproduktion identifizieren lassen.
Weitere geförderte Projekte nehmen sich verschiedenen Aspekten von Bildung an. So will die Professur für Christliche Sozialethik (Prof. Dr. André Habisch – ausgehend von einem studentischen Projekt – die Onlineplattform „WiLink“ schaffen, die Orientierung am Übergang von der Schule in die Arbeitswelt bietet. Ziel ist es, Jugendliche und potenzielle Arbeitgeber zusammenzubringen als Schnittstelle und über Angebote zur Persönlichkeitsentwicklung und Informationen eine zielgenauere Berufswahl zu ermöglichen. Aktuell ist es gelungen, bereits Kooperationen mit verschiedenen Kammern und der Stadt München zu vereinbaren. Derzeit befindet sich die Plattform im Aufbau.
Bereits fest etabliert hat sich an der KU das sogenannte iLab als innovative Lehr-Lern-Umgebung zum Thema „Information in Natur und Technik“. Es bietet die Möglichkeit zu reflektieren und auszuprobieren, welche Veränderungen Zukunftstechnologien für Lehrerbildung, Schule und Gesellschaft bringen. Mit entsprechendem Material aus dem iLab der KU können interessierte Lehrkräfte zum Beispiel die Planeten des Sonnensystems im wörtlichen Sinn dreidimensional begreifbar machen. Dabei gilt es – auch für die angehenden Lehrkräfte der KU – ein vor allem didaktisch sinnvolles Lernangebot zu entwickeln, damit Digitalisierung kein Selbstzweck ist.
In diesem Sinn versteht sich auch in Planung befindliches Spiel, das die Professur für Klassische Archäologie auf den Weg gebracht hat. Projektmitarbeiterin Stefanie Becht will damit das Wissen über die antike Technik des Bronzegusses erlebbar machen. In einem ersten Schritt ist gemeinsam mit Teilnehmende der Schülerakademie Oberbayern West, Spieledesignerinnen und unter anderem dem Limesmuseum Ruffenhofen ein Drehbuch entstanden, das nun in einem nächsten Schritt in eine Spiel überführt werden soll. „Wir wollen durch den Austausch mit den Schülerinnen und Schülern ganz bewusst ein verkopftes Lernspiel vermeiden, das keinen Freude bereiten würde“, schildert die Archäologin.
Ebenfalls unterstützt wurde das Leseförderprojekt „bookster boys & girls“ des Lehrstuhls für Didaktik der Deutschen Sprache und Literatur, das zwei Ziel verfolgt: einerseits den Zugang zu literarischen Texten für junge Nicht- und Wenigleser insgesamt vereinfachen und andererseits vor allem Jungen aktiv zum Lesen motivieren. Im digitalen Workshop mit den Schulklassen stand ein ausgewähltes Buch aus den aktuellen Leseempfehlungen des Projekts „bookster boys & girls“ im Fokus. Dieses wird mit den Kindern und Jugendlichen in Gesprächen und Aktivitäten erarbeitet und diskutiert. Anschließend werden die Ergebnisse in Form von Medienbeiträgen (beispielsweise Buch-Trailern) auf einer kindergerechten Internetseite veröffentlicht und zugänglich gemacht.
Weitere Informationen zu den vom Innovationsfonds geförderten Projekten und dem strategischen Konzept des Innovationsfonds finden sich unter www.ku.de/transfer/projekte-netzwerke/innovationsfonds.