Eichstätt. – Die Psychologin Christina Pfeuffer (32) hat an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) die neue Juniorprofessur für Human-Technology Interaction übernommen. Diese ist im Rahmen des sogenannten Tenure-Track-Programms der KU zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, das mit rund fünf Millionen Euro aus dem entsprechenden Bund-Länder-Programm finanziert wird, neu eingerichtet worden. Den Rahmen für die insgesamt sieben Juniorprofessuren an der KU bildet das Konzept „Eine am Menschen orientierte digitale Gesellschaft“.
„Mich hat schon immer fasziniert, warum Menschen bestimmte Entscheidungen treffen“, erzählt Juniorprofessorin Pfeuffer, die in Würzburg Psychologie studierte und an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg promovierte. Sie ist spezialisiert auf grundlegende Fragen der Kognitionspsychologie und deren Übertragung in den Anwendungskontext der Mensch-Technik-Interaktion. Dabei untersucht sie unter anderem, wie Lernen und daraus abgeleitete Erwartungen die Auswahl von Handlungen und die Verlagerung unserer Aufmerksamkeit auf die Konsequenzen dieser Handlungen ermöglichen.
„Vorausschauende“ Blickbeziehungen
Ein Maß für die Aufmerksamkeit auf Handlungskonsequenzen sind menschliche Blickbewegungen: „Ich kann mich dafür begeistern, wie viel wir aus Blickbewegungen herauslesen können. Sie bilden nicht nur ab, worauf gerade unsere Aufmerksamkeit liegt, sondern spiegeln beispielsweise auch unsere Lernerfahrungen und Erwartungen wider. Unter anderem deswegen zeigen Menschen beispielsweise für viele Alltagshandlungen sehr typische Blickbewegungsmuster. Daraus können wir viel darüber ablesen, welche Prozesse der Steuerung menschlicher Handlungen zugrunde liegen“, erklärt sie. Wenn man alltägliche Handlungen, die aus vielen Einzelschritten bestehen, ausführt, blickt man häufig schon – wortwörtlich vorausschauend – zu Gegenständen, die für den nächsten Schritt benötigen werden. Besonders diese antizipativen Blickbewegungen stehen aktuell im Zentrum von Pfeuffers Forschung.
Spannend ist die Übertragung ihrer Forschung auf Fragen der Mensch-Technik Interaktion. Denn über Blickbewegungen lässt sich nicht nur das Verhalten von Nutzern besser verstehen. Sie haben auch das Potenzial, Nutzerzustände an technische Systeme zurückzumelden, um so technische Systeme möglichst optimal an Menschen anzupassen. Die grundlegende Herausforderung für die Forschung und Umsetzung in der Praxis besteht darin, dass sich Blickmuster bei Menschen in bestimmten Situationen zwar stark ähneln, aber dennoch individuell sind.
Für die neue Juniorprofessorin ist „Digitalisierung nicht wegzudenken – ob man will oder nicht“. Es gelte, die sich bietenden Chancen zu nutzen. So ist etwa die Auswertung von Blickbewegungen in einem Produktionsbetrieb vorstellbar für ein, im wörtlichen Sinn, vorausschauendes Feedback an Maschinen im Routinebetrieb, das viel schneller erfolgen könne, als etwa der Informationsaustausch mit Maschinen über derzeitige Interfaces. Auch im Straßenverkehr gibt es prägnante Blickmuster – etwa der vorausschauende Blick in den Verlauf einer Kurve, um die Lenkbewegung anzupassen. Bei der Entwicklung von autonom fahrenden Fahrzeugen könnten Erkenntnisse aus solchen Blickmustern etwa dazu dienen, dem System ein Maß zu liefern, wie zufrieden die Passagiere mit der Fahrweise sind.
Auch im Bildungsbereich sieht Pfeuffer mögliche Anwendungsfelder für die Übertragung von Erkenntnissen ihrer Grundlagenforschung in die Praxis – zum Beispiel im Hinblick auf die Ermittlung und Rückmeldung impliziter Einschätzungen der eigenen Leistungen zur Unterstützung des Lernerfolges. Zudem bieten sich beispielsweise auch Perspektiven, um Menschen mit motorischen Einschränkungen Unterstützung im Alltag anbieten zu können, indem entsprechende technische Systeme ihre Blickbewegungen aufgreifen und daraus ihre Intentionen ableiten. Dies seien nur einige denkbare Möglichkeiten, um das Potential der Digitalisierung zu nutzen. Frau Pfeuffer freut darauf, im interdisziplinären Austausch mit den anderen Tenure-Track Juniorprofessuren zur digitalen Gesellschaft der Zukunft zu forschen.