Eichstätt. – Vom 30. Mai bis zum 3. Juni findet heuer die bundesweite Aktionswoche der Schuldnerberatung statt. Beratungsstellen führen diese mit Plakat- und Presseaktionen, Aktionen im Internet und anderen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten durch. Das diesjährige Motto lautet „… und plötzlich überschuldet.“ Unterstützt wird das Anliegen der Aktionswoche von den fünf Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen des Diözesan-Caritasverbandes Eichstätt.
2.000 Euro Nachzahlung für Energierkosten bei 1.200 Euro Nettolohn
Deren neue Sprecherin Olivia Feyerlein von der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas-Kreisstelle Weißenburg erfährt wie andere vor allem die steigenden Energiekosten als großes Problem bei ihren Klienten: „Vor kurzem war ein Familienvater bei mir, der etwa 1.200 Euro netto bei einer Zeitarbeitsfirma verdient und eine Nachzahlungsforderung für Energiekosten von rund 2.000 Euro mitbrachte“, schildert sie einen drastischen, aber durchaus typischen Fall. Durch ein Gespräch mit den zuständigen Stadtwerken konnte die Beraterin bewirken, dass der Mann den Betrag nun in Raten innerhalb von einem Jahr abzahlen kann. „Danach erwartet ihn vermutlich allerdings die nächste Nachforderung aus diesem Jahr“, macht Olivia Feyerlein auf ein dauerhaftes Problem aufmerksam. Sie befürchtet, dass es Anfang nächsten Jahres für viele „noch dicker kommt“.
Bereits jetzt hätten sich die Beträge der Abschlagszahlungen bei vielen Klienten zum Teil verdoppelt. Daher wünscht sie sich: „Die Politik muss mit grundlegenden und langfristigen Maßnahmen gegensteuern. Es kann nicht sein, dass das Schicksal Betroffener vom Verhandlungsgeschick der Caritas mit Gläubigern abhängt oder davon, ob es andere Töpfe gibt, um Forderungen zu begleichen.“ Zudem fordert sie wie andere Caritas-Verantwortliche, dass Sozialleistungsempfänger die Stromkosten nicht mehr aus dem „Hartz-IV“-Regelsatz bestreiten müssen, sondern diese wie die Heiz- und Warmwasserkosten von den Sozialbehörden übernommen werden.
Darüber hinaus hält es Olivia Feyerlein für wichtig, dass negative Einträge früherer, aber inzwischen regulierter Schulden bei Auskunfteien zeitnah gelöscht werden. „Sonst ist es für Betroffene nahezu unmöglich, zum Beispiel einen Handyvertrag zu bekommen oder eine Wohnung zu finden. Das erleben wir tagtäglich“, so die Schuldnerberaterin. Seit der Coronazeit, als sich bereits mehr Menschen aufgrund von zum Beispiel Kündigungen oder Kurzarbeit überschuldet hatten, suchen immer mehr Betroffene die Schuldner- und Insolvenzberatungen der Caritas im Bistum Eichstätt auf.
Deutlich gestiegener Beratungsbedarf
Nach Mitteilung der Sprecherin waren es an den Caritas-Kreisstellen in Eichstätt, Ingolstadt, Neumarkt, Roth/Schwabach und Weißenburg im Jahr 2019 insgesamt rund 1.400 Personen, 2020 bereits 1.800 und 2021 dann 2.170 Menschen. An manchen Stellen gebe es lange Wartelisten. Betroffene bittet sie darum, frühzeitig eine Beratung aufzusuchen – zum Beispiel, wenn schon Mitte des Monats das Geld nicht mehr reicht – „und nicht erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“.