Montbrison. – Macron oder doch Le Pen? „Unschlüssig“ sei man, ist zu hören, wenn man sich in Eichstätts Partnerstadt Montbrison zur anstehenden Stichwahl um das Amt des französischen Staatspräsidenten umhört. Die Wahl wird nicht nur in der Kleinstadt mit ihren knapp 16.000 Einwohnern, sondern natürlich auch in Eichstätt und ganz Europa mit Spannung verfolgt – besonders von Eichstätts wohl bekanntester französischen Wahlberechtigten: Françoise Wimmer.
Montbrison, etwa eine Stunde von Lyon entfernt, erfüllt wie Eichstätt die Aufgaben eines Mittelzentrums und ist für Wein und vor allem Käse landesweit bekannt. Verbindungen zwischen den beiden beschaulichen Städten gibt es schon seit dem Jahr 2015. Mehrere gegenseitige Besuche führten schließlich dazu, dass im Jahr 2019 die Städtepartnerschaft offiziell wurde. Aktuell aber möchte der Vorsitzende des Partnervereins auf französischer Seite, Jean Chauve, nicht zu politisch und persönlich werden. Aber am Telefon gibt er dann doch zu Protokoll, dass viele Bekannte noch unschlüssig seien, wen man denn am kommenden Sonntag nun wählen solle.
Nicht Le Pen – aber auch nicht Macron
Zwar möchten nach seinen Angaben sehr viele nicht Marine Le Pen wählen – aber eben auch nicht zwingend Emmanuel Macron. Das hört sich dann fast schon ein wenig an wie die berühmte Wahl zwischen Pest und Cholera. Die Stichwahl war nötig geworden, weil nach französischem Wahlrecht der Kandidat im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent benötigt, um die Wahl direkt zu gewinnen. Das ist aber im ersten Durchgang vor zwei Wochen wie erwartet nicht eingetreten. An diesem Wochenende aber wird sich endgültig entscheiden, wer von beiden es nun wird – auch mit den Stimmen aus Montbrison. Auch hier gibt es offenbar noch allerhand Uentschlossene, von denen sich manche auch die Frage stellen: nicht wählen gehen oder ungültig wählen? Diese „Besonderheit“, die „vote blanc“ führt dazu, dass die Wahlbeteiligung höher ist, und demnach extreme Kandidaten für gewöhnlich geringere Chancen haben.
Daumendrücken in Eichstätt
Anders stellt sich die Situation in Eichstätt bei der wohl bekanntesten französischen Einwohnerin dar: Francoise Wimmer, die mit dem ehemaligen Eichstätter Uni-Präsidenten Ruprecht Wimmer verheiratet ist. Sie will am Sonntag unbedingt wählen gehen. Und sie ist bekennender Fan von Emmanuel Macron. Und das fast von Anfang an, wie sie im Gespräch verrät. Die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins zur Städtepartnerschaft auf deutscher Seite macht aber auch aus ihrer Verachtung von Marine Le Pens Politik kein Geheimnis. Auch wenn sich Le Pen in letzter Zeit nicht mehr so rechtsradikal zeige, bediene sie doch die Werte eines nationalistischen Frankreichs, das von gefährlichen Ausländern bedroht werde, und schüre somit Angst in der Bevölkerung.
Nach dem Fernsehduell zwischen Präsident Macron und Le Pen ist Wimmer allerdings zuversichtlicher: Der Amtsinhaber hat ihrer Meinung nach gepunktet und sei in den inhaltlichen Themen deutlich überlegen gewesen. Dies sehen nach einer Umfrage auch rund zwei Drittel der befragten Franzosen so: 59 Prozent fanden demnach Macron überzeugender, immerhin 39 Prozent Le Pen. Nur zwei Prozent waren demnach enttäuscht von beiden. Allerdings gibt es auch knappere Daten und andere Meinungen: Nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts Opinion Way hätten zum Beispiel 41 Prozent Macron überzeugender gefunden, während Le Pen 31 Prozent besser fanden. Das heißt aber auch, dass 27 Prozent sich von keinem der beiden Kandidaten überzeugt zeigten – auch im Bezug auf das Fernsehduell also ein erheblicher Block an Unentschlossenen, die die Wahl letztlich entscheiden könnten.
In dem rund dreistündigen Fernsehduell habe Macron zwar deutlich besser abgeschnitten, allerdings habe sich Le Pen auch deutlich besser vorbereitet präsentiert, als bei einem ähnlichen Fernsehduell zwischen beiden 2017, als die rechtskonservative Europakritikerin noch völlig überfordert gewirkt hatte – so ein Fazit. Auch diesmal habe Macron zwar präsidialer gewirkt, aber eben auch wieder ein wenig so überheblich, wie ihn viele Franzosen schon zuvor wahrgenommen hatten. Le Pen dagegen habe sich ein wenig verbissen und an manchen Stellen auch wenig souverän gegeben. Sie, die sich bis vor Kriegsausbruch in der Ukraine noch als enge Putin-Freundin präsentiert hatte, hatte in dem Duell auch Deutschland massiv kritisiert – unter anderem für seine Abhängigkeit von russischem Gas.
Am Sonntag wieder ins französische Konsulat
Francoise Wimmer jedenfalls wird am Sonntag also wieder in das Konsulat in München fahren, um zu wählen. Dies sei „eine europäische Pflicht“ für sie, so sagt sie. Die Wahlergebnisse der in Deutschland wählenden Franzosen waren ebenfalls eindeutig: Wenn es nur nach ihnen ginge, hätte Macron im ersten Wahlgang schon über 50 Prozent der Stimmen erreicht. Insgesamt wurden über 40.000 Stimmen an den entsprechenden diplomatischen Vertretungen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München, Saarbrücken und Stuttgart abgegeben. In Montbrison erhielt Amtsinhaber Macron dagegen nur 30,07 Prozent der abgegebenen Stimmen, Marine Le Pen war auch hier mit 22,29 Prozent aber immerhin in Reichweite. Bei Francoise Wimmer steht die Flasche Champagner aber bereits kühl. Sie wird mitfiebern und hofft am Sonntagabend – zusammen mit ihrem Mann anstoßen zu können: auf einen Sieg Macrons. Von Matthias Chloupek