Eichstätt. – Über das Wahlalter ab 16 wird immer wieder diskutiert, und im Rahmen von „Fridays for Future“ haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Jugendliche politisch engagiert. Auch in Eichstätt wird seit Jahren über mehr Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche wie ein Jugendparlament diskutiert. Eine solche Jugendvertretung in der Stadt war auch eines der Themen der ersten Jugendbürgerversammlung der Stadt Eichstätt gestern Abend. Außerdem ging es um Skaterflächen und die Legalisierung von Graffitis, Veranstaltungen wie Akkufish oder das Open Air am Berg, um Raum zum Treffen für Jugendliche, aber auch spezielle Fragen wie Tanzkurse in Eichstätt, Plätze zum Feiern, einen Abenteuerspielplatz, Foodsharing-Sammelplätze oder eine nachts geöffnete Toilette.
Das Interesse zum Auftakt hielt sich, was die nackten Zahlen angeht, noch in Grenzen: Rund 20 Jugendliche und junge Erwachsene waren ins Foyer des Alten Stadttheaters Eichstätt gekommen, um gemeinsam mit Oberbürgermeister Josef Grienberger sowie den beiden Jugendbeauftragten des Eichstätter Stadtrats, Klaus Bittlmayer und Fred Pfaller, über die Themen zu sprechen, die sie bewegen. Allerdings hatten Jugendliche auch bereits im Vorfeld mit den Organisatoren des Hauses der Jugend um Leiter Bernd Zengerle und Nicole Balzer Ideen eingebracht. Und so entwickelte sich gestern eine rege Diskussion rund um die knapp 20 Fragen und Themen, die die Jugendlichen in digitaler Form per Internet-App Slido selbst setzen konnten.
Viel Einigkeit herrschte rund um das Thema Skaterpark. Der sei gerade in der Coronazeit zu einem echten Treffpunkt geworden. Inzwischen habe sich eine richtige Szene entwickelt, so Jugendvertreter Felix Knopp, der sich daher stellvertretend für viele andere Skater eine Erweiterung der Flächen wünscht. Hier scheint schnell eine einvernehmliche Lösung in Aussicht: In ersten Gesprächen zwischen OB und Jugendhaus hatte sich bereits im Vorfeld abgezeichnet, dass eine Ereiterung direkt im Anschluss des bestehenden Platzes zum Heizwerk der Eichstätter Stadtwerke hin eine gute Lösung sein könnte. Die anwesenden Jugendlichen wünschten sich dabei vor allem eine Art Laube oder Carport als Wetterschutz zum Aufhalten und eine einfache plane Fläche für mehr Platz zum Üben. Letztere wollen sie dafür nutzen, um sie je nach Bedarf mit selbst gebauten „Obstacles“, also Rampen und anderen Hindernissen zu bestücken – eine kostensparende Lösung also, die auch die städtischen Vertreter begrüßten. Hier werde es bald Gespräche mit den Stadtwerken und dem Bauamt geben, die dann schnell in konkreten Plänen münden sollen, versprach OB Grienberger.
Auch für die damit verwandte Sprayer-Szene ist am Skaterplatz eine Lösung angedacht: Dort soll schon bald die „Wall of Fame“ entstehen, auf der sich die Sprayer kreativ mit ihren Graffitis zumindest vorübergehend „verewigen“ können. Aber auch andere öffentliche Räume könnten in dieser Hinsicht als legale Sprayflächen zugelassen werden: Unterführungen wie an der Pirkheimer Brücke oder an der Westenstraße oder in Absprache mit der Kirche vielleicht ein Teil des Wiesengässchens zum Beispiel – so das Fazit der Diskussion. Durch solche legalen Flächen könne man das Sprayen nicht nur „entkriminalisieren“, sondern die enstprechenden Flächen vielleicht auch optisch schöner gestalten als wenn sie mit fragwürdigen Motiven illegal besprüht würden, empfiehlt auch Klaus Bittlmayer, der auch selbst beim Kreisjugendring in der Jugendarbeit tätig ist. Und, wie Fred Pfaller betonte: Wir müssen vielleicht als Stadt auch immer wieder klarer sagen, dass wir uns auch bewusst jugendliches Leben an bestimmten Stellen wünschen und solche Aktivitäten auch befürworten.
Konflikte mit der Polizei
„Kriminalisiert“ worden seien die Jugendlichen auch bei Feiern im öffentlichen Raum, insbesondere im Eichstätter Hofgarten, so eine Beschwerde der Jugendlichen: In der Coronazeit habe es wenig Möglichkeiten für junge Leute gegeben, sich zu treffen. So habe sich der Hofgarten zu einem Treffpunkt entwickelt, an dem sicherlich gerade in der Coronazeit bisweilen viel oder auch zu viel los gewesen sei. Aber wie die Polizei hier teilweise vorgegangen sei, stehe in keinem Verhältnis. Einmal sei sie mit acht, neun Mannschaftsfahrzeugen angerückt, habe alle Zugänge blockiert und jeden einzelnen kontrolliert, als ob man ein Krimineller sei. Die Polizei sei hier mit einer Art Generalverdacht und manchmal recht brüsk gegen die Jugendlichen vorgegangen.
Das wollte Grienberger allerdings dann auch nichts ganz so pauschal stehen lassen: Es warte ja niemand von der Stadt vor Ort, bis er endlich die Polizei rufen könne, sondern es seien eben oft Anwohnerbeschwerden, und die Polizei tue letztlich meist nur ihren Job. Oft gehe es dabei einfach um bestehende Gesetze vor allem im Bereich des Immissionsschutzes, also Lärmschutz. Und es habe bisweilen schon auch Probleme gegeben: Beschädigungen auf den Toiletten im Hofgarten, die schon mehrfach deswegen hätten geschlossen werden müssen, und massive Verschmutzungen der Parkanlage an manchen Stellen etwa. Dennoch: Einen Generalverdacht dürfe es natürlich nicht geben, und die allermeisten Jugendlichen hätten sich sicherlich auch korrekt verhalten. Darauf legten auch die Jugendlichen selbst wert: Es habe sicher auch einmal Fälle gegeben, in denen einzelne Flaschen geworfen und sich anderweitig daneben benommen hätten. „Das nervt auch uns“, betonten die anwesenden Jugendlichen gestern Abend. Das Problem habe es zudem auch schon vor Corona etwa nahe der Haifischbar gegeben: „Wir wussten genau: Um neun Uhr kommt die Polizei und verscheucht uns“, hieß es gestern. Auch hier gibt es wohl Bedarf für solche konstruktiven, direkten Gespräche wie gestern.
Mehr Treffpunkte im öffentlichen Raum
Vieles wäre leichter gewesen und hätte sich nicht so sehr auf den Hofgarten konzentriert, sondern entzerrt, wenn es eben mehr solche Flächen als Treffpunkt gebe – zum Beispiel die „Burgbergbank“, wie sie irgendwann im Laufe der Diskussion „getauft“ wurde – die es allerdings inzwischen nicht mehr gibt: Sie sei inzwischen abgebaut worden, berichtete einer der Jugendlichen enttäuscht. Die sei nicht nur in seiner Clique ein beliebter Treffpunkt gewesen. Auch hier habe es allerdings bisweilen ein Müllproblem gegeben, so Bittlmayer, der hier regelmäßig mit dem Rad vorbeikomme, wie er berichtete. Aber auch er glaubt, dass solche Treffpunkte wichtig seien, und es sei einfach gut, über solche Themen zu sprechen, betonten auch Pfaller und Grienberger. „Ich kenne leider nicht jede einzelne Bank im Stadtgebiet“, so der OB grinsend. Aber jetzt werde man sich das Ganze anschauen und gegebenenfalls nicht nur die Bank, die ja auch auch für alle Bürger da sei, sondern ja vielleicht auch einen Mülleimer einrichten, den es vorher nicht gegeben habe, wie die Jugendlichen sagten. Zudem hatte er bereits zu Beginn Intiativen der Stadt wie „Leben am Fluss“ vorgestellt, die auch solche Treffpunkte beinhalteten – einen davon auch direkt am Haus der Jugend.
Überhaupt sei es gut, dass man so ins Gespräch komme und sich austausche, wie alle Teilnehmer der Gesprächsrunde, die durchgehend harmonisch und konstruktiv verlief, feststellten. Allerdings seien so manche schwierigeren Fälle natürlich auch nicht gekommen, wie Jugendhausleiter Bernd Zengerle feststellte. Aber dafür sei eben auch das Jugenzentrum ebenfalls als städtische Einrichtung da, und es gebe auch sehr viele engagierte Jugendliche – beispielsweise in der Bandszene: Hier werde es nach der Coronazwangspause bald wieder das erste Konzert im Haus der Jugend geben – voraussichtlich am 19. Mai.
Hoffen auf „Akkufish“ und „Bestandsschutz“ für das Open Air
Aber auch im öffentlichen Raum wünschen sich die Jugendlichen mehr Möglichkeiten für Veranstaltungen wie etwa Akkufish: ein Konzertabend mit jungen Bands an der ehemaligen Haifischbar. Hier gebe es durchaus die Chance für ein Comeback, so der OB. Denn auch im Rahmen der Bürgerbeteiligung Altmühlaue, in deren Rahmen das Areal an der Altmühl bald neu beplant werde, hätten sich viele Akkufish gewünscht, wie Grienberger erklärte. Zudem werde es auch in diesem Jahr wieder zumindest die kostenlos verfügbare, für alle offene Kulturbühne im Innenhof der Residenz geben, wie Grienberger ankündigte. Zudem installiere man derzeit mit Fördergeldern auch etwa versenkbare Verteilerkästen, um die technische Infrastruktur an öffentlichen Plätzen zu verbessern. Und auch das Open Air am Berg – darauf bezog sich eine weitere Frage der Jugendlichen – werde es in Zukunft weiter geben. Das Open Air werde zwar eigentlich auf dem Gebiet der Gemeinde Dollnstein ausgerichtet, aber man weise dennoch alle potenziellen neuen Einwohner des geplanten Baugebiets am Blumenberg in den Gesprächen darauf hin, dass hier in der Nähe das Open Air am Berg stattfinde, das ohnehin Bestandsschutz genieße.
Lieber niederschwellige Kontakte als Jugendparlament
Insgesamt habe sich in den letzten Jahres vieles aus Sicht der Jugendlichen sehr positiv in der Stadt entwickelt, wie die Diskussionsteilnehmer gestern betonten – nicht nur mit Blick auf die zweite Stelle im Haus der Jugend, die inzwischen Nicole Balzer als zweite hauptamtliche Kraft ausfüllt. Ein Jugendparlament dagegen sahen alle Beteiligten gestern eher skeptisch: Es gebe einige Beispiele auch in der Region, wo so etwas nur als eine Art Alibi von der Politik benutzt werde, aber nie wirkliche Kompetenzen erhalte und mit Leben gefüllt werde, so Klaus Bittlmayer. Er wünscht sich daher wie auch die Jugendlichen selbst mehr solche niederschwelligen Gesprächsangebote und vielleicht auch eine Art festen Gesprächstermin mit den Jugendlichen abseits der regulären Bürgersprechstunde für alle Bürger im Rathaus.
Dann ließen sich auch andere Probleme schneller lösen: zum Beispiel mehr Kühlschränke für das Foodsharing und -saving einrichten, also das retten von Lebensmitteln, die sonst weggeworfen würden. Auch hier kam man gestern schnell auf mehrere Möglichkeiten, wo man zusätzliche Räume für entsprechende Foodshraing-Kühlschränke zur Verfügung stellen könnte. Und auch für einen Studierenden, der gerne Tanzkurse anbieten möchte, konnten gestern schnell und unbürokratisch Kontakte für mögliche Räume und interessierte Institutionen geklärt werden. Und so war die Premiere wohl nur ein Auftakt zu mehr: Der Gesprächsbedarf ist offenbar da – die Bereitschaft auf beiden Seiten auch und die Freude über den konstruktiven Austausch war gestern auch zu spüren.