Eichstätt. – In einem Krieg werden oft und gerade auch die schwächeren Menschen, die Alten und Kranken, ein wenig vergessen. Wenn die Bomben fallen und die Wirtschaft zusammenbricht – wer denkt da zum Beispiel noch an Insulin? Für zuckerkranke Patienten aber ist es lebenwichtig. Für Betroffene in der Ukraine ist die Lieferung des Medikaments, die auf eine Hilfsaktion im Altmühltal zurückgeht und gerade in Lwiw angekommen ist, ein echter Segen – ein Stück weniger Sorgen und mehr Normalität in einem Land, in dem gerade absoluter Ausnahmezustand herrscht.
Es ist zwar keine echte „Luftbrücke“, aber die Lieferung aus der Luft und mit Unterstützung aus dem Altmühltal bringt dennoch wertvolle medizinische Hilfe für die Menschen in der Ukraine: Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) hat im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion für Menschen in der Ukraine gemeinsam mit Partnern Insulin im Wert von 60.000 Euro in die westukrainische Stadt Lwiw (Lemberg) transportiert. Mit der Lieferung können mehr als 5.000 zuckerkranke Patienten jeweils ein bis zwei Wochen lang versorgt werden. Der Transport erfolgte von München aus bis zur ukrainisch-polnischen Grenze mit dem Flugzeug eines Unternehmers. Die KU will auch weiter Spenden sammeln und einen zweiten Transport durchführen.
Vor einem Monat begann die KU gemeinsam mit der Hilfsorganisation Support International und dem ostkirchlichen Priesterseminar Collegium Orientale in Eichstätt, Spenden für Hilfsaktionen zu sammeln. Ziel war es von Beginn an, auch medizinische Hilfsgüter und Medikamente in die Ukraine zu bringen. Support International und die KU stehen im engen Kontakt mit der ukrainischen Caritas und der Katholischen Universität in Lwiw, mit der die KU eine langjährige Kooperation pflegt. „Unsere Partner in der Ukraine haben uns insbesondere einen großen Bedarf an Insulin gemeldet“, berichtet Martin Groos, der Büroleiter des Stiftungsratsvorsitzenden der KU ist und sich als Vorstandsmitglied bei der Hilfsorganisation Support International engagiert.
„Wenn ein Lkw etwa an der Grenze in der Sonne steht, wäre das fatal.“
Als gelernter Arzt und Apotheker weiß Groos um die Schwierigkeiten des Transports empfindlicher Präparate. Er verweist darauf, dass viele Hilfsorganisationen das für Diabetiker wichtige Insulin wegen der besonderen Herausforderungen bei der Logistik nicht liefern. „Insulin darf weder gefrieren, noch zu warm werden. Wenn ein Lkw mit der kostenbaren Ladung zu lange unterwegs ist und etwa an der Grenze in der Sonne steht, wäre das fatal.“
Das Video zur Hilfslieferung:
Auch die Beschaffung einer so großen Menge stellte die KU und ihre Partner zunächst vor Schwierigkeiten, gelang aber schließlich gemeinsam mit der Eichstätter Gabrieli-Apotheke und einer Apotheke in Erding. Für den Transport von 21 Kühlboxen und weiteren Kisten mit passenden Injektionsnadeln war zunächst eine bei den momentanen kühlen Temperaturen noch mögliche Lieferung per Lastwagen geplant. Kurzfristig vermittelte jedoch eine weitere Hilfsorganisation, der Verein „München hilft der Ukraine“, einen Lufttransport zur polnisch-ukrainischen Grenze.
Im Rahmen der Initiative „Ukraine Air Rescue“ unterstützen Besitzer von Kleinflugzeugen mit ihren Maschinen Hilfsaktionen und bauen als Piloten ehrenamtlich eine Luftbrücke für Lieferungen von Hilfsgütern auf – insgesamt also dann doch wieder eine Art Luftbrücke für besonder sensible medizinische Güter. Für den Insulin-Transport der Eichstätter Hilfsaktion stellte der Trossinger Unternehmer Dirk Wember seine Turbopropmaschine zur Verfügung. Normalerweise nutzt Wember das Geschäftsflugzeug, um Kunden seiner Firma Haas Schleifmaschinen in ganz Europa zu besuchen. „Wenn sich die Möglichkeit ergibt, fliegen wir auch gerne für caritative Zwecke. Ich freue mich, dass wir so einen kleinen Beitrag zur Hilfe für die Ukraine leisten können“, sagt Wember.
„Es kommen schwierige Wochen“
Kurzfristig flog er am Montag von Donaueschingen zunächst nach München, wo auf dem Flugplatz bei Oberschleißheim der Passagierraum bis unters Dach mit Hilfsgütern beladen wurde, ehe das Flugzeug erneut abhob weiter nach Rzeszow im Südosten Polens. Dort holte ein Kühltransporter im Auftrag der Ukrainischen Katholischen Universität die Hilfslieferung ab und brachte sie nach Lwiw, wo das Insulin – weiterhin gut gekühlt – einen halben Tag später ankam. Petro Terletskyj, Theologieprofessor an der Ukrainischen Katholischen Universität, schreibt in einer E-Mail: „Freundschaft zeigt sich in schwierigen Situationen. Solidarität ist nicht nur ein Wort. Danke im Namen aller notleidenden Patienten. Die Bedürfnisse steigen jeden Tag, es kommen schwierige Wochen.“
„Die medizinische Versorgung in den Kriegs- und Krisengebieten ist ein großes Problem“, sagt Martin Groos, der beinahe täglich mit den ukrainischen Partnern im Kontakt steht. In dieser humanitären Notlage sei jede Lieferung von Medikamenten nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Daher wollen die KU, Support International und das Collegium Orientale auch weiterhin Spenden sammeln. „Sobald wir Mittel für einen zweiten Transport haben, werden wir erneut medizinische Hilfsgüter in die Ukraine liefern“, sagt Groos. Welche Medikamente dann transportiert werden, das soll nach den akuten Bedarfsmeldungen kurzfristig entschieden werden. Neben Mitteln für chronisch Erkrankte wird auch an Medikamente oder Ausrüstung für die Notfallmedizin gedacht.
KU-Präsidentin Gabriele Gien hofft, dass die große Spendenbereitschaft der vergangenen Wochen weiter anhält: „Die Nachrichten und Bilder aus der Ukraine werden von Tag zu Tag schrecklicher. Was in diesem Land passiert, das ist eine humanitäre Katastrophe. Wir sind in Gedanken bei den Menschen in der Ukraine und versuchen zu helfen, so gut wir es können. Dafür bitten wir dringend weiter um Unterstützung.“
Spenden werden erbeten auf ein eigens eingerichtetes Konto von Support International e.V.:
Support International e.V.
Volksbank Freiburg
IBAN: DE32 6809 0000 0003 5025 11
BIC: GENODE61FR1
Stichwort: Medizinische Hilfe Ukraine
Support International e.V. wurde 1990 gegründet und hat jahrelange Erfahrung mit Projekten in der Flüchtlingshilfe – etwa im Libanon, im Irak und auf Lesbos. Auch engagiert sich der Verein, der das DZI-Spendensiegel trägt, in Bildungsprojekten in Afrika und im Nahen Osten.
Das Collegium Orientale in Eichstätt ist ein interkonfessionelles Studienkolleg des Bistums Eichstätt. Priesteramtskandidaten und Kleriker unterschiedlicher Ostkirchen leben dort und studieren an der KU – derzeit auch 30 junge Männer aus der Ukraine.
Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt ist die einzige katholische Universität im deutschsprachigen Raum. An acht Fakultäten und zwei Standorten studieren rund 5000 Studierende. Seit Beginn des Ukraine-Krieges engagiert sich die Universität mit verschiedenen Hilfsaktionen – unter anderem für ihre langjährige Partneruniversität in Lwiw (Lemberg). Mehr unter https://www.ku.de/ukraine