Abu Dhabi/Neuburg a. d. Donau. – Es ist einerseits schon liebgewonnene Routine für Stéphane Peterhansel, andererseits aber auch für ihn etwas völlig Neues: Bei der FIA World Rally-Raid Championship in Abui Dhabi hat der erfahrene Rallye-Pilot bereits seinen achten Gesamtsieg eingefahren, dabei aber auch gleichzeitig den historischen ersten Erfolg überhaupt mit einem elektrifizierten Antrieb bei einer Wüstenrallye. Damit sind für Audi Sport aller guten Dinge in diesem Fall schon zwei: Nach dem Einsatz bei der Rallye Dakar, als es für die Audi-Teams noch nur zu Platz neun als bester Platzierung im Gesamtklassement gereicht hatte, steht man nun erstmals ganz oben auf dem Podium mit seinem neu entwickelten Elektro-Racer Audi RS Q e-tron.
„Audi hat einmal mehr im Motorsport mit technischer Innovation Geschichte geschrieben“, heißt es in der Abschlussbilanz der Rallye in Abu Dhabi, bei der dem Team nach dem Debüt mit vier Etappensiegen bei der Rallye Dakar im Januar nun der erste Gesamtsieg gelungen sei. Stéphane Peterhansel und Co-Pilot Edouard Boulanger haben dabei den zweiten Lauf der FIA World Rally-Raid Championship für sich entschieden. Die Franzosen gewannen in Abu Dhabi mit einem Vorsprung von knapp einer halben Stunde.
Erster Sieg für elektrischen Antriebsstrang „macht stolz“
Bereits zum achten Mal seit 1996 nahm Peterhansel bei der Abu Dhabi Desert Challenge eine Siegertrophäe entgegen – zugleich seine erste für Audi. Zusammen mit Beifahrer Boulanger hatte der 56 Jahre alte Franzose nach fehlerfreier Fahrt die Wüstenrallye ab der ersten Etappe ununterbrochen angeführt und am Ende einen Vorsprung von 29.49 Minuten souverän ins Ziel gebracht.
„Wir haben den Audi RS Q e-tron in Rekordzeit entwickelt. Nun hat zum ersten Mal ein Auto mit elektrischem Antriebsstrang eine Wüstenrallye gewonnen. Das macht mich stolz“, sagt Julius Seebach, Geschäftsführer der Audi Sport GmbH und verantwortlich für den Motorsport bei Audi. „Ein Sieg beim zweiten Start gegen die beiden besten Teilnehmer der Rallye Dakar vom Januar – den Sieger Nasser Al-Attiyah sowie Rekord-Weltmeister und Monte-Carlo-Sieger Sébastien Loeb – ist ein herausragendes Ergebnis. Bemerkenswert war, dass sich unser Konzept bei noch härteren Bedingungen als im Januar durchgesetzt hat“, so Seebach, der seinen beiden Piloten und dem Team, aber auch Einsatzpartner „Q Motorsport“ dankte: „Mit diesem Erfolg ist ein Durchbruch für unsere Innovationen gelungen“.
Herausforderung für die Technik: mehr als 1.800 Kilometer mit teils über 40 Grad
Mindestens zwei Faktoren hätten die Belastungen im Vergleich zur Rallye Dakar spürbar gesteigert: Deutlich höhere Außentemperaturen von über 40 Grad Celsius im Schatten und noch höhere Werte in der Wüste hätten den Rollwiderstand im weichen Sand erhöht und und die Kühlkreisläufe erwartungsgemäß an ihre Grenzen gebracht. Dennoch habe das alternative Antriebskonzept mit der Kombination aus elektrischem Antriebsstrang mit einer Hochvoltbatterie sowie dem hocheffizienten Energiewandler stets zuverlässig gearbeitet. Der Audi RS Q e-tron habe „die gesamte Distanz klaglos bewältigt“, so die positive Bilanz von Audi Sport.
Auch habe sich die Rallye geografisch deutlich von der Rallye Dakar unterschieden: Lange und unberechenbare Dünenpassagen prägten die fünf Etappen mit einer Gesamtlänge von mehr als 1.800 Kilometern. „Es war nicht einfach, auf den teils sehr tückischen Dünen mit ihren abgebrochenen Rückseiten den richtigen Rhythmus zu finden“, berichtete Stéphane Peterhansel. „Unser Tempo war richtig, und wir sind kein zu hohes Risiko eingegangen. Einmal mehr hat der Audi RS Q e-tron viel Spaß gemacht.“ Wie kompliziert das Terrain war, zeigte sich am Beispiel der Konkurrenz: Bereits am ersten Tag verloren die Mitfavoriten Nasser Al-Attiyah und Sébastien Loeb durch Schäden an ihren Autos alle Chancen auf gute Gesamtergebnisse.
Reifenschaden am zweiten Tag bremst nur kurz
Ein Reifenschaden am zweiten Tag war dagegen der einzige unplanmäßige Stopp für das Team Audi Sport. Dadurch verringerte sich zunächst der Vorsprung von 9.30 Minuten nach der ersten Etappe auf nur noch 7.49 Minuten. Nach einem Rückschlag für einen Verfolger auf der dritten Prüfung bauten Peterhansel/Boulanger ihren Vorsprung aber wieder kontinuierlich aus. „Erneut haben wir viel gelernt in diesem jungen Projekt“, sagte Sven Quandt, Geschäftsführer und Teamchef Q Motorsport. „Einerseits war es für uns ein Test, andererseits ging es auch um sportliche Ziele. Der erste Sieg ist natürlich etwas ganz Besonderes. Die höheren Temperaturen und die langen Dünenpassagen waren im Vergleich zur Rallye Dakar eine Steigerung. Umso schöner, dass der Audi RS Q e-tron so fehlerfrei lief und sich das elektrische Antriebskonzept auch bei härtesten Bedingungen bewährt hat.“
Nach dem historischen ersten Erfolg des Audi RS Q e-tron treibt das Team Audi Sport die Weiterentwicklung des Prototyps voran und bereitet sich parallel auf den nächsten Einsatz vor. Vom 6. bis 12. Juni steht die Andalucia Rally im Programm. Im Süden Spaniens warten zur Jahresmitte eine Qualifying-Stage und fünf Etappen von jeweils 200 bis 300 Kilometern Länge auf die Teilnehmer.