Eichstätt. – „Wir müssen jetzt handeln. Sonst werden wir uns eines Tages wundern, dass keiner mehr da ist, der sich um die Pflege kümmert“. Mit diesen drastischen Worten hat der bayerische Minister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, für eine große Pflegereform geworben. Er äußerte sich bei der Fachtagung zum „Welttag der Kranken“, die der Fachbereich Klinikseelsorge im Bistum Eichstätt organisiert hatte. Die digital durchgeführte Veranstaltung mit über 100 Teilnehmenden stand unter dem Motto: „Damit das Feuer nicht erlischt – Wege aus dem Pflegenotstand.“
Bei der abschließenden Podiumsdiskussion stellte sich Holetschek auf die Seite der Pflegenden. „Viele brennen für ihren Beruf. Doch sie brennen im wahrsten Sinne des Wortes aus, weil die Anforderungen immer höher werden.“ Die Rahmenbedingungen zu verbessern, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Da gebe es auch für die Kirche noch Nachholbedarf, ergänzte der Landes-Caritasdirektor Bernhard Piendl. Das Thema Pflegeberufe komme in den Kirchengemeinden kaum vor. „Es ist selbstverständlich, dass in den Pfarreien oder in der Jugendarbeit für geistliche Berufe geworben wird. Aber genauso selbstverständlich sollte es sein, dass auf pflegerische Berufe aufmerksam gemacht wird. Denn diese Berufe sind ebenso ein wertvoller Dienst am Menschen und kommen aus der christlichen Tradition heraus.“
„Viele leiden unter einer Dauerüberforderung“
Zum Auftakt der Fachtagung verwies Stephan Abt, Leiter des Sigmund-Faber-Heims in Hersbruck, auf die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Pflegekräften. Viele litten unter einer Dauerüberforderung. Hinzu kämen die Konflikte durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Abt warb in seinem Vortrag für eine „christliche Arbeits- und Psychohygiene“: „Inneres Feuer ist die Frucht eines spirituellen Weges und nicht Ergebnis von psychologischen Methoden und Entspannungstechniken.“ Es gehe um einen Weg, der über Selbsterkenntnis zu persönlicher Reifung führe, mit der Chance, zur ursprünglichen Berufsmotivation zurückzufinden.
Personallücke bis 2030 noch einmal um 4.000 Pflegekräfte größer
Die Präsidentin der Evangelischen Hochschule Nürnberg, Barbara Städtler-Mach, beschäftigte sich im zweiten Referat des Vormittags mit den äußeren Rahmenbedingungen des Pflegenotstands. „Die Überlastung der professionellen Pflege wird noch größer“ so die Referentin mit Blick auf die aktuellen Zahlen aus dem BARMER Pflegereport. Demnach werden bis zum Jahr 2030 in Bayern 4.000 Pflegekräfte mehr benötigt, als bisher berechnet wurden. Es gelte vor allem der geringen Wertschätzung sozialer Berufe in der Gesellschaft entgegenzuwirken. Ihr Resümee: „An den Arbeitsbedingungen sowie der Bezahlung von Pflegekräften wird die soziale Qualität eines Staates und die Glaubwürdigkeit der Kirche deutlich.“
Verschiedene Workshops, die spezielle Situationen der Pflegeberufe in den Blick nahmen, rundeten die Veranstaltung ab. Am Ende der Fachtagung zogen die Veranstalter ein positives Fazit: „Wir sind zufrieden, weil die kompetenten Referentinnen und Referenten viele Informationen und Anregungen gegeben hatten. Damit konnten wir uns politisches Gehör verschaffen“, sagte Klinikseelsorger Eugen Hartleitner vom Vorbereitungsteam. Seit 1997 organisieren Klinikseelsorger aus dem Bistum Eichstätt die Fachtagung für Menschen aus dem Gesundheitswesen anlässlich des Welttags der Kranken – in diesem Jahr zum 13. Mal. Als Kooperationspartner konnte neben dem Katholischen Pflegeverband Bayern und der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Eichstätt die evangelische Hochschule Nürnberg gewonnen werden.
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