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Gut leben und behütet sterben: Kinderkommission fordert bessere Hospiz- und Palliativversorgung

Impulspapier der Kinderkommission des Bayerischen Landtags zur Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche in Bayern

München/Eichstätt. – Wenn einem Neugeborenen, Kind, Jugendlichen, jungen Erwachsenen oder einem Elternteil nicht mehr viel Lebenszeit bleibt, wenn den Familien, den Eltern, Kindern und Geschwistern in absehbarer Zeit das Kostbarste genommen wird, versagt oft die Sprache – vor allem, wenn es um Kinder geht. Allein in Bayern leben mehrere Tausend Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die unheilbar erkrankt sind. Mehr als 500 von ihnen sterben jedes Jahr an ihrer schweren Erkrankung. Für sie ist Kinderhospizarbeit gefragt, für die die Kinderkommission des Bayerischen Landtags in einem Impulspapier Verbesserungen fordert, die im Dezember an Landtagspräsidentin Ilse Aigner übergeben und nun anlässlich des alljährlichen Tags der Kinderhospizarbeit am 10. Februar der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Zu Kosten und Finanzierung werden darin allerdings keine Angaben gemacht. Hier die wichtigsten Auszüge:

Mehr Rechte und Gelder für die Hospiz- und Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche fordert die Kinderkommission des Bayerischen Landtags mit der Eichstätter Landtagtsabgeordneten Tanja Schorer-Dremel als Vorsitzender (2. v. l.) in ihrem überparteilichen Impulspapier zur Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche in Bayern – hier bei der Übergabe im Bayerischen Landtag. Foto: oh

Wenn ein Kind, ein Jugendlicher oder ein junger Erwachsener an einer lebensbedrohlichen oder lebensverkürzenden Krankheit leidet, dann hat das massive Auswirkungen auf die Lebensqualität der ganzen Familie. Das beinhalte nicht nur die körperlichen, physischen Leiden der jungen Patienten, sondern betrifft auch die mentale und psychische Integrität der ganzen Familie, heißt es in dem Impulspapier. Nicht zuletzt die daraus resultierende ausgeprägte Einbeziehung des sozialen Umfeldes – Begleitung und Unterstützung – macht die Hospiz- und Palliativversorgung im Bereich von Kindern und Jugendlichen so herausfordernd.

Zur Zielgruppe der Kinderhospizarbeit gehören zudem auch „lebensverkürzend erkrankte“ Eltern, wie das dann diplomatisch genannt wird, mit Minderjährigen im Haushalt. Hierbei handelt es sich laut Christine Bronner von der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München (AKM) geschätzt um rund 30.000 betroffene Familien.

„Kinder und Jugendliche sowie junge Erwachsene mit lebensbedrohlicher und lebensverkürzender Krankheit und die betroffenen Familien haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine multiprofessionelle und individuell abgestimmte Begleitung – von Beginn an ab Diagnosestellung, im Krankheitsverlauf und nach dem endgültigen Abschied in der Zeit der Trauer, je nach Wunsch und Bedarf der betroffenen Familien“, stellt die Kinderkommission klar. Hierzu gehöre die Palliativversorgung (ambulant und stationär), die vor allem einen Fokus auf die medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Bedarfe legt, sowie die Kinderhospizarbeit an sich, die auch die pädagogische und psychosoziale Versorgung sicherstelle.

Das alles ist nur durch das unermüdliche Engagement aller in der Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche Tätigen möglich. Für die Akteure in diesem Bereich bedeutet dies häufig gleichzeitig auch eine große körperliche aber auch psychische Belastung. Die damit zusammenhängenden Herausforderungen für die tägliche Arbeit, aber auch die persönliche psychische Gesundheit, müssen deshalb mehr in den Fokus der Ausbildung und des Arbeitsalltags der betreffenden Fachkräfte integriert werden. Supervision zur psychischen Stärkung und Entlastung müssen zur Normalität werden und entsprechend finanziert werden.

„Mit ihrem Impulspapier will die Kinderkommission des Bayerischen Landtags die Gesellschaft für die Situation der Familien mit Kindern und Jugendlichen, die lebensverkürzend erkrankt sind, sensibilisieren, die Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche als gesamtgesellschaftliche Solidarleistung stärken und die Kinderrechte achten“, teillt die Kommission mit, deren Vorsitzende die Eichstätter Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremelist. Sie wolle ihre Wertschätzung für die fachkundige und gesellschaftlich wertvolle Tätigkeit aller Akteure im Bereich der Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche in Bayern zum Ausdruck bringen und dieses Engagement nachhaltig unterstützen.

Zu diesem Zweck hat die Kinderkommission mit Akteuren der Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche wie etwa „Bunter Kreis“, Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München oder der Arbeitsgemeinschaft der Kinderhospizdienste Bayern Gespräche geführt. Auch private Anbieter psychosozialer Unterstützungsangebote, wie zum Beispiel der „KlinikClowns Bayern e. V.“ oder die Aktion „Wünschewagen“ wurden in diese Gespräche miteinbezogen.

Vor diesem Hintergrund erhebt die Kinderkommission im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie deren Familien gegenüber den politisch Verantwortlichen und allen zuständigen Stellen folgende Forderungen zur Verbesserung der strukturellen und finanziellen Situation von Fachkräften und Ehrenamtlichen in der Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche:

  • Sicherstellung palliativer und hospizlicher Betreuung von Kindern und Jugendlichen und deren Familien bereits ab Diagnosestellung.
  • Individuelle, multiprofessionelle palliative und hospizliche Betreuung über den gesamten Krankheitsprozess. Dies schließt auch den Tod und die Trauerphase mit ein.
  • Verbesserung der Situation der haupt- und ehrenamtlich Tätigen.
  • Stärkung der Selbstbestimmung und der gesellschaftlichen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzenden Erkrankungen. Kinder und Jugendliche sind altersgerecht über ihre Diagnose aufzuklären und in die Therapieplanung miteinzubeziehen. Die psychologische Versorgung soll nach Bedarf unbürokratisch und zeitnah ermöglicht werden.
  • Zielgruppenspezifische Verbesserung von Informations- und Beratungsangeboten für betroffene Familien, auch wenn die Eltern lebensverkürzend erkrankt sind.
  • Stärkung und Entlastung des Ehrenamts in der Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche. Die ehrenamtliche Beteiligung darf nicht zwingende Voraussetzung für familienentlastende Leistungen sein.
  • Stärkung der ehrenamtlichen Verbandsarbeit durch entsprechende bundesgesetzliche Regelung, u.a. in der Finanzierung.
  • Sicherstellung einer bayernweit flächendeckenden Versorgung mit stationären und ambulanten Angeboten der Hospiz- und Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche. Ermittlung und regelmäßige Prüfung des tatsächlichen Bedarfs.
  • Erhalt des gesellschaftlichen Solidarvertrags, keine Gewinnorientierung und kein Wettbewerb im Bereich der Hospiz- und Palliativarbeit für Kinder und Jugendliche, auch im Neugeborenenbereich.
  • Sicherstellung sowie regelmäßige Evaluierung einer auskömmlichen Finanzierung als Regelleistung der Krankenkassen:
    – der ambulanten Kinderhospizarbeit durch Abschluss einer eigenen Rahmenvereinbarung (analog der Rahmenvereinbarung zur stationären Kinderhospizversorgung),
    – der stationären Hospizleistungen für Kinder und Jugendliche durch entsprechende bundesgesetzliche Regelungen
    – die gesetzlich vorgesehenen Kostendeckungsgrade sind in der Praxis zwingend zu erreichen und einzuhalten,
    –  fachlich fundierter Supervision für haupt- und ehrenamtlich Tätige in Kinderhospizdiensten und im Krankenhaus, stärkere Fokussierung auf das Thema psychische Gesundheit in der Ausbildung und im Arbeitsalltag,
    –  von psychosozialer Arbeit, wie z.B. Krisenintervention nach Diagnosestellung, in Kliniken durch Fachkräfte,
    –  von spezialisierter Angehörigen- und Pflegeberatung in der Kinderhospiz- und Palliativarbeit,
    –  von individueller reha- und sozialmedizinischer Nachsorge.
  • Verankerung in der Ausbildung und Schulung der Kommunikationstechniken und -fähigkeiten für Studierende und Auszubildende der in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit lebensverkürzenden Erkrankungen beteiligten Berufsgruppen (z.B. Medizin, Psychologie, Sozialpädagogik, Theologie) hinsichtlich der „Überbringung schlechter Nachrichten“.
  • Unterstützung von Initiativen zur psychischen Stärkung und Stabilisierung der kranken Kinder und Jugendlichen, wie z.B. die Angebote der „KlinikClowns Bayern e.V.“ oder Projekte wie „Wünschewagen“ und wertschätzende Anerkennung als systemrelevant.
Quelle
Büro Schorer-Dremel
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