Eichstätt. – Die Spannung steigt vor der Kreistagssitzung am morgigen Montag. Der Ton rund um das zentrale Thema der letzten Monate für das Gremium ist in den letzten Wochen emotionaler geworden: die „Agenda 2030“ und die Standortfrage der Krankenhausversorgung. Mandatsträger aus dem östlichen Landkreis Eichstätt hatten sich zuletzt öffentlich vehement für einen vollwertigen Krankenhausstandort in Kösching ausgesprochen. In einem Pressegespräch mit Ei-Live.de halten Vertreter des Fördervereins „Freunde und Förderer der Klinik Eichstätt“ nun dagegen. Die Argumente sehen sie ganz klar auf ihrer Seite – wünschen sich aber vor allem auch eine sachliche Entscheidung auf der Basis von Fakten statt einer politischen oder gar populistischen Aufladung des Themas – und keine Spaltung.
Von Stephan Zengerle
Es kann nur einen geben. Darin war man sich in der letzten Kreistagssitzung Ende November über alle Partien hinweg mit großer Mehrheit einig. Gemeint ist nur noch ein vollwertiger Krankenhausstandort im Landkreis Eichstätt. Aber welcher von beiden: Eichstätt oder Kösching? Die Entscheidung darüber rückt näher. Spätestens nach der Weihnachtsruhe ist die Diskussion darüber wieder aufgeflammt.
Die politischen Diskussionen im Kreistag seien bisher über lange Zeit ruhig und sachlich verlaufen, sagt Sigurd Eisenkeil erfreut. Er ist selbst Arzt, war rund 30 Jahre lang als Vorsitzender oder Stellvertreter an der Spitze des Ärztlichen Kreisverbandes in der Region tätig und bis vor Kurzem noch Kreistagsmitglied. Er kennt daher die Befindlichkeiten und die Probleme im Gesundheitssystem insgesamt, aber auch die in der Region bestens. „Wir dürfen diese Entscheidung nicht auf die lange Bank schieben“, betont er nachdrücklich – „unabhängig vom Standort“, betont der erfahrene Arzt.
Diskussionen zunehmend populistisch?
Inzwischen ist er auch Vorsitzender des Freundeskreises der Klinik Eichstätt – und sieht einerseits die Argumente auf seiner Seite. Vieles spreche ganz klar für einen Krankenhausstandort Eichstätt – alleine schon eine Versorgung in der Fläche. Natürlich sei ihm und den rund 120 Mitgliedern des Vereins auch an dem Erhalt der vollwertigen Krankenhausversorgung in Eichstätt gelegen. Und er könne natürlich auch verstehen, dass es in Kösching beim dortigen Förderverein und in der Politik und Bevölkerung nicht anders sei. Aber er habe andererseits mit Sorge beobachtet, wie in den letzten Wochen versucht worden sei, hier zugunsten des Standortes Kösching Druck auszuüben, die Diskussion emotional aufzuladen und von sachlichen Argumenten zu entfernen.
„Nicht zu Gegnern erklären“
Es dürfe hier keine in Ansätzen populistische Herangehensweise geben, warnen Bittl und Eisenkeil angesichts jüngster Schlagzeilen. In den letzten Wochen habe es Versuche gegeben, in mehreren Medienberichten lautstark Stimmung zu machen und politisches Kapital aus dem öffentlichen Trommeln für den Standort Kösching herauszuschlagen – und das zum Teil mit nicht ganz korrekten, um nicht zu sagen verdrehten Fakten, erklärt auch Hans Bittl, ebenfalls Vorstandsmitglied beim Eichstätter Förderverein. Denn entgegen anders lautender Äußerungen aus Kösching sei die Versorgung im Landkreis bei einer Entscheidung pro Kösching weit mehr gefährdet. Hier sei in Kösching mit nicht ganz korrekten Zahlen und Argumenten gearbeitet worden.
Man könne natürlich verstehen, dass es hier Sorgen und Wünsche im östlichen Landkreis gebe, sagen Eisenkeil und Bittl. Aber es dürfe nicht zu einer Spaltung kommen. Auch Landrat Alexander Anetsberger hatte sich bei einer Informationsveranstaltung zur Klinik Kösching vor Ort in Mendelstetten ähnlich geäußert: Man dürfe sich nicht zu Gegnern erklären, sondern müsse einen konstruktiven Dialog führen. Man habe sich in der Vergangenheit auch immer wieder mit dem Köschinger Förderverein ausgetauscht und an gemeinsamen Gesprächen mit dem Landrat teilgenommen, so Bittl und Eisenkeil. „Am liebsten wäre auch uns, wenn beide Krankenhausstandorte eine tolle Zukunft hätten“, sagen sie. Aber das sei aus einer Vielzahl von Gründen vom Fachkräftemangel über Regulierungsfragen und die Krankenhausfinanzierung eine Illusion. „Das weiß jeder, der sich damit beschäftigt hat“, betonen sie – auch mit Blick auf jüngste öffentliche Einlassungen politischer Akteure, die nun wieder öffentlich über zwei Krankenhausstandorte philosophierten – wie etwa jüngst die Freien Wähler.
Freie Wähler mit neuer Position?
Das steht klar im Widerspruch zur letzten Kreistagssitzung im vergangenen Jahr, in der bereits mit klarer Mehrheit und auch mit den Stimmen der Freien Wähler die Entscheidung gefallen war (siehe damaliger Bericht unten), aus den allen längst bekannten Gründen in Zukunft nur noch ein vollwertiges Krankenhaus zu erhalten. Das soll dafür weiterentwickelt werden, aber auch der jeweils andere Standort in anderer Form erhalten und zum Beispiel als ambulantes Zentrum massiv gestärkt und zu einem echten Gesundheitszentrum ausgebaut werden, das für die Gesundheitsversorgung in der Region Vorteile bringe. Denn genau das müsse im Mittelpunkt aller Diskussionen stehen: die bestmögliche Gesundheitsversorgung in der Region, betonen auch Bittl und Eisenkeil.
Und dafür brauche es eine Kooperation in der immer wieder beschworenen „Gesundheitsregion 10“ und insbesondere mit dem Klinikum Ingolstadt im Zentrum, die auch die Freien Wähler nun wieder als Anlass für ihren Richtungswechsel vorbringen. Man darf gespannt sein, ob sie in der morgigen Sitzung die von ihnen mitgetragene Entscheidung aus der letzten Kreistagssitzung wieder in Frage stellen oder ob sie auf eine weitere Verlängerung des Entscheidungsprozesses drängen wollen.
„Können uns keine Hängepartie leisten“
Man könne sich aber nicht leisten, abzuwarten, bis die Gespräch hier abgeschlossen seien. Das könne Jahre dauern und zu einer Hängepartie führen, sagen Eisenkeil und Bittl. „Wir brauchen eine schnelle Entscheidung, um dann auf dieser Basis die Gesundheitsregion 10 mitzugestalten“, so Eisenkeil. „Wir haben die Befürchtung, dass uns die Entscheidung von einer höheren Ebene abgenommen wird, wenn wir zu lange warten – und zwar so, wie wir das alle im Landkreis nicht wollen“, erklären er und Bittl.
Stattdessen gelte es jetzt, noch einmal alle Argumente zu prüfen und dann auf dieser sachlichen Basis schnellstmöglich eine Entscheidung zu treffen, um keine weitere Zeit zu verlieren. Denn der Umbau der beiden Standorte werde dann ohnehin noch einmal Jahre in Anspruch nehmen. „Unsere Präferenz ist natürlich Eichstätt“, sagen sie. Man habe einfach die besseren Argumente auf seiner Seite. Die psychiatrische Tagesklinik etwa, die in Eichstätt entstehen solle und eine akutmedizinische Versorgung vor Ort erfordere. Oder die Versorgung in der Fläche, die durch die Nähe zwischen Kösching und Ingolstadt in Eichstätt besser gegeben sei. Dennoch könne man aber auch den Standort Kösching weiterentwickeln: Als echtes ambulantes medizinisches Zentrum, mit tagesklinischen Einrichtungen wie ambulantem Operationszentrum sowie als Geburtszentrum. Er glaube, dass Kösching ohnehin weiter auf Jahre hinaus das geburtshilfliche Zentrum bleiben müsse, vermutet Eisenkeil.
Solche Zentren seien auch attraktiv für gute Ärzte und folgten dem klaren Trend zu solchen spezialisierten Einrichtungen wie es sie in Eichstätt zum Beispiel mit dem internistischen Zentrum oder in Sachen Augenmedizin schon gebe. Im Endeffekt könnte so auch die Bevölkerung vor Ort in Kösching und Umgebung mit ihren durchaus vielen Einwohnern profitieren. Umgekehrt werde so die medizinische Versorgung auch im westlichen Landkreis mit seinen weiteren Wegen gesichert und verbessert. Eichstätt als Mittelzentrum habe ohnehin fest definierte Aufgaben – und dazu gehöre auch die medizinische Versorgung, so Hans Bittl. Man darf gespannt sein, wie emotional oder doch sachlich es morgen zugeht – Hans Bittl und Sigurd Eisenkeil werden es gespannt verfolgen.