Eichstätt. – „Integration gelingt in der Regel dann, wenn man den Menschen eine echte Chance gibt.“ Das hat Angela Müller von der Flüchtlings- und Integrationsberatung (FIB) bei der Caritas-Kreisstelle Eichstätt anlässlich des Internationalen Tages der Migranten am 18. Dezember erklärt. Sie ist auch Sprecherin für die FIB beim Eichstätter Diözesan-Caritasverband. Wie die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop–Deffaa, begrüßt Angela Müller grundsätzlich die migrationspolitischen Ankündigungen im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung: Insbesondere die Sätze „Arbeitsverbote für bereits in Deutschland Lebende schaffen wir ab“ sowie „Für eine möglichst rasche Integration wollen wir für alle Menschen, die nach Deutschland kommen, von Anfang an Integrationskurse anbieten“. Denn es sei fatal für Motivation und Psyche, so Müller, wenn Menschen hier mehrere Jahre leben, ohne Zugang zu einem Deutschkurs zu haben. Insgesamt aber gebe es viele, viele positive Beispiele für gelungene Integration.
Viele in Ausbildung und Arbeit
Von den geflüchteten Menschen, die seit der Zeit um das Jahr 2015 – als besonders viele nach Deutschland gekommen seien – bei Caritas-Kreisstellen im Bistum Eichstätt beraten worden seien, hat laut Schätzung von Angela Müller über die Hälfte eine Arbeit gefunden: und zwar vor allem in den Bereichen Gastronomie, Reinigung, Bau und Industrie. „Mehrere haben auch bereits eine Ausbildung abgeschlossen und viele absolvieren eine, zum Beispiel in der Pflege“, ergänzt die Beraterin, für die Arbeit ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der Integration ist – aber nicht das einzige.
Die erfolgreichsten geflüchteten Menschen sind nach ihrer Erfahrung jene, die möglichst schnell nach ihrer Ankunft an Integrationsmaßnahmen teilnehmen durften. „Und das waren zum einen junge Menschen unter 21 Jahren, die die Berufsintegrationsklassen an Berufsschulen nutzen konnten, und zum anderen solche mit einer guten Bleibeperspektive, die zügig die Integrationskurse wahrnahmen – etwa Geflüchtete aus Syrien oder Eritrea.“ Zu jenen, die sich gut integrieren konnten, gehören der 25-jährige Mujeeb Amiri aus Afghanistan sowie die 29-jährige Wegahta Teklehaimanot und der ebenfalls 29-jährige Weldu Tekle aus Eritrea. Alle drei fühlen sich wohl in Eichstätt und haben Arbeit, haben aber auch nicht nur positive Erfahrungen gemacht.
Sicherheit und Freunde gefunden
Mujeeb Amiri floh 2015 nach Deutschland und lebte eine Zeit lang in der seinerzeitigen Flüchtlingsunterkunft in der alten Berufsschule Eichstätt. Heute hat er eine eigene Wohnung in Eichstätt und arbeitet als Produktionshelfer bei einer Gießerei in Beilngries. „Dass ich gleich zu Beginn in die Berufsschule gehen konnte, war gut“, sagt er rückblickend. In Eichstätt fühlt er sich sicher und freut sich, viele deutsche Freunde gefunden zu haben – sowie eine Familie in Preith, zu der er einen besonders engen Kontakt pflegt. Doch sein Asylverfahren ist auch sechs Jahre nach seiner Flucht aus Afghanistan nicht abgeschlossen. Er hofft darauf, dass die inzwischen noch schwierigere Lage in seinem Heimatland unter dem Regime der Taliban nun zumindest Vorteile für seine Anerkennung bringt. Vor allem bedauert er, „dass zweimal bereits abgeschlossene Ausbildungsverträge von mir durch die Ausländerbehörde abgelehnt wurden“. Doch Mujeeb Amiri hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, eine Ausbildung absolvieren zu können: „entweder zum Industriemechaniker oder in einem Fitnessstudio“, wünscht er sich.
Nur einmal wegen Hautfarbe beleidigt – Menschen hier „hilfsbereit und nett“
Wegahta Teklehaimanot flüchtete mit ihrem Mann 2016 aus Eritrea nach Deutschland. Sie waren zuerst in einer Notunterkunft in München untergekommen, dann in Flüchtlingsunterkünften in Donauwörth und Wellheim. Inzwischen wohnt die Familie mit zwei Kleinkindern in Eichstätt. Froh ist die Frau aus Eritrea darüber, dass ihr Mann eine feste Arbeit in einem Betonwerk hat. Sie selbst hat einen Minijob als Reinigungskraft bei einem Lebensmittelgeschäft und absolviert zudem derzeit einen weiterführenden Online-Deutschkurs. Ihre beiden Kinder gehen in einen Kindergarten beziehungsweise eine Kinderkrippe.
„Wir leben hier zufrieden, wenngleich ich auch Heimweh habe. Aber in Eritrea herrscht eine Diktatur“, erzählt Wegahta Teklehaimanot. „Die Menschen sind hier hilfsbereit und nett“, hat sie erlebt. Lediglich einmal sei sie wegen ihrer dunklen Hautfarbe auf der Straße beleidigt worden, aber dies habe sie ignoriert. Nach Abschluss ihres Deutschkurses kann sie sich vorstellen, eine Ausbildung zur Kinderpflegerin oder Verkäuferin zu absolvieren. Dem Eichstätter Caritas-Flüchtlings- und Integrationsdienst hilft die Frau aus Eritrea ehrenamtlich bei Übersetzungen für ihre Landsleute.
Deutsche Staatsbürgerschaft gewünscht
Dies tun auch Mujeeb Amiri sowie Weldu Tekle, der wie Wegahta Teklehaimanot aus Eritrea stammt. Er floh 2014 nach Deutschland. Weldu Tekle hat bereits eine Ausbildung bei einer Metallbaufirma abgeschlossen und wurde dort übernommen. In seiner neuen Heimat fühlt er sich so wohl, dass er sich ebenso wie Mujeeb Amiri und Wegahta Teklehaimanot wünscht, eines Tages die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Dies zum einen, weil sie sich mit Deutschland stärker identifizieren als mit dem Land, aus dem sie flohen, zum anderen aber zum Beispiel auch, um dann frei reisen zu können. Restriktionen haben Weldu Tekle durchaus frustriert. Erst dieses Jahr hat er die Erlaubnis bekommen, den Führerschein zu machen. Und er verschweigt auch nicht, dass er „auf der Straße schon öfters das N-Wort gehört“ hat. Doch auch er ist froh, eine Arbeit und eine eigene Wohnung zu haben und heute sicher leben zu können. el