Wohin bewegt sich die Demokratie in Deutschland und Polen? Welche Ursachen haben die Veränderungsprozesse in beiden Ländern, und welche Folgen haben diese für die demokratischen Gesellschaften? Diesen Fragen geht ab dem kommenden Jahr ein neues Kooperationsprojekt der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) mit der Universität Wroclaw im polnischen Breslau nach. Kooperationspartner sind der Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft (Prof. Dr. Klaus Stüwe) der KU und der Lehrstuhl für Deutschlandforschung (Prof. Dr. Tadeusz Lebioda) an der Universität Wroclaw. Das vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) geförderte dreijährige Projekt ist zugleich Auftakt für eine neue Partnerschaft zwischen beiden Institutionen. Neben Tagungen und Workshops in beiden Ländern gehört zum Programm der Kooperation auch ein gegenseitiger Austausch von Dozierenden und Studierenden.
Kern des gemeinsamen Projekts wird es sein, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der demokratischen Veränderungsprozesse in Deutschland und Polen zu analysieren und in der Lehre gemeinsam mit Studierenden zu bearbeiten. Systematisch sollen die demokratischen Teilregime in beiden Ländern untersucht und eingeordnet werden. Gerade Studierende erhalten so die Möglichkeit, von den Erfahrungen zweier Länder zu lernen.
Parteien und veränderte Partizipation
Insbesondere aber sollen auch einzelne Forschungsfelder vom Vergleich profitieren, zum Beispiel im Bereich der Parteien- und Partizipationsforschung. So soll im Rahmen des Projekts untersucht werden, warum trotz offensichtlicher Veränderungen im Partizipationsverhalten und eines Wandels von Parteiensystemen einzelne politische Parteien in beiden Ländern über einen längeren Zeitraum erfolgreich geblieben sind. Ein aktuelles Forschungsprojekt an der Universität Wroclaw befasst sich etwa mit der bayerischen Volkspartei CSU und fügt sich so in die Kooperation ein.
Veränderungen durch Megatrends
Bei der Analyse demokratischer Veränderungsprozesse sollen auch ausgewählte Politikfelder und Bezugssysteme eine Rolle spielen, die für Polen und Deutschland eine gemeinsame Herausforderung darstellen. Relevante Bezüge könnten zum Beispiel Globalisierungsphänomene, Migration, Digitalisierung, Klimapolitik sowie die Bedeutung von Religion und Säkularisierungsprozessen in beiden Ländern sein. Auch die besonderen regionalen Bezüge zwischen Bayern und Niederschlesien könnten berücksichtigt werden. Solche Themen eigneten sich zugleich gut für eine didaktische Aufbereitung und Bearbeitung mit Studierenden beider Länder, insbesondere auch in Form von Studienabschlussarbeiten, so die Initiatoren.
Deutsch-französische Aussöhnung als Vorbild
„Um besser zu verstehen, warum und wie die Demokratie(n) in Bewegung geraten sind, werden sowohl politikwissenschaftliche als auch historische Ansätze gewählt und ein interdisziplinärer Dialog angeregt“, heißt es. „Es geht um die gegenseitige Wahrnehmung der Gemeinsamkeiten und der Versöhnung.“ Der Aussöhnungsprozess zwischen Deutschland und Frankreich etwa sei 1991 in der Erklärung zum Weimarer Dreieck als Vorbild für eine deutsch-polnische Versöhnung herangezogen worden. Die vorhandene Frankreich-Expertise an der KU – unter anderem durch einen integrierten Studiengang mit einem Politikinstitut im französischen Rennes – könne in die hier angestrebte vergleichende, bilaterale Analyse eine weitere Perspektive einbringen.