Vom Dom über Rathaus und Landratsamt, Bischofspalais und Ordinariat bis hin zur Volksschule am Graben, Gabrieli-Gymnasium oder dem Infozentrum des Naturparks Altmühltal – 41 größtenteils historische Gebäude in der Eichstätter Innenstadt sollen in Zukunft über ein Nahwärmenetz mit regenerativer Energie versorgt werden. Darauf haben sich die Diözese Eichstätt, der Freistaat Bayern, Stadt und Stadtwerke Eichstätt, der Landkreis Eichstätt sowie die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt geeinigt und eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.
Es ist ein „weiterer wichtiger Baustein für eine erneuerbare Energieversorgung in Eichstätt“ – so formulierte es nicht nur der Eichstätter Oberbürgermeister Josef Grienberger bei der Vorstellung des Gemeinschaftsprojekts, in deren Rahmen die Absichtserklärung noch einmal feierlich auf einer großen Tafel unterzeichnet wurde – sondern so sehen es auch die anderen Beteiligten eines Projekts, das in wenigen Jahren rund 40 große Gebäude in der Eichstätter Innenstadt mit Nahwärme versorgen und dabei 1530 Tonnen CO2 einsparen soll. Die ersten Schritte seien dabei sehr schnell gegangen, so Grienberger. Erst am 7. Juli habe man sich auf Initiative der Diözese erstmal zusammengesetzt und könne nun, trotz der Sommerpause nur rund zwei Monate später, bereits den Startschuss für ein zukunftsweisendes Projekt geben.
Vier Millionen Euro und Energie für ganzes Stadtviertel
Gemeinsam soll ein Nahwärmenetz errichtet werden, das aus regenerativer Energie gespeist und von den Stadtwerken Eichstätt, nämlich der Stadtwerke Eichstätt Versorgungs-GmbH, betrieben werden soll. Die Eckdaten allerdings sind in etwa klar: Rund neun Millionen Kilowattstunden Wärmeenergie sollen nicht mehr wie bisher aus fossilen Energieträgern, sondern in Zukunft aus regenerativ erzeugter Wärmeenergie kommen und voraussichtlich 41 Liegenschaften im Innenstadtbereich versorgen. Das Projekt soll rund vier Millionen Euro kosten und jährlich 1530 Tonnen CO2 einsparen.
Das Volumen entspreche in etwa dem Bedarf „von mindestens 400 Einfamilienhäusern“, so Markus Brautsch, Professor am Institut für Energietechnik IfE GmbH an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden – jedenfalls wenn es sich dabei um schlecht gedämmte Altbauten handelt. Die Energie würde aber rein rechnerisch wohl auch für bis zu 1000 modern isolierte Einfamilienhäusern reichen – also ein ganzes Stadtviertel. In den nächsten Wochen werde geprüft, welche Technologie und welcher Standort dafür am besten geeignet sei, erklärt Brautsch, der mit seinem Team vom IfE mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie beauftragt worden ist, die die Details klären soll. Es werde ergebnis- und technologieoffen geprüft, was die beste Möglichkeit der Versorgung sei, so Brautsch.
Details bis Anfang 2022
Ob mit Hackschnitzel, einem Aggregat zur Kraftwärmekopplung oder anderen Technologien – bis Anfang nächsten Jahres könne man mit ersten Ergebnissen rechnen. Bis zur Fertigstellung aber könne es aufgrund der technischen Komplexität noch ein paar Jahre dauern, so Brandl im Rahmen der öffentlichen Projektvorstellung am Biomasseheizwerk Schottenau – neben einem der möglichen Standorte für die neue Anlage.
Schließlich gebe es hier nicht nur den Platz, sondern auch ideale Bedingungen für die Anlieferung etwa von Biomasse, wie er den Gästen auch bei einer Führung in dem 2010 in Betrieb genommenen Hackschnitzelheizwerk zeigte. Weitere Möglichkeit sei neben einem ganz neuen Standort eine Fläche neben dem weiteren Biomethan-BHKW in der Spitalvorstadt, das die Stadtwerke seit 2013 im Betrieb haben.
„Konsequenter weiterer Schritt für eine erneuerbare Energieversorgung“
„Es ist ein konsequenter weiterer Schritt für eine erneuerbare Energieversorgung der Stadt Eichstätt“, bilanziert Wolfgang Brandl. Man baue hierbei auf der Erfahrung der bisherigen Projekte auf – wie dem Heizwerk Schottenau, dem BHKW in der Spitalvorstadt oder einem mit Klärgas betriebenen BHKW in der Zentralkläranlage in Eichstätt auf, die bereits seit Jahren große Gebäulichkeiten wie die Bereitschaftspolizei, das Eichstätter Krankenhaus oder weitere Gebäude der Universität mit regenerativer Energie versorgen (siehe Kasten).
„Ein gutes Zeichen gemeinsamer Verantwortung für die Zukunft der Menschen“ sei das Projekt, so Thomas Schäfers, Amtschef der Diözese. „Klimaschutz ist ein Gebot der Stunde. Gerade die öffentliche Hand muss bei Klimaprojekten vorangehen und ein Beispiel geben“, sagte Landrat Alexander Anetsberger. Dabei folge man auch gesetzlichen Vorgaben, wie Baudirektor Thomas Sendtner vom staatlichen Bauamt Ingolstadt sagte: „Die Staatsbauverwaltung verfolgt das Ziel des bayerischen Klimaschutzgesetzes für Klimaneutralität bis zum Jahr 2030.“
Sechs Projektpartner
Die Diözese um Amtschef Thomas Schäfers ist nicht nur Initiator, sondern auch einer der Hauptabnehmer für die erneuerbare Energie: 630 Tonnen CO2-Einsparung entfallen auf die viele historischen Gebäude rund um den Dom, oder auch das neue Haus für Kirchenmusik. Auf die Ämter des Freistaats Bayern am Residenzplatz würden weitere 370, sowie auf Stadt und Landkreis Eichstätt 210 beziehungsweise 150 Tonnen und schließlich die Universität 130 Tonnen CO2-Einsparung entfallen – so haben Berechnungen ergeben. Als Vertreter der sechs beteiligten Einrichtungen unterzeichneten Schäfers, Grienberger, Landrat Alexander Anetsberger, Stadtwerkechef Wolfgang Brandl, Baudirektor Thomas Sendtner vom Staatlichen Bauamt Ingolstadt, und Roland Molitor als Vertreter der Stiftung Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt eine Absichtserklärung.
Die Stadtwerke Eichstätt Versorgungs-GmbH ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Eichstätt. Das Unternehmen ist verantwortlich für die Versorgung Eichstätts mit Strom, Gas und Nahwärme, betreibt das Inselbad, die Tiefgarage Pedettistraße sowie mit der Stadtlinie den öffentlichen Personennahverkehr in Eichstätt.
Die Umweltfreundlichkeit ihrer Angebote und Produkte immer weiter zu steigern, sei den Stadtwerken seit Jahren ein wichtiges Anliegen, so Stadtwerkechef Wolfgang Brandl. Bereits seit 2010 versorgen die Stadtwerke über das Biomasseheizwerk Schottenau nicht nur das Krankenhaus Eichstätt, sondern auch zahlreiche Liegenschaften der Universität und der Kirche sowie der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Es wird mit naturbelassenen Hackschnitzeln betrieben und verbessert die CO2-Bilanz der Stadt Eichstätt bei einer Wärmeabgabe von rund 15 Millionen Kilowattstunden um jährlich rund 2200 Tonnen. Daneben wird das Neubaugebiet „Spitalstadt“ von den Stadtwerken über ein mit Biomethan betriebenes Blockheizkraftwerk mit regenerativer Wärme versorgt.
Seit Mai 2013 in Betrieb, spart das Blockheizkraftwerk bei einer Wärmeabgabe von bis zu neun Millionen Kilowattstunden und einer regenerativen Stromerzeugung von bis zu vier Millionen Kilowattstunden jährlich rund 1850 Tonnen CO2 ein. Außerdem betreiben die Stadtwerke ein Wasserkraftwerk auf der Wasserwiese, ein mit Biogas versorgtes Blockheizkraftwerk auf der Zentralkläranlage sowie mehrere Photovoltaikanlagen. Im Bereich der Windkraft halten die Stadtwerke Beteiligungen an mehreren Windkraftanlagen.