Panorama

35 Millionen für das „neue Kinderdorf“

Kinderdorf Marienstein soll saniert werden – größtes Einzelprojekt in der Geschichte des Caritas-Verbandes

Es ist das größte Einzelprojekt in der mehr als 100-jährigen Geschichte der Caritas Eichstätt. Und das will durchaus etwas heißen, bei einem Verband, in dem mehr als 30 Seniorenheime und andere Einrichtungen gebündelt sind: 35 Millionen Euro sollen in das Kinderdorf Marienstein investiert werden, um den Gebäudekomplex, der sich mit speziellen pädagogischen Konzepten um besondere Kinder und Jugendliche kümmert, auf den neuesten Stand zu bringen.

Es soll bunter, heller und freundlicher, ökologischer und funktionaler werden, das neue Kinderdorf Marienstein. 45 Jahre nach der Eröffnung der pädagogischen Einrichtung, in der vor allem Kinder und Jugendliche aus schwierigen familiären Verhältnissen untergebracht sind, gibt es viel Anlass für eine Generalsanierung, bei dem in den nächsten Jahren nicht nur in die Jahre gekommene Bausubstanz und Technik, sondern auch die räumliche Situation auf den neuesten Stand gebracht werden soll. Denn das sei überfällig, sagt die pädagogische Leiterin Brigitte Radeljic-Jakic. Knapp zehn Quadratmeter und wenig Privatsphäre durch einen Mangel an Einzelzimmern und beengte Nasszellen sind nur einige der Probleme, die sich nicht erst seit Pandemiezeiten stellen.

35 Millionen für das „neue Kinderdorf“
Ein buntes neues Kinderdorf planen Wolfgang Gürtner (links) und Markus Kixmöller von Hitzler Ingenieure sowie die pädagogische Leiterin Brigitte Radeljic-Jakic und Verwaltungsleiter Florian Fischer (rechts). Foto: Zengerle

Steigende Nachfrage in Coronazeiten

In der Coronazeit sei auch die Zahl der Anfragen noch einmal deutlich gestiegen, sagt Verwaltungsleiter Florian Fischer – und zwar „beinahe beängstigend“. „Wir bekommen derzeit jede Woche allein drei Anfragen für die Wohngruppe für Kinder mit Störungen aus dem Autismus-Spektrum.“ Die wurde erst im September letzten Jahres eingerichtet. Aber auch die anderen Angebote wie die sechs heilpädagogischen, drei intensivpädagogische Wohngruppen sowie zwei Außenwohngruppen in Dollnstein und Ingolstadt für kleinere Kinder sowie Jugendliche und eine Tagesstätte und Erziehungsstellen stoßen auf rege Anfragen aus Jugendämtern aus weiten Teilen Deutschlands. Für die Zukunft sei mit einem weiterhin hohen Bedarf für solch einen beschützten Raum, in dem die Kinder und Jugendlichen aus schwierigen Familienverhältnissen betreut werden können, zu rechnen, so Fischer – im Kinderdorf in Zukunft in Räumlichkeiten, die modernen Anforderungen entsprächen.

Das beginne bereits beim Brandschutz und Haustechnik, reiche über Themen der Barrierefreiheit bis hin zu einem erhöhten Raumbedarf für die inzwischen rund 180 Mitarbeiter, die die insgesamt rund 110 Kinder auch schulisch betreuen. Nicht nur die drei Wohngebäude, sondern auch die Schule soll erneuert werden. Hier habe die Planung erst begonnen. Ein Dienst- und Technikgebäude mit Carport soll neu errichtet und auch das „Haus 4“, in dem bis vor wenigen Jahren die Klosterschwestern untergebracht waren, die auf die kirchlichen Wurzeln der Einrichtung hinweisen, erhalten und neu genutzt werden.

35 Millionen für das „neue Kinderdorf“
Der Dorfcharakter des Kindersorfs soll auch nach dem Umbau erhalten bleiben. So zeigen es auch erste Umbaupläne (Grafik unten). Foto/Grafik: Caritas-Kinderdorf Marienstein

35 Millionen für das „neue Kinderdorf“

Wurzeln im 19. Jahrhundert in Möhren

Denn tatsächlich geht das Kinderdorf auf ein Hilfsangebot des Pfarrers Johann Michael Schmidt zurück, der ab 1881 in Möhren bei Treuchtlingen die ersten elternlosen Kinder aufnahm. Daraus entwickelte sich im „Schutzengelhaus“ dort eine Einrichtung, die aber Mitte des 20. Jahrhunderts zu klein wurde, vom Orden Maria Stern 1974 in die Trägerschaft des Caritasverbandes wechselte und nach Eichstätt umsiedelte. 1976 wurde das heutige Caritas-Kinderdorf Marienstein eingeweiht, das nun grundlegend saniert werden muss. Durch den Umbau soll insgesamt auch Raum für mehr Betreuungsplätze oder eine andere Nutzung wie etwa einen Kindergarten für das nahegelegene neue Baugebiet am Blumenberg geschaffen werden.

Eine besondere Herausforderung sei natürlich der Umbau im laufenden Betrieb, so Wolfgang Gürtner und Markus Kixmöller von Hitzler Ingenieure, die die Projektsteuerung und Vorbereitung übernommen haben. In der Bauzeit soll eine eigene Baustraße für den logistischen Zugang sorgen. Die Wohngruppen müssten schrittweise vorübergehend verlegt werden. Hier prüfe man derzeit mehrere Möglichkeiten innerhalb und außerhalb der Caritas.

„Jeder investierte kommt doppelt zurück“

Die Vorplanungen sind inzwischen größtenteils abgeschlossen. Dennoch gibt es insbesondere in Sachen Finanzierung noch viel zu klären. „Wir können das nicht aus eigenen Mitteln stemmen“, hatte der stellvertretende Caritasdirektor Andreas Steppberger kürzlich gesagt. Und so hofft man auf Unterstützung von verschiedenen Seiten, um die prognostizierten 35 Millionen zu stemmen. Eine enorme Summe, aber gut investiertes Geld, meinen Brigitte Radeljic-Jakic und Florian Fischer. Schließlich sei das Ziel immer, die Jugendlichen wieder in die Familie zu integrieren und auch für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Dann rechne sich der Aufwand, der hier betrieben werde nicht nur aus menschlich-sozialer, sondern auch aus volkswirtschaftlicher Sicht, so Florian Fischer. „Studien zeigen, dass jeder Euro, der für solche Kinder investiert werde, letztlich doppelt zurückkommt.“ Dennoch müssten erst einmal weitere Geldgeber gefunden werden, die das auch im konkreten Fall so sehen und ihren Beitrag leisten. Wenn die Finanzierung steht, könnte 2023 mit dem Bau begonnen werden, und bis 2030 könnte es dann schon fertig sein: das schöne, neue Kinderdorf.

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