Die Axt dringt schon beim ersten Schlag tief ins Holz, beim zweiten splittert ein Teil des Baumstamms ab, den Peter Würzburger beim „Standing Block Chop“ gerade bearbeitet. Nicht einmal 40 Sekunden nach dem Startsignal ist der dicke Baumstamm durch. Peter Würzburger ist in seinem neuen Element: Timbersport. Die Sportart stammt aus Holzfällernationen wie Australien, Neuseeland oder Kanada und erfreut sich dort großer Beliebtheit, während sie in Deutschland noch weitgehend unbekannt ist. Aber Peter Würzburger hat sie inzwischen für sich entdeckt und nun seinen ersten Wettkampf absolviert.
Wen man von jemandem sagt, er habe sein Hobby zum Beruf macht, dann, weil er mit viel Leidenschaft dabei ist. Bei Peter Würzburger ist das so – aber es ist quasi umgekehrt. Eigentlich betreibt er das Sägewerk in der Bubenrother Mühle bei Dollnstein und hat dort tagtäglich mit Holz zu tun. Aber das war ihm offenbar nicht genug. Inzwischen trainiert er in seiner Freizeit regelmäßig für seinen neuen Sport, in dem es eben auch darum geht: viel Gefühl fürs Holz.
Denn auch darum geht es beim Timbersport: „Es ist nicht so, dass da irgendwelche starken Männer auf Holz einprügeln. Da ist jeder Schlag überdacht und sitzt“, erklärt der Dollnsteiner. „Ich habe vorher nicht gewusst, dass das so technisch ist. Das merkt man erst, wenn man selbst einsteigt“ – so wie er es inzwischen getan hat. Seit einigen Monaten trainiert er nun mehr oder weniger regelmäßig und hatte nun am Sonntag selbst seine Wettkampfpremiere.
In Mellrichstadt in der Rhön trat er beim „Stihl Timbersports Ford Transit Cup“ erstmals gegen andere „Holzsportler“ an. Nicht alles habe so geklappt, wie erträumt. Dennoch ist er mit seinem Wettkampfdebüt zufrieden. „Es waren zwar noch keine Zuschauer zugelassen, aber es war einfach ein tolles Erlebnis. Meine Leistungen waren für meinen aktuellen Trainingsstand sehr gut. Die Anspannung vor dem ersten Wettkampf war allerdings der Wahnsinn“, sagt der Dollnsteiner Holzsportler, der am Ende Fünfter wurde. Rund ein Dutzend Intermediate-Sportler gebe es in Deutschland, sagt Würzburger. Er hofft, dass es bald mehr wird und die „faszinierende Sportart bekannter wird. Ich denke, beim nächsten Mal wird aber auch das lockerer. Hoffentlich mische ich dann etwas mehr mit.“
Kanadier Ben Cumberland als Vorbild
Wie man mit Axt und Säge umgeht, hatten am Samstag zunächst die Profis der Sportholzfäller gezeigt – allen voran Danny Martin. Der amtierende Deutsche Meister zeigte auch diesmal nicht nur Kraft und technische Fähigkeiten, sondern auch Nervenstärke. Denn alle drei sind beim Sportholzfällen gefragt. „Das ist schon beeindruckend, wenn man sieht, wie leicht das aussieht“, sagt Peter Würzburger, der beim Livestream genau verfolgt hat, wie Martin sich auch diesmal den Sieg bei dem Wettkampf in der Rhön holte. Würzburger selbst tritt aktuell im „Intermediate“-Bereich an – so heißt die Klasse der Neulinge über 25 Jahre; „Rookies“ heißen die unter 25. Aber irgendwann will er Würzburger zu den „Pros“ schaffen. „Die heißen zwar Profis, sind es in Deutschland aber nicht“, erzählt er – im Gegensatz zu anderen Ländern wie Australien, wo der Sport wesentlich bekannter sei als in Deutschland. Sein Vorbild ist der 27-jährige Kanadier Ben Cumberland, der 2019 Vierter bei der WM war – einer der weltbesten Timbersportler also, die dann auch von ihrem Sport leben können.
Doch auch bei den „Intermediates“ wird ambitionierter Sport betrieben, bei dem es in fünf – bei den Profis kommen beim „Hot Saw“ getunte Hochleistungssägen als sechste Disziplin hinzu (siehe Kasten) – Disziplinen auf eine ganze Reihe von unterschiedlichen Fähigkeiten ankommt. Beim Springboard etwa muss der Athlet nicht nur mit der Axt einen mehrere Meter hohen Baumstamm durchtrennen, sondern steht dabei auch noch auf einer schmalen Planke, die in eine selbst in den Baumstamm geschlagene, schmale Kerbe eingekeilt wird. „Den Profis reichen vier Schläge, dann sitzt das Brett in Sekunden“, sagt Würzburger. „Da ist auch viel Beinarbeit und vor allem Balancegefühl gefragt“, erläutert er. Auch dafür hat er schon fleißig trainiert, durfte in dieser Disziplin aber bei der Wettkampfpremiere in Mellrichstadt noch nicht teilnehmen. „Da fehlt mir noch die Freigabe“, erklärt er. Jeder Sportler muss vor der Teilnahme an Wettkämpfen erst einmal am Stützpunkt unter den Augen von zwei Trainern zeigen, dass er sicher im Umgang mit Axt und Säge ist und die Disziplinen beherrscht.
Die Freigabe für die Disziplin „Stock Saw“, bei der man mit einer handelsüblichen Motorsäge Scheiben von einem Stamm schneiden muss, hat er schon, und eigentlich ist es aufgrund seiner beruflichen Erfahrung wohl auch seine Paradedisziplin. Aber bei seinem allerersten Wettkampf war natürlich allerhand Nervosität dabei. Und so kam er beim schnellen Griff zur bereits laufenden Säge mit dem Finger versehentlich auf den Ausschaltknopf. „Das ist mir in meinem ganzen Berufsleben noch nicht passiert“, erzählt er schmunzelnd. Die Säge ging aus, Würzburger schaltete sie zwar geistesgegenwärtig sofort wieder ein und holte seinen Kontrahenten sogar fast noch ein, wurde aber disqualifiziert. Denn für das Anlassen der Säge gelten exakte Vorschriften.
Umgang mit der Motorsäge gehört zum Alltag
An Erfahrung im Umgang mit dem Werkzeug mangelt es dem 40-Jährigen nicht. „Schließlich habe ich im Sägewerk tagtäglich mit der Motorsäge und natürlich dem Naturprodukt Holz zu tun“, wie er sagt. Sonst hätte er wohl so schnell auch nicht an einem echten Wettkampf teilnehmen können. „Denn da braucht man einfach viel Gefühl fürs Holz. Jeder Block ist anders.“ Gutes Material sei wichtig, erzählt er. So eine Wettkampfaxt koste 600 bis 700 Euro, und jeder Sportler habe mehrere davon, die je nach Konsistenz des Pappelholzes, das bei den Axtdisziplinen zum Einsatz kommt, eingesetzt werden.
Weil ihm die Arbeit mit Holz nicht nur im Blut liegt, sondern auch Spaß mache, hat er sich nun, mit 40, dazu entschieden, seinen Beruf zum Hobby zu machen und hat im Herbst und Winter regelmäßig zu trainieren angefangen – manchmal auch mit seinem Freund Andreas Auernhammer aus Dettenheim bei Weißenburg, der nach seiner Fußballerkarriere auch zum Timbersport gekommen ist und inzwischen auch bei den „Pros“ dabei ist.
Überraschend gut lief es für Würzburger mit 39,37 Sekunden dann eben beim „Standing Block Chop“, wo er „überrascht war, wie schnell ich war“. Und auch die beiden Kommentatoren im Livestream bescheinigten ihm „schon eine sehr gute Technik“ (siehe Video unten). Weniger gut war dagegen der Start bei seiner Lieblingsdisziplin: Beim „Single Buck“ stockte die Zugsäge erst ein wenig, ehe der Dollnsteiner Holzsportler den Rhythmus fand und die Säge dann rasant durch das Holz der Weymouthskiefer oder Strobe, wie sie in Deutschland heißt, glitt. „Ich hatte eine etwa zu aggressive Säge gewählt“, erklärt er. „Da spürt man sofort, wie die Säge läuft, ob man mehr Ziehen oder Drücken muss“, sagt er. „Bei dieser Disziplin braucht man das größte Feingefühl. Da kriegt man am meisten Feedback vom Holz.“
Beim „Underhand Chop“ schließlich konnte er zwar nicht ganz mit Marcel Steinkämper (21,29 s) mithalten, der auch Gesamtsieger bei den Intermediates wurde. Dennoch war Würzburger mit den 45,49 Sekunden und dem insgesamt fünften Platz unter den sechs Teilnehmern zufrieden – zumal er ja in zwei Disziplinen ja gar nicht erst punkten konnte. Wenn er beim nächsten Wettkampf am 17./18. Juli erneut antritt, will er in allen Disziplinen punkten und sein Gefühl fürs Holz auch im Wettkampf noch besser zur Geltung bringen.